Markus Weber über „Cartoons“

Markus Weber über „Cartoons“

Dominik Bauer / Elias Hauck: Cartoons

Das Buch mit Sprüchen und Karikaturen des Duos Hauck & Bauer ist schon rein äußerlich schön gemacht mit seinem Leineneinband. Und es liegt gut in der Hand, passt in jede Tasche, sodass man es auch unterwegs genießen kann. Die beiden Autoren veröffentlichen seit Jahren zusammen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, in der Titanic und auf Spiegel-Online. Die hier ausgewählten Text-Bild-Kombinationen bieten ein „Best of“, das im Frankfurter Karikaturen-Museum gezeigt wurde.

Die Bandbreite reicht vom einfachen Geblödel bis zu tiefschürfenden Sätzen, die auch mal zum Nachdenken anregen können, oft aus dem Alltag gegriffen. Jede*r bekommt sein Fett weg – Männer und Frauen, Alte und Junge, Politiker und Spießer, Du und ich.

Ich kann der Empfehlung von Johanna Adorján, Kulturjournalistin bei der Süddeutschen Zeitung, nur zustimmen: „Tut Euch den Gefallen und lest Hauck & Bauer!“ Zumindest, wenn ihr Sinn für Unsinn habt, füge ich hinzu.

Kostprobe gefällig? Hier passend aus dem Bereich der Bücher und des Lesens, auch wenn die Sprüche natürlich erst zusammen mit den Bildern ihre volle Wirkung entfalten:

„Das Buch musst du in der Übersetzung von Harry Rowohlt lesen. Im Original geht da viel verloren.“

Oder:

„Eigentlich hasse ich Autorenlesungen.“ – „Warum machen Sie sie dann?“ – „Ich fürchte, dass die Leute beim Daheimlesen falsch betonen.“

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Dominik Bauer / Elias Hauck: Cartoons, Verlag Kunstmann Antje GmbH 2020, 280 Seiten, ISBN 978-3956143991, Preis:18,00 Euro

Markus Weber – Ins leuchtende Du

Markus Weber – Ins leuchtende Du

Carola Moosbach:

Ins leuchtende Du

Aufstandsgebete und Gottespoesie

Ein wenig unsicher war ich, ob eine solche Buchempfehlung überhaupt auf die Seite der Bücher-Heimat passt. Ich versuche es mal – trotz meiner Bedenken. Das Buch der Juristin und Dichterin Carola Moosbach enthält eine Auswahl von Texten – Gebete und Gedichte – ihrer ersten drei, inzwischen vergriffenen Bücher. Alle Texte haben eine ganz besondere Sprache, die mich direkt anspricht. „Theo-Poesie“ hat die Theologin Dorothee Sölle das genannt.

Da ich die traditionelle liturgische Sprache inzwischen oft zu flach, zu weichgespült und kraftlos finde, bin ich immer wieder auf der Suche nach anderen Texten. Hier habe ich sie gefunden. Da ist nichts glatt; Zweifel, Rachegefühle und Unsicherheiten sind ebenso zugelassen wie Vertrauen, Hoffnung und die Sehnsucht nach erfülltem Leben, doch oft in neuen Bildern, die einem heutigen Lebensgefühl entspringen. Und die gerade deshalb für mich die Kraft der biblischen Psalmen atmen.

Geprägt ist Moosbachs eigener Lebensweg von Gewalt und Missbrauch durch den eigenen Vater, weshalb ihr die oft männlich geprägte Sprache der Liturgie versperrt war. Daraus sind eigene Zugänge entstanden, die nicht nur für Frauen eine Entdeckung sind. Man wird das Buch nicht von vorne nach hinten lesen, sondern hier und da hängen bleiben, mal an einem Wort oder einem Satz.

„Nichts brauchen wir so nötig wie Dich Schwester Gott …
Schenk uns neue Worte für Deine Wahrheit Gott
Und neue Taten für Deine Gerechtigkeit …
Mach uns mutig wie ein Baby das laufen lernt
Und ansteckend wie ein Kinderlachen im Sommer“

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Carola Moosbach: Ins leuchtende Du – Aufstandsgebete und Gottespoesie, EB-Verlag 2021, ISBN 978-3868933611, 144 Seiten, Preis: 15,00 Euro

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Tony Hawks:

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Round Ireland with a Fridge

Aus einer Bierlaune heraus entsteht eine völlig verrückte Wette. Ist es möglich mit einem Kühlschrank rund um Irland zu trampen? Tony Hawks, britischer Schriftsteller und Comedian, nimmt diese Herausforderung an und startet seine Reise mit mehr Zweifeln als Zuversicht. Zu seiner großen Überraschung wird es jedoch ein wundervolles Abenteuer, denn sein ungewöhnlicher Reisebegleiter ermöglicht ihm ganz besondere Begegnungen und unzählige Erlebnisse mit der irischen Bevölkerung, welche er mehr und mehr ins Herz schließt.

