Sonja Weber über „Hier draußen“

Sonja Weber über „Hier draußen“

Martina Behm: Hier draußen

Rituale, Traditionen und das Wissen darum, was man darf und was nicht (warum auch immer), geben Sicherheit und zeigen, wo man steht. So ist das auch im schleswig-holsteinischen Fehrdorf und den Menschen dort. Natürlich hat Autorin Martina Behm den Ort ihres Buches „Hier draußen“ erfunden, aber es könnte ihn genauso geben.

Ein Örtchen ohne Supermarkt oder eine Kirche, nur ein Dörpshus. Ich hab es vor mir gesehen, bin beim Lesen selbst Teil der Gemeinschaft gewesen, denn auch die Protagonisten sind wie aus dem Leben gegriffen. Es gibt glückliche und weniger glückliche Bauerslüt, es gibt die Alten in den Altenteilen und ein paar Zugezogene aus der Stadt in einem Resthof.

Es gibt die Vorzeigelandfrau, die sich irgendwie auch noch selbst verwirklicht und es gibt die Bauerstochter, die ihre Aussteuer in Form von Tischwäsche bekam, während der Bruder Haus und Hof erbte. Es gibt ein paar Althippies und den ewigen Junggesellen.

Natürlich gibt es irgendwie eine „Hackordnung“ an die man sich zu halten hat, Stühle, auf die sich nur bestimmte Leute setzen sozusagen und dazu ein bisschen Aberglaube, der das Dorfgefüge zusammenhält. Alles ist gut, bis Ingo ein weißes Stück Rehwild überfährt.

Unglück hängt nun in der Luft, nur noch ein Jahr zu leben hätte er, sagt man in Fehrdorf. Diese Aussicht verändert auf einmal alles, nicht nur bei Ingo, der sich fragt, ob sein Leben wirklich nur aus Arbeit bestehen soll, sondern auch bei Tove, die sich eingestehen muss, dass sie schon lange unglücklich ist. Plötzlich scheinen alle die Plätze zu tauschen und neue Sichtweisen ergeben sich.

Ein dichter atmosphärischer Dorfroman mit Realidylle.

Martina Behm: „Hier draußen“, dtv Verlag, 496 Seiten, ISBN 978-3-423-28478-3, Preis: 24,00 Euro.


Markus Weber über „Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“

Markus Weber über „Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“

Sarah Lorenz: Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken

Das Buch bekam ich geschenkt, weil ich ein bekennender Fan der Gedichte von Mascha Kaléko bin – egal ob gedruckt, gelesen oder vertont und gesungen von Dota. In einem fiktiven Brief an die Dichterin schreibt Sarah Lorenz die Lebensgeschichte von Elisa in Ich-Form auf. Jedes Kapitel beginnt mit einem Gedicht von Mascha Kaléko, mit dem die Erfahrungen von Elisa verbunden werden.

Ehrlich gesagt war ich zu Beginn skeptisch, ob diese Frauengeschichte auch ein Buch für mich als Mann im fortgeschrittenen Alter sein könnte. Ich bin froh, dass ich weitergelesen habe, denn schon bald traf ich auf wunderbare und nachdenkliche Sätze, z.B.: „Trostlos ist der ultimative Superlativ von traurig“. Und Trost kann Elisa reichlich gebrauchen, die nach wenigen glücklichen Jahren von ihrer alleinerziehenden, sehr jungen und überforderten Mutter in Fürsorgeeinrichtungen abgegeben wurde.

So wird das gesamte spätere Leben von Elisa zur Suche und Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe, Sinnbild dafür ist das kleine reetgedeckte Haus ihrer Kindheit, das ihr Heimat war.

Stattdessen flieht sie aus dem kalten Erziehungsheim in eine vermeintliche Freiheit von Drogen und Punkerleben. Statt Erfüllung ihrer Sehnsucht erfährt sie schon bald sexuellen Missbrauch und immer wieder Enttäuschungen vermeintlicher Liebesbeziehungen. Als 15-Jährige bricht sie eine Schwangerschaft aus Verzweiflung, die lebenslang bleibt, ab.

Doch trotz allem und bei aller Härte, teils auch in der Sprache, ist das Buch voller Hoffnung und (letztlich auch) erfüllter Liebe. So ist das Buch auch ein poetisches. Der Lebensmut kommt aus den wenigen geglückten Beziehungen, die durch’s Leben tragen und – aus Büchern.

