Heike Zumbruch über „Zwischen zwei Sternen“

Heike Zumbruch über „Zwischen zwei Sternen“

Becky Chambers:

Zwischen zwei Sternen

Cover: Zwischen zwei Sternen

Auch der zweite Band der Wayfarerreihe hat mich wirklich begeistert. Ganz besonders deshalb, weil Becky Chambers nicht einfach noch ein Raumschiffabenteuer geschrieben hat. Dieser Versuchung hat sie zum Glück widerstanden – obwohl es doch beim ersten Mal so erfolgreich war…

In „Zwischen zwei Sternen“ begegnen wir zwei Figuren, die uns aus dem ersten Band schon bekannt sind. Ihre Lebensgeschichten werden in zwei Handlungssträngen abwechselnd erzählt. Da ist zunächst die Modderin Pepper, die auf der Wayfarer Lovelace begegnet, der empfindungsfähigen KI des Raumschiffs. Peppers Geschichte beginnt, als sie 10 Jahre alt ist und Jane 23 heißt. Sie lebt und arbeitet mit vielen anderen Kindern zusammen in einer Fabrik und sortiert, säubert und repariert Schrott jeder Art, sofern das noch möglich ist. Betreut werden die Kinder von „Müttern“, die sie bestrafen, wenn sie schlechtes Benehmen „machen“.

Als sich eines Tages die Möglichkeit zur Flucht bietet, nutzt Pepper/Jane 23 diese Chance, findet sich zwischen Schutthalden wieder, rennt um ihre Freiheit und findet Hilfe aus einer ganz unerwarteten Richtung… Ein Leben in Freiheit, aber auch voll Dreck, Verzweiflung, Hunger und Angst beginnt und dauert viele Jahre!

Lovelace‘ Geschichte beginnt, als sie die Wayfarer mit Peppers Hilfe verlässt und in einen Bodykit „einzieht“ – sie gibt sich selbst den Namen Sidra. Bodykits für KI sind in der Galaktischen Union (GU) streng verboten und es drohen harte Strafen. Das bringt einige Problem mit sich, zumal in Sidra ein Wahrhaftigkeitsprotokoll programmiert ist – Sidra kann nicht lügen.

Außerdem erfahren wir von ihren Problemen mit den eingeschränkten Möglichkeiten eines „Körpers“, der ihre Systeme vor große Probleme stellt und als sie sich tätowieren lässt, kommt es beinahe zum Systemabsturz. Zusammen mit Pepper und deren Freund Blue lebt sie auf der dunklen Seite eines Mondes, auf Port Coriol in einer multispeziären Gesellschaft und gemeinsam finden sie zu einer Lösung ihrer vielfältigen Probleme. Aber: Warum hat jede Spezies einen eigenen Waggon in der Unterwasserbahn?

Wieder erfahren wir viel mehr als nur diese beiden Geschichten. Becky Chambers erweitert unser Wissen um die Gesellschaften in der GU, ihre Entstehung, ihre dunklen Seiten, die Fehler in der Vergangenheit und ihre optimistischen Zukunftsaussichten. Es gibt z. B. ein „Lassen-wir-Planeten-mit-Leben-in-Ruhe-Gesetz“! Genau dafür verehre ich Becky Chambers, sie verliert sich nicht in Schlachtengetümmel, sondern zeichnet eine positive Zukunft, in der der Mensch nicht mehr die dominante Rolle spielt – ein ziemlich beruhigender Ansatz.

Nun brauche ich erst einmal Urlaub vom Weltraum – im nächsten Beitrag möchte ich Ihnen ein Buch über ein anderes meiner Hobbys vorstellen.

Becky Chambers: „Zwischen zwei Sternen“, Fischer Tor, 460 Seiten, ISBN 9783596035694, Preis: 13,00 Euro.


Petra Nietsch über „Der Sommer zu Hause“

Petra Nietsch über „Der Sommer zu Hause“

Ann Patchett:

Der Sommer zu Hause

Tom Lake

Der Sommer zu Hause

Ann Patchett ist eine in Nordamerika sehr beliebte Autorin, deren Hörbücher u.a. von Meryl Streep und Tom Hanks gesprochen werden. Obwohl viele ihrer Bücher ins Deutsche übersetzt sind, ist sie bei uns kaum bekannt.