Tony Hawks ist ein sehr guter Beobachter, der Alltägliches witzig und sprachgewandt kommentiert, so dass ich beim Lesen mehrfach laut loslachen musste. Nicht nur Irland-Reisende werden dieses Buch lieben.

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Tony Hawks: „Mit em Kühlschrank durch Irland“ (OT: Round Ireland with a Fridge), Goldmann Taschenbücher, 384 Seiten, ISBN 9783442446414, Preis: 10,00 Euro.


Darf ich was vorsingen?

Darf ich was vorsingen?

Inga Rumpf:

Darf ich was vorsingen?

Eine autobiografische Zeitreise

Im Mai diesen Jahres konnte ich die Sängerin Inga Rumpf mal wieder live erleben – im Wernigeröder Konzerthaus Liebfrauen. Das erste Mal habe ich sie vor 50 Jahren auf der Waldbühne meiner Heimatgemeinde hören und sehen dürfen. Damals war sie mit ihren Bands, zuerst den City Preachers, später mit Frumpy und Atlantis eine bekannte Rockröhre mit beeindruckender Stimme. Das ZEITmagazin brachte sie 1973 mit der Überschrift aufs Titelbild: „Der Krautrock aus Deutschland und sein Superstar Inga Rumpf.“ Da musste ich natürlich die im Herbst letzten Jahres erschienene Autobiografie erstehen – handsigniert selbstverständlich.

Auch ohne Signatur und ohne persönliche Vorgeschichte ist es ein unterhaltsames Buch, reichlich illustriert mit vielen Fotos, das einen Teil deutscher Rock- und Soulgeschichte abbildet. Es begegnen zahlreiche bekannte Musiker wie z.B. Udo Lindenberg, Peter Maffay, Joja Wendt oder Konstantin Wecker. Vom Krautrock hat Inga Rumpf sich weiterentwickelt über Soul, Blues und Jazz, aber auch in Kirchen war sie mit Gospelsongs erfolgreich.

In die vielen Geschichten über Musik werden auch persönliche Erlebnisse der Hamburger Seemannstochter eingeflochten – über die Kindheit in Hamburg, Ausflüge auf internationale Bühnen, Alkohol und Drogen, Liebe und Verlust, Leben in der Großstadt und schließlich das Leben auf dem Land in der Wesermarsch.

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Inga Rumpf: Darf ich was vorsingen? Eine autobiografische Zeitreise, Verlag Ellert & Richter 2021, 352 Seiten, 25,00 Euro. | Für September 2022 ist eine Taschenbuchausgabe zum Preis von 20,00 Euro angekündigt.

Sieh hin!

Sieh hin!

Wieteke van Zeil:

Sieh hin!

Ein offener Blick auf die Kunst

Die niederländische Kunsthistoriker öffnet den Blick für Kunst und leitet den Blick der Betrachtenden auf ganz besondere Weise. So entsteht ein schöner Zugang zu bekannten oder unbekannten Kunstwerken, immer wird der Blick zunächst auf ein Detail gerichtet, das sonst vielleicht gar nicht aufgefallen wäre. Vom Detail her wird das gesamte Kunstwerk – vor allem Gemälde, aber auch Skulpturen – erschlossen. „Erst das – scheinbar – unbedachte Detail macht ein Bild wirklich unvergesslich“ ist das leitende Motto des Buches. Vorrangig geht es um Kunstwerke vom 14. bis zum 19. Jahrhundert.

Da fällt der Fuß von Daphne aus der griechischen Sage auf, die goldenen Kugeln in der Hand des Heiligen Nikolaus oder auch die schwarzen Sklavinnen, die nach Surinam verschleppt wurden. Immer gelingt es der Autorin, die Details in die größeren Zusammenhänge zu rücken, oft auch erstaunliche Verbindungen zu unserer Gegenwart herzustellen.