Am Ende schreibt Elisa einen Brief an ihr kindliches Selbst: „… ich bin’s, dein Ich von 39 Jahren. Hättest du das gedacht? So lange zu leben? Es lohnt sich, das kann ich dir sagen.“

Sarah Lorenz: Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken. Roman, Rowohlt 2025, ISBN 978-3498006990, 221 Seiten, 24,00 Euro.

Michael Bartsch referiert über den Harz in der Kunst

Harzer Bäderkurorte als künstlerisch-literarische Hotspots

Michael Bartsch. Foto: GZ/Schlegel

Was verbinden Thomas Manns Zauberberg, das Sanatorium Barner, Liedermacher Rolf Biermann,  Banker und Kunstsammler Aby Warburg, Opernsänger Francisco d`Andrade sowie die populäre Romanreihe die Familie Buchholz?

Dieser Frage wird Michael Bartsch, Gründerzeitmuseum Villa Charlotte, am Donnerstag, 20. November 2025, um 19 Uhr in der BÜCHER-HEIMAT nachgehen, indem er die Bäderkurorte – von einst bis zur Gegenwart – literarisch, musikalisch, gesellschaftlich unter die Lupe nimmt.

Spätestens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich Bäderkurorte zu gesellschaftlichen und kulturellen Hotspots, denn eine wachsende Anzahl gutsituierter Bürger suchte an der See und in den Mittelgebirgen Erholung und Abwechslung. Und so verwundert es nicht, dass Maler, Sänger, Literaten diese „Gesellschaft auf Zeit“ in ihren künstlerischen Werken einfingen.

Aus verschiedenen Gründen steht Bad Harzburg im Mittelpunkt des Vortrags, denn immer wieder kurten Literaten, Maler, Kunstmäzene in unserer Stadt, die teilweise künstlerisch festgehalten worden ist. Ein kleiner „Ausflug“ in den Oberharz in das Sanatorium Barner in Braunlage erfolgt ebenfalls.

Den Besucher erwartet eine Mischung aus Lesung, Musik aus dem Grammophon sowie Bilder rund um das Thema Bäderkurort als kultureller Hotspot.

Der Referent

Michael Bartsch wurde 1973 geboren, legte sein Abitur am NIG Bad Harzburg ab, anschließend Studium der Sozialwissenschaften, Schwerpunkt Wirtschaft- und Sozialgeschichte, Politik, VWL und Handelsrecht; Diplom-Sozialwirt. Er hat ein Begabtenstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung erhalten. Nach dem Wehrdienst ist Michael Bartsch seit 1999 im Bankensektor im Führungsbereich tätig.

Mit seinem Mann zusammen betreibt er ein Gründerzeitmuseum seit 2016 erst in Hamburg und ab 2019 die „Villa Charlotte“ in der Rudolf-Huch-Straße in Bad Harzburg (seit 2020 Aufbau verschiedener Sammlungen Porzellan und Möbel). Im Uhlenklippenspiegel und in der GZ veröffentlichte er zusammen mit seinem Mann Artikel über die Gründerzeitvillen in Bad Harzburg. 

Schauspieler und Autor Steffen Schroeder zu Gast

Der ewige Tanz und der falsche Schritt

Planerisch sind wir ins Jahr 2026 gestartet: Der Schauspieler und Autor Steffen Schroeder stellt am Donnerstag, 29. Januar 2026, in der BÜCHER-HEIMAT seinen neuen Roman „Der ewige Tanz“ über das Leben der Tänzerin Anita Berber (Wikipedia) vor.

Zum Inhalt:

Sommer 1928 – Anita Berber liegt geschwächt in einem Berliner Krankenhaus. Gerade noch war sie ein Star, verkörperte die neue Zeit, auf der Bühne, in Dutzenden Filmen, lebte und liebte exzessiv. Bis zu den Anfeindungen in Wien, in denen eine dunkle Zukunft aufschien…

Anita Berber denkt zurück an ihre geliebte Großmutter Lu, bei der sie aufwuchs. An ihren Weg zum göttlichen Tanz, an den großen Fritz Lang und die ehrgeizige Marlene Dietrich, die bald Anitas Stil kopierte. Während Freunde – wie Otto Dix, der sie malte – sie besuchen, sucht Anita Berber nach dem entscheidenden falschen Schritt auf ihrem Weg.