„Der Sommer zu Hause“ ist ihr jüngster Roman und spielt auf einer Obstplantage in Michigan während der Pandemie.

Die Kirschen sind reif, aber die Saisonarbeiter und ihre Familien, die seit Jahren bei der Ernte helfen, dürfen nicht kommen, stattdessen sind die drei Töchter Emily, Maisie und Nell, alle in den Zwanzigern, zu Hause und helfen ihren Eltern beim Pflücken der Früchte. Somit bietet sich endlich die Gelegenheit, ihre Mutter Lara zu der Episode in ihrem Leben auszufragen, von der sie bislang nur wenig wissen.

Als diese so alt war wie die jungen Frauen jetzt, verdiente sie sich ihr Geld als Theater- und Filmschauspielerin und hatte eine Liebesbeziehung mit Duke, der später Hollywood eroberte und sogar einen Oscar gewann. Es ist ihnen unverständlich, wie Lara eine möglicherweise erfolgreiche Schauspielkarriere aufgeben konnte, um einen Farmer zu heiraten.

Die Handlung spielt auf zwei sich abwechselnden Zeitebenen, was ein geschickter schriftstellerischer Schachzug ist, denn beim Leser baut sich regelmäßig Spannung auf, wie es wohl in dem jeweils anderen Erzählstrang weitergeht.

Laras Töchter glauben, sie hätten das Recht, alles über die Jugend der Mutter zu erfahren. Aber haben Kinder das wirklich?

Lara hatte den Mut, ihr Leben zu verändern, als sie in einer Sackgasse angekommen war. Diese Entscheidung hat ihr seitdem ein glückliches Leben beschert. Sie ist zufrieden, liebt ihren Mann, ihre Kinder und die Natur.

Ann Patchetts Art zu schreiben kommt ohne große sprachliche oder formale Schnörkeleien aus und ist dadurch sehr angenehm zu lesen. Unterschwellig spricht sie viele Themen an, überlässt es aber dem Leser, diese für sich zu entdecken.

In meinem Buchclub waren wir einhellig der Meinung, dass es ein wundervoller lesenswerter Roman ist. Lediglich über sein Ende gab es unterschiedliche Auffassungen.

Ann Patchett: „Der Sommer zu Hause“, Berlin Verlag, 398 Seiten, ISBN 9783827015037, Preis: 26,00 Euro.


Lena Scholz über „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“

Lena Scholz über „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“

Annett Gröschner, Peggy Mädler, Wenke Seemann:

„Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“

Schon der Titel ist mir sofort ins Auge gesprungen, doch der Inhalt hat meine Erwartungen noch übertroffen.

Mit Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann begeben wir uns auf eine leicht beschwipste, aber faktisch einwandfreie Reise in die Vergangenheit als Deutschland geteilt war. Dabei geht es um das Klischee der Ostfrau, die Enteignung, Frauenbewegungen in DDR und BRD, Nationalsozialismus und Kommunismus und vieles mehr!

Einiges davon hatte ich bereits in der Schulzeit, doch abseits des Frontalunterrichts gibt es noch so viel mehr, was ich nicht wusste und was kaum thematisiert wird oder was man erst jetzt versteht.

Wussten Sie, dass zum Beispiel 80 Prozent der durch die Treuhand privatisierten, ehemals volkseigenen Betriebe an Westdeutsche gingen. 15 Prozent an internationale Käufer und nur fünf Prozent an Ostdeutsche. Wobei den Ostdeutschen, die Altschulden nicht erlassen wurden.

Wenn westdeutsche solvente Investoren Betriebe von der Treuhand kauften, meist für die symbolische 1 D-Mark, dann wurden ihnen die Altschulden der Betriebe häufig erlassen, insgesamt 120 Milliarden DM. Wenn Ostdeutsche den Betrieb kauften, hatten sie in der Regel kein oder wenig Kapital, bekamen keine Kredite und mussten laut dem Buch die Altschulden übernehmen und abbezahlen.

Viele Fakten waren mir nicht bewusst, haben aber mein Verständnis wachsen lassen für die Unterschiede zwischen West und Ost, die bis heute anhalten.

Gerade dieses Buch hat mir wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen und sich zu informieren.

 Annett Gröschner, Peggy Mädler, Wenke Seemann: „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“, Carl Hanser Verlag, 320 Seiten, ISBN 9783446279841, Preis: 22,00 Euro.


