Bettina Luis über „Akikos stilles Glück“

Bettina Luis über „Akikos stilles Glück“

Jan-Phillip Sendker:

Akikos stilles Glück

Ein leiser, stiller, meditativ langsamer und ungemein tiefgründiger, ja philosophischer ROMAN erblickte am 11.September 2024 das Licht der Bücherwelt! J.-P. SENDKERs „jüngstes Kind“ hält, was ich persönlich von diesem versierten „Vater“ erwartet hatte: Wieder eine extrem gut recherchierte Reise in die asiatische Kultur, diesmal erlebe ich GRANDE ILLUSION in Japan/Tokyo. Ich treffe auf ungemein spannende, sympathisch schräge Charaktere, AKIKO und KENTO, deren innere Welten mir kurzweilig 373 Seiten lang psychologisch faszinierend eröffnet werden. So fern und doch ganz nah!

AKIKO ist Ende Zwanzig, Buchhalterin und seit Kindertagen ausgesprochen leidensfähig, konfliktscheu, aber voller Phantasie. Einsamkeit ist ihre Welt. Ihre geliebte/gehasste Mutter, alleinerziehend und arbeitsbedingt selten anwesend, ist gestorben.

AKIKOs einziges Gegenüber war und ist oft nur das eigene Spiegelbild. Beziehungen und Partnerschaft kennt sie nicht wirklich. Konsequent plant sie deshalb ein japanisches Solo Wedding, um sich zumindest allein den Traum von einer strahlenden Braut zu erfüllen.

Ausgerechnet KENTO, ein HIKIKOMORI, d.h. ein von aller Welt und Tageslicht abgewandter junger Mann und ehemaliger Schulkamerad – stellt die entscheidenden zwei Fragen, als AKIKO ihn nach Jahren zufällig wiedertrifft und von ihren Hochzeitsplänen erzählt: „Kennst du dich denn gut genug?… Magst du dich? … “

Jetzt beginnt AKIKOs Suche nach ihrer eigenen Geschichte, nach ihrem Selbst-Bewusstsein. Sie hinterfragt ihr bisheriges Leben und die Menschen, die sie prägten. Dabei erfährt sie eine Wahrheit, die sie zutiefst kränkt: Ihr vermeintlicher Vater – er wurde stundenweise per Agentur gemietet und bezahlt!

KENTO begleitet AKIKO auf ihrem Weg der Selbstfindung – derart, wie es ein Hikikomori vermag: Man trifft sich nachts in den Straßen, wandert stundenlang im Regen oder hört Musik- vor den Bars stehend. Alles hier braucht Zeit, viel Zeit!

KENTO schreibt und schickt ihr geliebte HAIKUs – kurze japanische Lyrik. Und er beginnt selber, sich ihr gegenüber mit seiner Geschichte zu öffnen. Ein eindrücklicher Mailkontakt entsteht. Wege werden ganz langsam sichtbarer – aus der Dunkelheit zum Licht! Am Ende wird aus der kleinen Buchhalterin eine ganz andere Buch haltende Frau …  

SENDKER kann es wirklich: Romane schreiben!  

Shikata ga nai – da kann man nichts machen😉

Jan-Phillip Sendker: „Akikos stilles Glück“, Verlag BLESSING 2024, 384 Seiten, ISBN 9783896676290, Preis: 24,00 Euro.


Autorenduo stellt Harz-Krimi vor

Harz, herzlich, humorvoll!

„Harz aber herzlich“ ist der Kriminalroman überschrieben, den das Autorenduo Alexandra Kui und Peter Godazgar am Mittwoch, 19. März 2025, in der BÜCHER-HEIMAT vorstellen wird. Zum Buch schreiben die Autoren:

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„Achtsamkeit und Mord im Harz: der Auftakt der fantastischen Krimiserie mit dem ungleichen Ermittlungsduo Ariane und Andreas: Gute Laune garantiert.

Ein durchbrochenes Geländer, eine seltsam verdrehte Leiche am Abhang. Dabei wollte Ariane an ihrem ersten Arbeitstag in Düsterode im Harz nur eine frauenfeindliche Kritzelei beseitigen, schließlich gehört auch das zu ihren Aufgaben beim Tourismusverband, wo sie für das Thema Diversity zuständig ist. Als Polizeihauptmeister Andreas mit seiner Hündin Frau Krause am Tatort ankommt, sind zwei Dinge schnell klar: Ariane und Andreas sind wie Feuer und Wasser, Stadt und Land, Tofu und Bratwurst. Und statt den Harz vielfältiger und wertschätzender für alle zu machen, hat Ariane es mit ganz neuen Herausforderungen zu tun – denn irgendjemand sorgt dafür, dass Menschen sterben. Der Tote im Wald wird jedenfalls nicht der letzte sein. Von wegen «Glück auf» im Harz.