Ergänzt werden die Betrachtungen durch grundlegende Erkenntnisse und konkrete Tipps, die hilfreich sind für Museumsbesuche und die eigene Erschließung von Kunst. Auch Interviews mit Menschen, die schon von berufswegen auf das genaue Hinschauen angewiesen sind, z.B. mit einem Polizisten oder einer Genetikerin, sind eine bereichernde Ergänzung.

Gelegentlich hätte ich mir die Bilder in besserer Qualität gewünscht. Aber im Internet und erst recht beim Museumsbesuch findet man ja bessere Ansichten. Alles in allem ein wunderbares Buch, das Lust auf Kunst macht. Das Buch macht eine grundlegende Erkenntnis glaubwürdig: „Gute Kunst, darauf können Sie vertrauen, birst vor Details, die Ihnen Neues enthüllen, wenn Sie sich die Zeit dafür nehmen.“

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Wieteke van Zeil: Sieh hin! Ein offener Blick auf die Kunst, E. A. Seemann Verlag 2022, ISBN 978-3865024701, 224 Seiten mit 80 farbigen Abbildungen, 28,00 Euro.

Freunde. Für immer.

Freunde. Für immer.

Kimberly McCreight:

Freunde. Für immer.

Freundschaft bedeutet, dass man nicht so genau hinsieht und lieber Geld zur Hilfe reicht. Freundschaft bedeutet, dass man schlimme Dinge unter den Teppich kehrt. Freundschaft bedeutet, eine Leiche verschwinden zu lassen. Okay, kommt das noch jemandem komisch vor? Mir schon.

Für die Protagonist:innen in diesem Buch ist das aber die Realität. Skurril, manchmal zum Haare raufen und manchmal auch einfach zum Augen rollen. Ich habe mich gefühlt, als würde ich neben ihnen herlaufen, die Arme verschränkt und mit zusammengekniffenen Lippen den Kopf schütteln. Aber ich wollte weiter mit ihnen gehen. Ich wollte ja schließlich sehen, ob sie es dieses Mal besser machen.

Leichte Lektüre für den Sommer? Das haut gut hin.

Ganz ehrlich, das Ende habe ich bereits zu Beginn des Kapitels gekannt. Trotzdem fand ich das Buch unterhaltsam, denn das Rätselraten ist ja nur der halbe Spaß. Die Charaktere sind reichlich flach, aber unterhaltsam ist das Buch deswegen nicht weniger.

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Kimberly McCreight: „Freunde. Für immer.“, Droemer HC, 368 Seiten, ISBN 978-3-426-28388-2, Preis: 15,99 Euro.


Du musst nicht von allen gemocht werden

Du musst nicht von allen gemocht werden

Fumitake Koga und Ichiro Kishimi:

Du musst nicht von allen gemocht werden

„Sie sind nicht in Wut geraten und haben gebrüllt. Sie sind einzig und allein wütend geworden, damit Sie brüllen konnten.“

Es gibt Bücher, die man nicht aus der Hand legen kann. Dieses ist keines. Das liegt nicht daran, dass das Buch etwa schlecht wäre. Im Gegenteil, es ist ein tolles Buch. Wenn man sich aber ernsthaft mit den vermittelten Ansichten befasst, bzw. eher das eigene Leben im Hinblick auf dieses neu erworbene Wissen betrachtet, dann ist es unmöglich, alles auf einmal zu verschlingen.

Ähnlich geht es auch dem jungen Mann, der in diesem Buch eine Diskussion mit einem älteren führt. Zunächst will der Jüngere die Thesen des Älteren zerfetzen. Am Ende gehen sie als Freunde auseinander in dem Wissen, dass jeder Mensch glücklich sein kann – jetzt sofort.

Ich war nicht mit allem einverstanden, was ich gehört habe und ich habe reichlich mit diskutiert. Und was war am Ende? Ich konnte wirklich merken, wie sich mein Denken änderte. So viele Dinge fallen mir nun auf und ich versuche, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Versuchen Sie dieses Buch, vielleicht ändert es nicht ihr Leben, aber sicher regt es zum Diskutieren an.

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Fumitake Koga und Ichiro Kishimi: „Du musst nicht von allen gemocht werden“, Rowohlt Taschenbuch, 304 Seiten, ISBN 978-3-499-63405-5, Preis: 10,00 Euro.


Sei wie ein Baum

Sei wie ein Baum

Maria Gianferrari:

Sei wie ein Baum!