Bettina Luis über „Beklaute Frauen“

Bettina Luis über „Beklaute Frauen“

Leonie Schüller:

Beklaute Frauen

Vorab gesagt, ich lese auch sehr gerne Bücher männlicher Autoren! Mir war aber v o r der Lektüre BEKLAUTE FRAUEN von LEONIE SCHÖLLER (Jg 93) nicht so wirklich bewusst, wie viele Schriftstellerinnen tatsächlich ihre Werke größtenteils oder ausschließlich unter männlichem Pseudonym oder anonym erschienen ließen (oder noch lassen?)!

So steckt bekanntermaßen hinter dem Pseudonym George Eliot (Middlemarch 1874) die Schriftstellerin Mary Anne Evans und hinter Henri Lou (Im Kampf um Gott 1885) verbarg sich Lou Andreas-Salomé. Gründe hierfür „sind und waren schon immer individuell und vielseitig, haben aber auch einen historischen Hintergrund.“, sagt Schöller.

Zensur und gesellschaftliche Vorstellungen von Frauen als kreative Denkerinnen taten und tun bis heute ihr Übriges. Übrigens bedien(t)en sich auch Männer dieser Kreativität, sofern die in den Romanen behandelten Themen ihnen zu brisant, zu lasziv oder peinlich selbst entlarvend waren oder sind. Ich wusste nicht, dass einer Studie von 2018 zufolge, „…Bücher von Männern doppelt so häufig und ausführlicher rezensiert werden als die von Frauen. Literaturkritikerinnen besprechen zu 52% die Werke von männlichen Autoren, Literaturkritiker zu 75%.“ (Schöller)

Überhaupt belegt eine Studie aus 2018, dass zwei Drittel aller Literaturkritiker männlich sind. Schöller legt auch offen, dass sich dieses Missverhältnis bis in die Zeitungsredaktionen und Verlage/Lektorate fortsetzt. „GOETHE, LESSING, BRECHT und Co: BILDUNG IST WEISS UND MÄNNLICH“ , so Schöller. Auch hier ein Teufelskreis…

In Niedersachsen zur Schule gegangen, erinnert sie „…den Themenschwerpunkt Frauenbilder von Effi Briest bis Else. Die vorgeschlagenen Autoren? …“ Fontane, Schnitzler, Roth, Heinrich Mann und doch immerhin eine Frau: Irmgard Keun! Überwiegend also Frauenthemen aus Männersicht in Männerhand…

Leonie Schöller ist Journalistin, aber eben auch eine professionelle Historikerin, die ihr wissenschaftliches Handwerk versteht: 30 Seiten Literatur- und Quellenangaben, ein ausführliches Personenregister, Bildnachweise und Literaturempfehlungen überzeugen: Hier weiß eine Frau, wovon sie spricht, scheut keinen Faktencheck und bleibt nie oberflächlich.

Erstaunlich, wie viele Themen sie in gut gegliederten überschaubaren Kapiteln stilistisch wunderbar leicht und durch autobiografische Details anregend beleuchtet: (K)EINE BÜRGERIN, ENDSTATION: EHE; KÜNSTLER WIRD MIT ER GESCHRIEBEN, OHNE AUSZEICHNUNG, WIDERSTAND, VERGESSEN UND AUSGELÖSCHT. So viele Biographien von DENKERINNEN, FORSCHERINNEN, PIONIERINNEN: DIE UNSICHTBAREN HELDINNEN DER GESCHICHTE.

Es gibt sicher schon einige entsprechend wertschätzende Literatur zu diesem wichtigen Thema, aber dieses Buch ist glaubhaft belegt, aktuell – und bunt erfrischend anders!

Leonie Schüller: Beklaute Frauen, Verlag PENGUIN, 2024, 416 Seiten, ISBN 9783328603238, Preis: 22,00 Euro.


Heike Zumbruch über „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“

Heike Zumbruch über „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“

Becky Chambers:

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten

Als begeisterter Leser von intelligenter Science-Fiction-Literatur war ich sofort angetan, als Sonja Weber dieses Buch bei einer Veranstaltung in der Bücher-Heimat (als letztes) vorstellte.