Andreas und Ariane ermitteln. Und Frau Krause auch.

Harz, herzlich, humorvoll!“

 Die Autoren

Alexandra Kui, geboren 1973, lebt in Buxtehude, ihrer Heimatstadt. Nach dem Abitur arbeitete sie zunächst für Tageszeitungen, unter anderem als Volontärin für die Goslarsche Zeitung. Seit vielen Jahren schreibt sie Romane wie den für das ZDF verfilmten Krimi „Blaufeuer“ oder „Die Welt ist eine Scheibe“. Die besten Ideen hat sie beim Singen – oder beim Wandern, gern mit Hund im Harz, wo sie nie den Stempelpass vergisst und die Goldene Wandernadel längst ergattert hat.

Peter Godazgar, geboren 1967, aufgewachsen in Hückelhoven, lebt in Halle (Saale). Nach Studium, Volontariat, Besuch der Henri-Nannen-Schule und vielen Jahren als Tageszeitungs-Redakteur arbeitet er nun als stellvertretender Pressesprecher der Saalestadt. Nebenher schreibt er Romane und Short Storys, von denen drei für den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte Kurzkrimi nominiert wurden. Längst hätte er die Harzer Wandernadel in Gold verdient, aber leider vergisst er bei seinen Touren jedes Mal den Stempelpass.

Mittwoch, 19. März 2025, 19.00 Uhr, BÜCHER-HEIMAT
Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten
Anmeldung in der BÜCHER-HEIMAT,
Telefon (05322) 9059599 | Mail: info@die-buecherheimat.de

„Harzer Schuld“ – Silke Marth stellt neuen Krimi vor

„Harzer Schuld“ – Silke Marth stellt neuen Krimi vor

Auf die Sühne folgt die Schuld

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Silke Marth stellt am Donnerstag, 30. Januar 2025 ihren neuen Kriminalroman „Harzer Schuld“ in der BÜCHER-HEIMAT vor. Wobei mit diesem zweiten Krimi die „Harzer Schuld“ auf die „Harzer Sühne“ folgt. Die spannende Erzählung beginnt mit einem grausigen Fund:

Bei Rodungsarbeiten finden Forstarbeiter in der Nähe der Okertalsperre das Skelett einer jungen Frau. Bald darauf wird die Leiche eines Mädchens entdeckt. Die Spuren führen zu einem längst geschlossenen Kinderheim. Hauptkommissarin Carla Altmann und ihr Kollege Tom Steiger, bekannt aus Mahrts Krimi „Harzer Sühne“, den die Autorin auch bereits in Bad Harzburg vorstellte, setzen alles daran, die beiden Toten zu identifizieren. Doch dann verschwindet wieder eine junge Frau.

Über die Autorin

Silke Mahrt, geboren und aufgewachsen in Brauschweig, verbrachte viele Wochenenden und Urlaube in Altenau. Heute lebt sie in Schleswig-Holstein. Noch immer fühlt sie sich dem Harz und seinen Menschen verbunden. Silke Mahrt hat Politikwissenschaft und Germanistik studiert und arbeitet heute in einem beratenden Beruf. Ihr Interesse an den Menschen und ihren persönlichen Geschichten, die Einflüsse der Gesellschaft auf das Schicksal jedes Einzelnen sind für sie eine stete Ermutigung zum Schreiben.