„Alle zusammen sind wir ein Wald“

Viele Kinderbücher überzeugen mit niedlichen Charakteren und der obligatorischen „Moral von der Geschichte“. Sei wie ein Baum besticht aber vielmehr durch seine wunderschönen Illustrationen, entworfen und angefertigt von der talentierten Felicita Sala. Die Struktur eines Baumes, das Netz der Wurzeln als Netz von Informationen.

 Kinder (und Eltern im Übrigen auch) erhalten spielend einfach und auf wunderschöne Weise, lehrreiches Wissen über Bäume und ganz am Ende auch noch, als Anmerkungen der Autorin, Hinweise zu ihrem Schutz. Das Buch beinhaltet arg wenig Text, aber ganz ehrlich? Ist das nicht das Schöne an Kinderbüchern? Dafür gibt es reichlich Illustrationen zu bestaunen. Jede für sich ein kleines Kunstwerk.

Wunderschönes Buch zum Entdecken für Klein und Groß. Meiner Meinung nach ein kleiner Schatz zum Schmökern und gemeinsam genießen. Und übrigens: das Buch wurde klimaneutral produziert.

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Maria Gianferrari: „Sei wie ein Baum!“, Insel Verlag GmbH, 48 Seiten, ISBN: 978-3-458-17992-4, Preis: 15,90 Euro.


In den Wäldern der Biber

In den Wäldern der Biber

Franziska Fischer:

„In den Wäldern der Biber“

Eigentlich ist Alina eine Großstadtbewohnerin, ihre letzten Aufenthalte auf dem Land bei ihren Großeltern sind lange her, sie hat irgendwann den Kontakt abgebrochen. Ihre Familie ist schwierig – oder ist vielleicht nur Alina schwierig? Als ihre Beziehung mit ihrem Lebenspartner der Kinderfrage wegen in die Brüche geht und ihr Leben mal wieder ins Wanken gerät, bricht sie alle Brücken in Frankfurt ab und steht plötzlich bei ihrem Großvater in dem kleinen Dörfchen Spechthausen vor der Tür.

 Irgendwie kommt das für beide recht unerwartet, doch sie schaffen es, das Geschenk der Gegenwart des anzunehmen, sich wieder anzunähern, die Vergangenheit aufzuarbeiten und die Zukunft zu planen. Eine Zukunft mit der vermeidlichen Ruhe eines Dorfes, dem Gackern der eigenen Hühner, der Aussicht auf Liebe und der Hoffnung, nicht allein sein zu müssen.

Franziska Fischers Romanfiguren lernen ihre Lebensziele in der Abgeschiedenheit der Wälder neu oder erneut zu definieren. „In den Wäldern der Biber“ ist für mich eines der schönsten Bücher des Frühjahres, sowohl inhaltlich als auch äußerlich.

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Franziska Fischer: „In den Wäldern der Biber“, DuMont Buchverlag, 320 Seiten, ISBN 978-3-8321-6592-5, Preis: 22,00 Euro.


Mythos – Was uns die Götter heute sagen

Mythos – Was uns die Götter heute sagen

Stephen Fry:

„Mythos – Was uns die Götter heute sagen“

Der Schriftsteller, Kolumnist und Schauspieler Stephen Fry (von ihm wird man in diesem Jahr noch anderes zu lesen bekommen, ich freue mich schon darauf) hat sich in seinem Buch „Mythos“ der griechischen Götter von A wie Atlas bis Z wie Zeus angenommen, allerdings in chronologischer Abfolge. Und wer jetzt denkt, das sei ja nun wirklich nicht neu (nein, natürlich nicht) oder man kenne das ja alles schon (Irrtum!), der oder die wird schon bei den ersten Zeilen des Buches eines Besseren belehrt und das im wahrsten und besten Sinne des Wortes.

Nie waren klassische Sagen und Mythen so erkenntnisreich, kurzweilig, witzig, ironisch und aktuell. Ja, tatsächlich aktuell, denn das macht ja Klassik aus, sie behält ihre „Jugendlichkeit“, Anziehungskraft und lehrreiche Brisanz (leider scheinen so einige Staatsoberhäupter dieser Welt sich nie damit beschäftigt zu haben).

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Stephen Fry: „Mythos – Was uns die Götter heute sagen“, Aufbau Taschenbuch Verlag, 448 Seiten,  ISBN 978-3-7466-3732-7, Preis: 14,00 Euro.