Becky Chambers hat mit einer unglaublichen Fantasie ein Universum erschaffen, in dem es vor intelligenten Spezies nur so wimmelt. Jede von einem anderen Himmelkörper, jede mit einer eigenen Physis, einer eigenen Gesellschaftsstruktur, einer eigenen Sprache – die mal tonlos mit Hautverfärbungen funktioniert, mal mit gurrenden, glucksenden Lauten, mal unterstützt durch Gesten – und einem eigenen Namen: Marsianer, Solaner, Exodaner, Harmagianer, Äluoner, Aandrisks, Sianat, und viele mehr.

Die Handlung ist angesiedelt in einer Zeit, die weit in der Zukunft liegt; 200 Jahre zuvor hatten die letzten Menschen die sterbende Erde Richtung Mars verlassen.

Ort der Handlung ist ein Raumschiff, das durchs All fliegt, um Tunnel zu bohren. Tunnel? Ja, lassen Sie sich überraschen. Die Crew ist bunt zusammengewürfelt und natürlich kommt es zu Reibereien, doch wenn es drauf ankommt, stehen alle zusammen. Aber: Warum liegen Teppiche auf den Treppenstufen in einem Raumschiff?

Natürlich ist auch die Technik weit fortgeschritten, von Imunobots bis zu einer empfindungsfähigen KI, speziellem Treibstoff und Bodykits, implantierten Ausweischips, künstlicher Gravitation, keimtötenden Blitzen …

Aber dabei belässt es Becky Chambers nicht, sie entwirft auch eine interstellare Gesellschaft, die eine gemeinsame Regierung für alle friedlichen Spezies gebildet hat – die Galaktische Union, die GU, die allen Mitgliedern Sicherheit und Schutz garantiert, aber auch strenge Gesetze und Regeln erlassen hat, mit teils drastischen Strafen bei Verstößen.

Zudem entwickelt die Autorin eine Theorie über die evolutionären Gesetze, die zur Entwicklung intelligenten Lebens auf einem Planeten oder Mond führen. Ähnlich wie physikalische Gesetze, die auch überall im Universum gelten.

Die wissenswerten Details über Geschichte, Gesellschaften, Wissenschaft und Technik werden wie nebenbei in Gesprächen der handelnden Personen wiedergegeben. Ebenso gesellschaftliche Ethik und Tabus. Durchaus auch kontrovers und nicht unkritisch der Entwicklung gegenüber.

Das Buch liest sich leicht und flüssig, mit vielen spannenden Sequenzen, die mir teils die Nachtruhe geraubt haben, denn wer kann ein Buch schon weglegen, wenn Weltraumpiraten am Werk sind? Zum Glück habe ich mir auch gleich Teil 2 und 3 (von 4) gekauft, so dass ich sofort weiterlesen konnte, nachdem ich die letzte der gut 500 Seiten verschlungen habe.

Nicht zuletzt wegen des optimistischen Ansatzes: Absolut empfehlenswert!

Becky Chambers: „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“, Fischer Tor, 544 Seiten, ISBN 9783596035687, Preis: 14,00 Euro.


Lena Scholz über „Windstärke 17“

Lena Scholz über „Windstärke 17“

Caroline Wahl:

Windstärke 17 

Bereits 22 Bahnen hat mich nachhaltig beeindruckt und der zweite Band hat für mich diese Reihe abgerundet. 

Nun geht es um Ida, die statt zur Beerdigung ihrer Mutter nach Rügen fährt. Doch mit diesem Klumpen undefinierbarer Gefühle aus Wut, Trauer, Angst und kein Plan, wie es weitergehen soll, verspürt sie den Drang nach Ostsee. Als sie dort auf den alten Seebären Knut trifft und seine Frau Marianne, verspürt sie das erste Mal in ihrem Leben das Gefühl angekommen zu sein. 

Doch kann Ida ihre Vergangenheit so schnell hinter sich lassen? 

Mit überraschenden Wendungen macht es Caroline Wahl bis zum Ende spannend. 

Aufwühlend, intensiv und fesselnd!  

Für mich eine perfekte Sommerlektüre. 

Caroline Wahl: “Windstärke 17”, DuMont Buchverlag, 253 Seiten, ISBN 9783832168414, Preis: 24,00 Euro. 