Donnerstag, 30. Januar 2025, 19.00 Uhr, BÜCHER-HEIMAT
Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten
Anmeldung in der BÜCHER-HEIMAT,
Telefon (05322) 9059599 | Mail: info@die-buecherheimat.de

Heike Zumbruch über „Zwischen zwei Sternen“

Heike Zumbruch über „Zwischen zwei Sternen“

Becky Chambers:

Zwischen zwei Sternen

Cover: Zwischen zwei Sternen

Auch der zweite Band der Wayfarerreihe hat mich wirklich begeistert. Ganz besonders deshalb, weil Becky Chambers nicht einfach noch ein Raumschiffabenteuer geschrieben hat. Dieser Versuchung hat sie zum Glück widerstanden – obwohl es doch beim ersten Mal so erfolgreich war…

In „Zwischen zwei Sternen“ begegnen wir zwei Figuren, die uns aus dem ersten Band schon bekannt sind. Ihre Lebensgeschichten werden in zwei Handlungssträngen abwechselnd erzählt. Da ist zunächst die Modderin Pepper, die auf der Wayfarer Lovelace begegnet, der empfindungsfähigen KI des Raumschiffs. Peppers Geschichte beginnt, als sie 10 Jahre alt ist und Jane 23 heißt. Sie lebt und arbeitet mit vielen anderen Kindern zusammen in einer Fabrik und sortiert, säubert und repariert Schrott jeder Art, sofern das noch möglich ist. Betreut werden die Kinder von „Müttern“, die sie bestrafen, wenn sie schlechtes Benehmen „machen“.

Als sich eines Tages die Möglichkeit zur Flucht bietet, nutzt Pepper/Jane 23 diese Chance, findet sich zwischen Schutthalden wieder, rennt um ihre Freiheit und findet Hilfe aus einer ganz unerwarteten Richtung… Ein Leben in Freiheit, aber auch voll Dreck, Verzweiflung, Hunger und Angst beginnt und dauert viele Jahre!

Lovelace‘ Geschichte beginnt, als sie die Wayfarer mit Peppers Hilfe verlässt und in einen Bodykit „einzieht“ – sie gibt sich selbst den Namen Sidra. Bodykits für KI sind in der Galaktischen Union (GU) streng verboten und es drohen harte Strafen. Das bringt einige Problem mit sich, zumal in Sidra ein Wahrhaftigkeitsprotokoll programmiert ist – Sidra kann nicht lügen.

Außerdem erfahren wir von ihren Problemen mit den eingeschränkten Möglichkeiten eines „Körpers“, der ihre Systeme vor große Probleme stellt und als sie sich tätowieren lässt, kommt es beinahe zum Systemabsturz. Zusammen mit Pepper und deren Freund Blue lebt sie auf der dunklen Seite eines Mondes, auf Port Coriol in einer multispeziären Gesellschaft und gemeinsam finden sie zu einer Lösung ihrer vielfältigen Probleme. Aber: Warum hat jede Spezies einen eigenen Waggon in der Unterwasserbahn?

Wieder erfahren wir viel mehr als nur diese beiden Geschichten. Becky Chambers erweitert unser Wissen um die Gesellschaften in der GU, ihre Entstehung, ihre dunklen Seiten, die Fehler in der Vergangenheit und ihre optimistischen Zukunftsaussichten. Es gibt z. B. ein „Lassen-wir-Planeten-mit-Leben-in-Ruhe-Gesetz“! Genau dafür verehre ich Becky Chambers, sie verliert sich nicht in Schlachtengetümmel, sondern zeichnet eine positive Zukunft, in der der Mensch nicht mehr die dominante Rolle spielt – ein ziemlich beruhigender Ansatz.

Nun brauche ich erst einmal Urlaub vom Weltraum – im nächsten Beitrag möchte ich Ihnen ein Buch über ein anderes meiner Hobbys vorstellen.

Becky Chambers: „Zwischen zwei Sternen“, Fischer Tor, 460 Seiten, ISBN 9783596035694, Preis: 13,00 Euro.


Petra Nietsch über „Der Sommer zu Hause“

Petra Nietsch über „Der Sommer zu Hause“

Ann Patchett:

Der Sommer zu Hause

Tom Lake

Der Sommer zu Hause

Ann Patchett ist eine in Nordamerika sehr beliebte Autorin, deren Hörbücher u.a. von Meryl Streep und Tom Hanks gesprochen werden. Obwohl viele ihrer Bücher ins Deutsche übersetzt sind, ist sie bei uns kaum bekannt.

„Der Sommer zu Hause“ ist ihr jüngster Roman und spielt auf einer Obstplantage in Michigan während der Pandemie.

Die Kirschen sind reif, aber die Saisonarbeiter und ihre Familien, die seit Jahren bei der Ernte helfen, dürfen nicht kommen, stattdessen sind die drei Töchter Emily, Maisie und Nell, alle in den Zwanzigern, zu Hause und helfen ihren Eltern beim Pflücken der Früchte. Somit bietet sich endlich die Gelegenheit, ihre Mutter Lara zu der Episode in ihrem Leben auszufragen, von der sie bislang nur wenig wissen.

