Markus Weber über „Als die Demokratie starb“

Thomas Weber (Hrsg.):

Als die Demokratie starb

Der in Aberdeen (Schottland) lehrende Historiker Thomas Weber (nicht verwandt und verschwägert 😉) hat zum 90. Jahrestag der Machtübertragung an Hitler einen Sammelband mit 16 sehr unterschiedlichen Beiträgen verschiedener Autor*innen herausgegeben. Die Beiträge eint, dass sie einerseits historischen Fragestellungen zur Ermöglichung der NS-Diktatur nachgehen, andererseits den Anspruch haben, die heutige Abwehr antidemokratischer Kräfte zu stärken. So ist das Buch wohl nicht vorrangig an die Fachwelt gerichtet, sondern auf eine breite Wahrnehmung aus.

Die Fragestellungen der internationalen Autor*innen reichen von der Frage, wie die Machtübertragung an Hitler geschehen konnte, welche Kräfte diese getragen haben und wie nach dem 30. Januar 1933 die Macht gesichert wurde. Beispielsweise wird die (neue) Rolle von Wahlen und Abstimmungen in der Diktatur untersucht. Wichtig ist aber auch der Blick in andere Länder, die ebenso unter der Weltwirtschaftskrise gelitten hatten – USA und Niederlande beispielsweise, die aber demokratisch blieben trotz ähnlich großer Herausforderungen.

Die Beiträge scheuen dabei keine Vergleiche zu heutigen Entwicklungen, ohne jedoch gleichzusetzen. So wird etwa gefragt, ob der Sender Fox News in den USA und die sozialen Medien weltweit heute die Funktionen übernommen haben, die die Bierkeller in der Weimarer Republik hatten, nämlich Feindbilder zu erzeugen oder Fake News zu verbreiten, um die antidemokratische Rechte aufzubauen. So werden auch Donald Trumps Politik und heutige Vorstellungen und Praxis „illiberaler Demokratie“ (die keine ist, da Freiheiten und Menschenrechte für alle fehlen) mit dem Nationalsozialismus verglichen . Gefordert wird in einem Beitrag auch, dass Museen und Gedenkstätten klarer „Kante zeigen“ müssten „gegen rechts“. Hier wie an anderen Stellen hätte ich mir differenziertere Sichtweisen gewünscht, auch wenn in diesem Fall die persönliche Betroffenheit des Autors verständlich und grundsätzlich eine klare Positionierung wünschenswert ist.

Anliegen und Erkenntnis, formuliert von Michael Ignatieff: „Die Zukunft der Demokratie ist nicht gesichert, wir halten sie selbst in der Hand“, sind heute wichtig und sollten von allen geteilt werden.

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Thomas Weber (Hrsg.): Als die Demokratie starb. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten – Geschichte und Gegenwart, Herder 2022, 256 Seiten, ISBN 978-3451393976, Preis: 22,00 Euro.

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