Sie wollte den Tanz zur Kunst, zur Feier des Lebens machen – andere sahen nur den Skandal. Um all das kreisen ihre Gedanken, auch um ihre große, verlorene Liebe. Und um Felix Berber, den berühmten Violinisten – ihren lebenslang vermissten Vater. Nach dem Ersten Weltkrieg wankt alles Feste, die Welt ist ungeahnt frei und gefährlich zugleich.

Steffen Schroeder erzählt Anita Berbers aufregendes Leben, das diese Epoche verkörpert – zwischen Selbstbestimmung, größter Freiheit und Risiko. Ein packendes Panorama mit einer glühenden Heldin.

Zum Autor:

Foto: Anne Heinlein

Steffen Schroeder, geboren 1974 in München, ist Schauspieler und Schriftsteller. Er war Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater, bevor er Claus Peymann ans Berliner Ensemble folgte. Er spielte in zahlreichen Fernsehserien und Kinofilmen, wie etwa „SOKO Leipzig“ oder „Der rote Baron“.

Schroeder engagiert sich für den Weißen Ring und gegen Rechtsextremismus, seit 2017 ist er Botschafter der Organisation Exit-Deutschland. Sein Buch „Was alles in einem Menschen sein kann. Begegnung mit einem Mörder“ (2017) löste großes Echo aus. 2020 erschien sein Debütroman „Mein Sommer mit Anja“, 2022 der Roman „Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor“. Steffen Schroeder lebt mit seiner Familie in Potsdam.

Steffen Schroeder: „Der ewige Tanz“, Rowohlt, 304 Seiten, ISBN: 978-3-7371-0204-9, Preis: 24,00 Euro.

Donnerstag, 29. Januar 2026, 19.00 Uhr, BÜCHER-HEIMAT
Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten
Anmeldung in der BÜCHER-HEIMAT,
Telefon  (05322) 9059599 | Mail: info@die-buecherheimat.de

Sonja Weber über „Harzwanderungen – Auf Heines Spuren durch den deutschen Wald“

Sonja Weber über „Harzwanderungen – Auf Heines Spuren durch den deutschen Wald“

Paul Scraton: Harzwanderungen – Auf Heines Spuren durch den deutschen Wald

Schon Goethe, Andersen, Heine und andere Dichter und Denker bewegten sich für den Schaffensprozess. Sie veränderten Standorte und damit manchmal Standpunkte, genossen Ausblicke und bekamen Einblicke. Mit seiner Wanderung auf Heinrich Heines Spuren durch den Harz hat mich der in Lancashire im Nordwesten Englands geborene und inzwischen in Berlin lebende Autor Paul Scraton beeindruckt.

Inspiriert durch das 1826 erschienen Buch „Die Harzreise“, machte sich Scraton fast 200 Jahre nach Heinrich Heine auf den Weg, diese nachzugehen. Nun ist das per se erst einmal keine neue Idee, das haben schon einige Menschen gemacht und auch darüber geschrieben. Als Engländer aber bereist der Autor nicht nur einen unbekannten Teil seiner Wahlheimat, sondern betrachtet sowohl die Orte, die Harzer und die Natur als auch Heinrich Heine selbst mit den Augen eines Menschen aus einem anderen Land.

Auf seiner Route von Göttingen über Northeim, Osterode, hinauf zum Brocken und ganz zum Ende bis nach Weimar nimmt uns der Autor immer wieder mit in die Geschichte, verdeutlicht uns Heines Weltsicht, seine Toleranz, seinen Individualismus und den tiefen Eindruck, den er bei Dichtern wie Alexandre Dumas hinterlassen hatte. Mit Genuss und angenehmen Staunen trifft Paul Scraton auf Geister der Vergangenheit und auf Spuren seiner Landsleute, die wie Samuel Taylor Coleridge ebenfalls einst den Harz besuchten.

Diesen leisen, tiefen Genuss, die der Seele angepasste Geschwindigkeit des Reisens und die Sehnsucht und Lust am Gehen auf alten Pfaden, hat sich beim Lesen auf mich übertragen.

Paul Scraton: „Harzwanderungen – Auf Heines Spuren durch den deutschen Wald“, 253 Seiten, Matthes & Seitz Verlag, Seiten, ISBN 978-3-7518-0921-4, Preis: 24,00 Euro.


Wandern auf den Spuren des Zaunkönigs

Wandern auf den Spuren des Zaunkönigs

Auf den Spuren des Zaunkönigs

Literarische Wanderung von Osterwieck nach Vienenburg

Die „Bücherheimat on Tour“ lädt ein zu einer gemeinsamen Wanderung am Sonntag, 17. August 2025. Diese soll in etwa der Route folgen, auf der Ludwig, seine Mutter Luise und seine vier Geschwistern am Ende des Romans „Der Weg des Zaunkönigs“ von Philipp Schott vor den Russen geflohen sind. Unterwegs werden immer wieder Auszüge aus dem Roman gelesen.