Als diese so alt war wie die jungen Frauen jetzt, verdiente sie sich ihr Geld als Theater- und Filmschauspielerin und hatte eine Liebesbeziehung mit Duke, der später Hollywood eroberte und sogar einen Oscar gewann. Es ist ihnen unverständlich, wie Lara eine möglicherweise erfolgreiche Schauspielkarriere aufgeben konnte, um einen Farmer zu heiraten.

Die Handlung spielt auf zwei sich abwechselnden Zeitebenen, was ein geschickter schriftstellerischer Schachzug ist, denn beim Leser baut sich regelmäßig Spannung auf, wie es wohl in dem jeweils anderen Erzählstrang weitergeht.

Laras Töchter glauben, sie hätten das Recht, alles über die Jugend der Mutter zu erfahren. Aber haben Kinder das wirklich?

Lara hatte den Mut, ihr Leben zu verändern, als sie in einer Sackgasse angekommen war. Diese Entscheidung hat ihr seitdem ein glückliches Leben beschert. Sie ist zufrieden, liebt ihren Mann, ihre Kinder und die Natur.

Ann Patchetts Art zu schreiben kommt ohne große sprachliche oder formale Schnörkeleien aus und ist dadurch sehr angenehm zu lesen. Unterschwellig spricht sie viele Themen an, überlässt es aber dem Leser, diese für sich zu entdecken.

In meinem Buchclub waren wir einhellig der Meinung, dass es ein wundervoller lesenswerter Roman ist. Lediglich über sein Ende gab es unterschiedliche Auffassungen.

Ann Patchett: „Der Sommer zu Hause“, Berlin Verlag, 398 Seiten, ISBN 9783827015037, Preis: 26,00 Euro.


Lena Scholz über „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“

Lena Scholz über „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“

Annett Gröschner, Peggy Mädler, Wenke Seemann:

„Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“

Schon der Titel ist mir sofort ins Auge gesprungen, doch der Inhalt hat meine Erwartungen noch übertroffen.

Mit Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann begeben wir uns auf eine leicht beschwipste, aber faktisch einwandfreie Reise in die Vergangenheit als Deutschland geteilt war. Dabei geht es um das Klischee der Ostfrau, die Enteignung, Frauenbewegungen in DDR und BRD, Nationalsozialismus und Kommunismus und vieles mehr!

Einiges davon hatte ich bereits in der Schulzeit, doch abseits des Frontalunterrichts gibt es noch so viel mehr, was ich nicht wusste und was kaum thematisiert wird oder was man erst jetzt versteht.

Wussten Sie, dass zum Beispiel 80 Prozent der durch die Treuhand privatisierten, ehemals volkseigenen Betriebe an Westdeutsche gingen. 15 Prozent an internationale Käufer und nur fünf Prozent an Ostdeutsche. Wobei den Ostdeutschen, die Altschulden nicht erlassen wurden.

Wenn westdeutsche solvente Investoren Betriebe von der Treuhand kauften, meist für die symbolische 1 D-Mark, dann wurden ihnen die Altschulden der Betriebe häufig erlassen, insgesamt 120 Milliarden DM. Wenn Ostdeutsche den Betrieb kauften, hatten sie in der Regel kein oder wenig Kapital, bekamen keine Kredite und mussten laut dem Buch die Altschulden übernehmen und abbezahlen.

Viele Fakten waren mir nicht bewusst, haben aber mein Verständnis wachsen lassen für die Unterschiede zwischen West und Ost, die bis heute anhalten.

Gerade dieses Buch hat mir wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen und sich zu informieren.

 Annett Gröschner, Peggy Mädler, Wenke Seemann: „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“, Carl Hanser Verlag, 320 Seiten, ISBN 9783446279841, Preis: 22,00 Euro.


Bettina Luis über „Beklaute Frauen“

Bettina Luis über „Beklaute Frauen“

Leonie Schüller:

Beklaute Frauen

Vorab gesagt, ich lese auch sehr gerne Bücher männlicher Autoren! Mir war aber v o r der Lektüre BEKLAUTE FRAUEN von LEONIE SCHÖLLER (Jg 93) nicht so wirklich bewusst, wie viele Schriftstellerinnen tatsächlich ihre Werke größtenteils oder ausschließlich unter männlichem Pseudonym oder anonym erschienen ließen (oder noch lassen?)!