Ehrenamtspreis und fröhliche Floßfahrt 

Ehrenamtspreis und fröhliche Floßfahrt 
Eine Floßfahrt, die ist lustig…

Teambildung mit magischen Momenten

„Wenn Engel reisen, dann lacht der Himmel“, weiß eine alte Redensart. Demnach hat die BÜCHER-HEIMAT offenkundig himmlische Heerscharen nach Braunschweig entsandt, denn die Sonne strahlte zu dem Spaß auf dem Floß, der den Harz mit der Löwenstadt verbindet, aus allen Knopflöchern. Wobei im Team schnell das Gerücht die Runde machte, das Reise-Organisatorin Monika Runge das Wetter gleich mit geplant hat. 

Ein Mentalist verzaubert.

Zur guten Stimmung unterwegs trug aber auch eine gute Crew auf dem Floß bei. Der „Kapitän“ übernahm dabei die Rolle der sprechenden Getränkekarte. Wie aus der Maschinenpistole ratterte er die Liste der Getränke herunter, da mussten Meldungen zum Wunschgetränk flink und punktgenau angebracht werden.  Eine Herausforderung, die das Team natürlich meisterte. Womit nach dem Ablegen und der Begrüßung durch BÜCHER-HEIMAT-Chefin Sonja Weber bereits auf einen ersten Stimmungshöhepunkt zugesteuert wurde. 

Dass das Stimmungslevel durchweg gehalten wurde, dazu trug auch Mentalist Adam Weiss bei. Eine sechsstellige Zahl, die sich Manuela aus dem Team ausgedacht hatte, wurde blitzschnell entlarvt. Und selbst dick zugeklebte Augen konnten den Mentalisten nicht bremsen, er erriet auf Anhieb die Motive kleiner Zeichnungen, die in der Reisegesellschaft gemalt worden waren. 

Reiseleiterin Monika Runge.

Trotz des magischen Programmes blieb Zeit und Raum für munteren Austausch, der das Ehrenamtlichen-Team weiter zusammenschweißte. Ganz schnell mittendrin war so auch Thomas Burchardt, neu in Bad Harzburg und neu im BÜCHER-HEIMAT-Team, in dem er sich vorrangig um den Internet-Auftritt kümmert. Fast schon nebenbei konnten derweil die ebenso interessanten wie schönen Ausblicke auf das vorübergleitende grüne Ufer der Oker im Herzen von Braunschweig genossen werden. 

In bester Stimmung ging die muntere Floßfahrt natürlich viel zu schnell vorüber – was das BÜCHER-HEIMAT-Team aber selbstverständlich nicht ausbremsen konnte. Im Magniviertel, einer der fünf „Traditionsinseln“ der Löwenstadt, ließ die Bad Harzburger Reisegesellschaft die Tour bei Aperol Spritz, Kaffee und Bier ausklingen – um sich nach dem Wochenende mit frischer Energie wieder gemeinsam in der Mitmach-Buchhandlung einzubringen… 

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Hans Georg Ruhe über „Sakari lernt, durch Wände zu gehen“

Hans Georg Ruhe über „Sakari lernt, durch Wände zu gehen“

Jan Costin Wagner:

Sakari lernt, durch Wände zu gehen

Immer weniger als Kriminalroman erkennbar, doch permanent spannender werdend bis zum Schluss:

Der sechste Roman um den finnischen Kommissar Joentaa ist große Kunst, ist gekonnte Literatur. Wagner verwebt Zeit- und Erfahrungsebenen zunächst verwirrend, dann aufregend und endlich fast entspannend. Sein Stil ist dicht: kein Wort zufiel, knappe Sätze voller Andeutungen, einfache Sprache, prägnant.

Der offenbar verwirrte Sakari wird von einem Polizistenkollegen erschossen. Die Recherchen des Kommissars stoßen auf verletzte Familien, auf stumme Verzweiflung und einen Motorradunfall, der schon Jahre zurückliegt und alles verändert hat – am Ende auch Handlung und Wahrnehmung des Polizisten, der selbst unter einem Verlust leidet.

Das Buch bleibt lange im Kopf, im Herz, in den Kleidern hängen.

Jan Costin Wagner: „Sakari lernt, durch Wände zu gehen“ – ein Kimmo-Joentaa-Roman, Verlag Galiani Berlin, 240 Seiten, ISBN: 978-3-86971-018-1, Preis: 10,00 Euro.