Die Wanderung beginnt mit einem kleinen Imbiss im alten Druckereigebäude in Osterwieck und endet am Bahnhof in Vienenburg. Die Streckenlänge beträgt ca. 15 km und enthält keine Steigungen In Ausnahme-/Notfällen gibt es einen Shuttle-Service zum Zielpunkt nach etwa der Hälfte der Strecke.

Treffpunkt: Bahnhof Vienenburg 10.00 Uhr
Gemeinsame Fahrt nach Osterwieck (Fahrgemeinschaften)
Beginn der Wanderung ca. 11.00 Uhr
Dauer ca. 5 Stunden
Gemeinsamer Abschluss mit kleinem Imbiss in der Bücherei Vienenburg

Die Kosten liegen bei 15,00 € und beinhalten Organisation sowie eine dem Roman angemessene Verköstigung zu Beginn und zum Ende der Wanderung.

Teilnehmerzahl: maximal 25 Personen

Leitung: Petra Nietsch, Sonja Weber

Nähere Informationen und Anmeldeformulare erhalten Sie in der Bücherheimat oder per Mail: tour@die-buecherheimat.de

zaunoster

Willkommen und Abschied im Mitmach-Team

Willkommen und Abschied im Mitmach-Team
Mit „La ola“ wird Thea Dravenau als neue Auszubildende und Nachfolgerin von Lena Scholz im Team der BÜCHER-HEIMAT begrüßt. Fotos: Luca Weber

Thea tritt in Lenas Fußstapfen

Zumindest mit Blick auf den Titel des berühmten Gedichts hielt es die BÜCHER-HEIMAT am Montagabend mit dem großen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe: „Willkommen und Abschied“ standen im Kernteam der Mitmach-Buchhandlung an – und beides wurde im großen Kreis der vielen ehrenamtlich Mitarbeitenden gebührend gefeiert.

Schlüsselübergabe: Lena Scholz (re.) und Thea Dravenau.

„Es schlug mein Herz, geschwind, zu Pferde! Es war getan fast eh gedacht.“ Goethes erste Zeilen passen nur sehr bedingt, denn zur Feier hatte BÜCHER-HEIMAT-Chef Dirk Junicke ins „Aussichtsreich“ auf den Burgberg eingeladen. Bergan allerdings ging es nicht zu Pferde, sondern per pedes. Was Herzen durchaus auch höher schlagen lassen kann…

Abschied nehmen musste das Team von Lena Scholz. Die erste Auszubildende der BÜCHER-HEIMAT, die das Werden und Wachsen der gemeinnützigen Buchhandlung von Beginn an tatkräftig und engagiert mitgestaltete, hat ihre Prüfung zur Buchhändlerin mit Bravour abgelegt. Der Abschied von Lena ist zum Glück aber nicht komplett, die junge Frau, die während ihrer Ausbildung auch erste Gehversuche als Autorin unternahm, hat weiter Pläne in der Region – die sie in einem offenen Brief an die Mitarbeitenden und alle Buchfans erläutert.

Das große Team der BÜCHER-HEIMAT mit der erfolgreichen Ausbilderin Sonja Weber an der Spitze verabschiedete Lena Scholz gebührend. In einer „geheimen“ WhatsApp-Gruppe, betitelt „Lenas Abschied“ war der Abend wochenlang vorbereitet und die Geschenke-Frage detailliert besprochen worden. Mit dem Ergebnis, das als ein Geschenk eine BÜCHER-HEIMAT-Tasche überreicht wurde, mit der Lena dann gleich alle weiteren Gaben zu Tal transportieren konnte.

Der Abschied der ersten Auszubildenden wurde auch zum Willkommen für ihre Nachfolgerin genutzt. Thea Dravenau folgt auch Lena Scholz, gemeinsam zelebrierten sie auf dem Bad Harzburger Hausberg die Schlüsselübergabe. Mit Thea ist das aktuelle Kernteam komplett, hauptamtlich stehen Sonja Weber neben der Auszubildenden noch Annette Wiegmann und Ulrike Schaller zur Seite. Und natürlich alle Ehrenamtlichen, ohne die die großartige Idee der gemeinnützigen Mitmachbuchhandlung nicht funktionieren würde. Weswegen letztlich alle im „Aussichtsreich“ auch Grund hatten, sich selbst und die so erfolgreichen ersten drei Jahre der BÜCHER-HEIMAT zu feiern!

