Rituale, Traditionen und das Wissen darum, was man darf und was nicht (warum auch immer), geben Sicherheit und zeigen, wo man steht. So ist das auch im schleswig-holsteinischen Fehrdorf und den Menschen dort. Natürlich hat Autorin Martina Behm den Ort ihres Buches „Hier draußen“ erfunden, aber es könnte ihn genauso geben.
Ein Örtchen ohne Supermarkt oder eine Kirche, nur ein Dörpshus. Ich hab es vor mir gesehen, bin beim Lesen selbst Teil der Gemeinschaft gewesen, denn auch die Protagonisten sind wie aus dem Leben gegriffen. Es gibt glückliche und weniger glückliche Bauerslüt, es gibt die Alten in den Altenteilen und ein paar Zugezogene aus der Stadt in einem Resthof.
Es gibt die Vorzeigelandfrau, die sich irgendwie auch noch selbst verwirklicht und es gibt die Bauerstochter, die ihre Aussteuer in Form von Tischwäsche bekam, während der Bruder Haus und Hof erbte. Es gibt ein paar Althippies und den ewigen Junggesellen.
Natürlich gibt es irgendwie eine „Hackordnung“ an die man sich zu halten hat, Stühle, auf die sich nur bestimmte Leute setzen sozusagen und dazu ein bisschen Aberglaube, der das Dorfgefüge zusammenhält. Alles ist gut, bis Ingo ein weißes Stück Rehwild überfährt.
Unglück hängt nun in der Luft, nur noch ein Jahr zu leben hätte er, sagt man in Fehrdorf. Diese Aussicht verändert auf einmal alles, nicht nur bei Ingo, der sich fragt, ob sein Leben wirklich nur aus Arbeit bestehen soll, sondern auch bei Tove, die sich eingestehen muss, dass sie schon lange unglücklich ist. Plötzlich scheinen alle die Plätze zu tauschen und neue Sichtweisen ergeben sich.
Ein dichter atmosphärischer Dorfroman mit Realidylle.
Martina Behm: „Hier draußen“, dtv Verlag, 496 Seiten, ISBN 978-3-423-28478-3, Preis: 24,00 Euro.