Lena Scholz über „Dark Ivy – Halt mich fest“

Lena Scholz über „Dark Ivy – Halt mich fest“

Nikola Hotel:

Dark Ivy – Halt mich fest

So lang haben wir auf Teil zwei von Nicola Hotel’s „Dark Ivy“ gewartet und nun geht die Geschichte von Eden und William weiter.

Nach dem tragischen Unfall an der Woodford Academy, durch den Freundschaften auf die Probe gestellt wurden, beginnt nun ein neues Semester. Doch Edens Angst, dass sich das Schicksal wiederholt, bleibt bestehen, als sie bemerkt, dass William kaum wiederzuerkennen ist. Alkohol, Tabletten und Abhängigkeit betäuben den Schmerz und die Lücke, die der Unfall hinterlassen hat.

Wird die Liebe zwischen Eden und William stark genug sein, diese Zeit zu überstehen und zusammen die Zukunft zu bestreiten oder wird der Verlust sie für immer trennen?

Noch schöner und tiefgründiger geschrieben als der erste Teil, beweist Frau Hotel, das sich das Warten definitiv gelohnt hat!

Nikola Hotel: „Dark Ivy – Halt mich fest“, Rowohlt Taschenbuch, 415 Seiten, ISBN 9783499008771, Preis: 15,00 Euro.


Markus Weber über Rita Süßmuth: „Über Mut“

Markus Weber über Rita Süßmuth: „Über Mut“

Rita Süßmuth:

Über Mut

Um es gleich vorweg zu sagen: Nicht allen Aussagen von Rita Süßmuth stimme ich zu; und trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – habe ich das Buch mit Gewinn gelesen. Denn zur lebendigen Demokratie gehört die Debatte mit Argumenten. Und der Autorin geht es vor allem um Grundhaltungen im eigenen Leben und in der Politik. Und die wichtigste Haltung ist für sie der Mut, zu eigenen Überzeugungen zu stehen, auch wenn das nicht immer auf Beifall stößt.

Für diesen Mut steht Rita Süßmuth mit ihrem Lebenswerk und so ist das kleine Buch eine Art Lebensbilanz. Als Ministerin und Bundestagspräsidentin hat sie glaubwürdig gezeigt, wie man mutig für das eintritt, was einem wichtig ist. Sie hat sich weder von Niederlagen noch von Bösartigkeiten mächtiger Männer entmutigen lassen, sondern ist ihren Weg gegangen, etwa für eine Stärkung der Rolle der Frauen in der Politik, in ihrem Einsatz für eine liberalere Abtreibungspolitik, in ihrem Aufklärungskurs in der Anti-Aids-Kampagne oder für eine liberale Einwanderungspolitik.

Süßmuth erzählt in ihrem Buch Geschichten über solche Erfolge und über schwierige Zeiten. Und für sie ist klar, dass es sich immer wieder lohnt, das anzupacken, was an Herausforderungen vor einem liegt. Sie zeigt großes Vertrauen in das, was Menschen schaffen können: Nach dem Scheitern kommt der Neubeginn.

Und die Autorin möchte uns heute ermutigen, das anzugehen, was nötig ist. Dabei wird sie konkret, kritisiert die derzeitige Regierungspolitik, die die großen Herausforderungen unserer Zeit – Klimawandel und Energiepolitik, Bedrohung der Demokratie im Inneren und von außen, Bildungspolitik, Fremdenhass – oft nur halbherzig angeht. Sie spart aber bei ihrer Kritik die Opposition nicht aus, die oft nur auf Wahlerfolge schielt, statt das inhaltlich Richtige zu tun.

Das Zupacken ist aber nur eine Seite des Handelns. Genauso viel Mut gehört zum Loslassen. Am Ende weiß Rita Süßmuth, dass sie mit ihren 87 Jahren nicht mehr die Politik der Zukunft bestimmen wird, sondern diese vertrauensvoll Jüngeren überlassen muss und kann. So wird das Buch im Epilog auch sehr persönlich, wenn sie über ihr eigenes Lebensende und ihre Endlichkeit nachdenkt. Ihr Glaube lässt sie getrost auf das zugehen, was mit dem Tod kommt – und vielleicht auch danach.

Rita Süßmuth: „Über Mut. Vom Zupacken, Durchhalten und Loslassen“, Bonifatius Verlag 2024, 160 Seiten, ISBN 978-3987900525, Preis: 18,00 Euro.