Ein Klick auf ein Bild öffnet die Galerie:

Fotos: Weber / Junicke

Lena Scholz: Viel Dank und kluge Gedanken

Lena Scholz: Viel Dank und kluge Gedanken
Ein Teil der BÜCHER-HEIMAT-Familie bei der Verabschiedung von Lena Scholz im „Aussichtsreich“ auf dem Burgberg.

Bunte Ausbildung und beste Chancen

Nach dreijähriger Ausbildung unter den Fittichen von Sonja Weber hat Lena Scholz als erste Auszubildende der BÜCHER-HEIMAT ihre Prüfung zur Buchhändlerin mit Bravour abgelegt. Während der Ausbildung hat Lena sich auch erste Sporen als Autorin verdient – und schreibt folgerichtig zum Abschied ein paar Zeilen mit viel Dank und einigen klugen Gedanken:

Drei Jahre.

Das sind 1095 Tage und 26280 Stunden.

Fast jeden davon habe ich genossen und immer mit viel Herz (und manchmal etwas weniger Verstand) in unserer Bücher-Heimat gearbeitet.

Spaß beiseite.

In meinen drei Jahren als erste Azubine in der Bücher-Heimat kann ich sagen, dass diese Ausbildung in einem so einzigartigen Betrieb Chancen bietet, die man sonst in keiner „normalen“ Ausbildung hat.

Ich durfte auf Preisverleihungen in Göttingen (Innovationspreis) oder Braunschweig (IHK-Sozialtransferpreis) dabei sein, habe selbstständig Lesungen geplant und durchgeführt oder auch Bücher-Tische mitveranstaltet.

Eine Ausbildung in der gemeinnützigen Buchhandlung bietet so viel Chancen sich selbst zu verwirklichen, Verantwortung zu übernehmen und eigene Ideen einzubringen.

All das ist natürlich nicht ohne Sonja Weber möglich. Dank ihr konnte ich sehr viel über die Geschichte des Buchhandels erfahren und habe vieles gelernt, wodurch ich mich nun als ausgebildete Buchhändlerin bestens vorbereitet fühle für meinen weiteren Lebensweg. In der Bücher-Heimat lernt man nämlich nicht nur Fachliches, sondern auch Menschliches.

Ab August werde ich mein Wissen weiter nutzen. Jedoch nicht für eine Karriere im Buchhandel, sondern für das Fachabitur. Dieses werde ich innerhalb eines Jahres in der Fachrichtung Wirtschaft in Goslar absolvieren, um danach studieren zu können.

Bevor ich gehe (wenn auch nur so halb, da ich im Harz erstmal wohnhaft bleibe), möchte ich mich auch bei allen Stammkunden bedanken. Ohne Sie würde es uns nicht geben und jeder kleine Plausch zwischendurch hat meinen Arbeitsalltag verschönert!

Ein großer Dank natürlich auch an unser Bücher-Heimat Team, bestehend aus so vielen Ehrenamtlichen von denen ich so viel lernen konnte und die meine Ausbildung bunt gemacht. Ohne euch würde es nicht gehen!

Danke an Annette Wiegmann und Ulrike. Ihr seid die besten Kolleginnen, die man sich wünschen kann.

An meine Nachfolgerin Thea… ich wünsche dir, dass du diese Ausbildung genauso genießen kannst, wie ich. Möge dein Arbeitsalltag voller erinnerungswürdiger Momente und Abenteuer sein, voller Spaß und Wissen und Herz.

Denn eins habe ich von Anfang an gelernt:

Buchhändlerin wird man nicht nur, indem man literaturverrückt ist, sondern indem man mit Herz und Leidenschaft dabei ist und morgens gern zur Arbeit geht.

 Eure

Lena

Sonja Weber über „Wir waren Heldinnen“

Sonja Weber über „Wir waren Heldinnen“

Torsten Körner: Wir waren Heldinnen – Wie Frauen den Fußball eroberten

Torsten Körner ist in seinem neuen Buch „Wir waren Heldinnen – Wie Frauen den Fußball eroberten“ den Damen des deutschen Fußballs auf der Spur. Aus vielen Blickwinkeln hinterfragt er, warum die Männer, und hier vor allem der Deutsche Fußballbund, das Revier auf dem Rasen so vehement gegen die Frauen verteidigten.

Es ist schon beachtlich, unglaublich und in Teilen im höchsten Maße fragwürdig, was da gelaufen ist. Die Alte Riege im DFB hat doch tatsächlich geglaubt, wenn man nur alle Vereine, Trainer und Schiedsrichter genügend unter Druck setzte, könne man fußballbegeisterten Mädchen und Frauen das Spielen, zumindest außerhalb von Hinterhöfen und Kuhwiesen verwehren.

Tja, hat nicht geklappt! Denn eben von dort, von privaten Wiesen, Plätzen und von der Straße gelang der Vormarsch. Es gibt zum Glück Frauen wie Christa Kleinhans und Marlis Marohn, die sich nicht aufhalten ließen, Städte wie Dortmund und München, die sich aus Schmähbriefen des DFB nichts machten und Männer wie Josef Floritz, die sich vehement für die Damenmannschaften einsetzten.

Dieses Buch ist nicht nur sporthistorisch interessant und absolut fesselnd, es klärt noch einen anderen wichtigen Aspekt, nämlich den emanzipatorischen, daher liegt es mir als Frau sehr am Herzen.

Torsten Körner: „Wir waren Heldinnen – Wie Frauen den Fußball eroberten“, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 336 Seiten, ISBN 978-3-462-00480-9, Preis: 24,00 Euro.


Markus Weber über „Das Narrenschiff“

Markus Weber über „Das Narrenschiff“

Christoph Hein: Das Narrenschiff

Christoph Hein, bedeutender zeitgenössischer Schriftsteller und aufgewachsen in der DDR, hat einen großen und schwergewichtigen Roman über die Geschichte der DDR geschrieben. Die Geschichte beginnt schon in den letzten Kriegstagen in Berlin und führt bis hin zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Im Zentrum der Erzählung stehen fünf Personen, die an diesen Staat glaubten und ihn mittrugen – eine durchaus ungewöhnliche und umso spannendere Perspektive. Bei aller Unterschiedlichkeit sind sie durch ihre staatstragenden Stellungen und privaten Verbindungen miteinander verbunden.

Dabei sind die Motive ihrer Haltungen zur DDR durchaus unterschiedlich, zum Beispiel: Karsten Emser war als linker Professor für Ökonomie vom NS-Staat entlassen worden und in die Sowjetunion ausgewandert, um dann von Beginn an beim Aufbau des neuen Staates dabei zu sein. Heinrich Goretzka war als überzeugter Nazi in den Weltkrieg gezogen und in der Umerziehung in sowjetischer Kriegsgefangenschaft zum kommunistischen Gefolgsmann geworden, um dann umso dogmatischer die Staatsdoktrin zu vertreten. Seine Frau drängte er zum Eintritt in die Partei, damit sie Karriere machen konnte.

Alle Zweifel an den Entscheidungen im Staat werden nicht zuletzt im Sinne auch eigener Interessen letztlich der Partei untergeordnet: „Man darf sich irren, aber nie gegen die Partei. Und wenn die Partei sich irrt, machst du einen Fehler, wenn du diesen Irrtum nicht teilst. Man darf nie gegen die Partei recht haben, denn sie allein hat immer recht.“ Erst die nachfolgende Generation nimmt sich das Recht auf mehr Distanz, wenn auch mit Kompromissen.

Geschickt verbindet Hein das Schicksal und den Alltag der Personen mit der Entwicklung und den Wendepunkten der Geschichte der DDR, die quasi im Hintergrund und in den Gesprächen miterzählt wird. So wird deutlich, woran der Staat mit seiner Ideologie krankte und letztlich scheiterte oder scheitern musste. Doch auch der Ausblick in die Verhältnisse nach dem Mauerfall fällt durchaus kritisch aus.

Christoph Hein gelingt ein gut erzählter Roman, bei dem man immer erwartungsvoll den nächsten Ereignissen und Verwicklungen entgegensieht und nicht aufhören möchte zu lesen. Dass man doch Lesepausen machen kann, wird durch die Einteilung in kleine Kapitel erleichtert, die in sich thematische Einheiten bilden. Tatsächlich ist der Roman auch für mich ein „eindrucksvolles historisches Panorama“, wie Steffen Mau urteilt.

Christoph Hein: Das Narrenschiff. Roman, Suhrkamp Verlag 2025, 750 Seiten, ISBN 978-3518432266, 28,00 Euro.