So steckt bekanntermaßen hinter dem Pseudonym George Eliot (Middlemarch 1874) die Schriftstellerin Mary Anne Evans und hinter Henri Lou (Im Kampf um Gott 1885) verbarg sich Lou Andreas-Salomé. Gründe hierfür „sind und waren schon immer individuell und vielseitig, haben aber auch einen historischen Hintergrund.“, sagt Schöller.

Zensur und gesellschaftliche Vorstellungen von Frauen als kreative Denkerinnen taten und tun bis heute ihr Übriges. Übrigens bedien(t)en sich auch Männer dieser Kreativität, sofern die in den Romanen behandelten Themen ihnen zu brisant, zu lasziv oder peinlich selbst entlarvend waren oder sind. Ich wusste nicht, dass einer Studie von 2018 zufolge, „…Bücher von Männern doppelt so häufig und ausführlicher rezensiert werden als die von Frauen. Literaturkritikerinnen besprechen zu 52% die Werke von männlichen Autoren, Literaturkritiker zu 75%.“ (Schöller)

Überhaupt belegt eine Studie aus 2018, dass zwei Drittel aller Literaturkritiker männlich sind. Schöller legt auch offen, dass sich dieses Missverhältnis bis in die Zeitungsredaktionen und Verlage/Lektorate fortsetzt. „GOETHE, LESSING, BRECHT und Co: BILDUNG IST WEISS UND MÄNNLICH“ , so Schöller. Auch hier ein Teufelskreis…

In Niedersachsen zur Schule gegangen, erinnert sie „…den Themenschwerpunkt Frauenbilder von Effi Briest bis Else. Die vorgeschlagenen Autoren? …“ Fontane, Schnitzler, Roth, Heinrich Mann und doch immerhin eine Frau: Irmgard Keun! Überwiegend also Frauenthemen aus Männersicht in Männerhand…

Leonie Schöller ist Journalistin, aber eben auch eine professionelle Historikerin, die ihr wissenschaftliches Handwerk versteht: 30 Seiten Literatur- und Quellenangaben, ein ausführliches Personenregister, Bildnachweise und Literaturempfehlungen überzeugen: Hier weiß eine Frau, wovon sie spricht, scheut keinen Faktencheck und bleibt nie oberflächlich.

Erstaunlich, wie viele Themen sie in gut gegliederten überschaubaren Kapiteln stilistisch wunderbar leicht und durch autobiografische Details anregend beleuchtet: (K)EINE BÜRGERIN, ENDSTATION: EHE; KÜNSTLER WIRD MIT ER GESCHRIEBEN, OHNE AUSZEICHNUNG, WIDERSTAND, VERGESSEN UND AUSGELÖSCHT. So viele Biographien von DENKERINNEN, FORSCHERINNEN, PIONIERINNEN: DIE UNSICHTBAREN HELDINNEN DER GESCHICHTE.

Es gibt sicher schon einige entsprechend wertschätzende Literatur zu diesem wichtigen Thema, aber dieses Buch ist glaubhaft belegt, aktuell – und bunt erfrischend anders!

Leonie Schüller: Beklaute Frauen, Verlag PENGUIN, 2024, 416 Seiten, ISBN 9783328603238, Preis: 22,00 Euro.


Heike Zumbruch über „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“

Heike Zumbruch über „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“

Becky Chambers:

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten

Als begeisterter Leser von intelligenter Science-Fiction-Literatur war ich sofort angetan, als Sonja Weber dieses Buch bei einer Veranstaltung in der Bücher-Heimat (als letztes) vorstellte.

Becky Chambers hat mit einer unglaublichen Fantasie ein Universum erschaffen, in dem es vor intelligenten Spezies nur so wimmelt. Jede von einem anderen Himmelkörper, jede mit einer eigenen Physis, einer eigenen Gesellschaftsstruktur, einer eigenen Sprache – die mal tonlos mit Hautverfärbungen funktioniert, mal mit gurrenden, glucksenden Lauten, mal unterstützt durch Gesten – und einem eigenen Namen: Marsianer, Solaner, Exodaner, Harmagianer, Äluoner, Aandrisks, Sianat, und viele mehr.

Die Handlung ist angesiedelt in einer Zeit, die weit in der Zukunft liegt; 200 Jahre zuvor hatten die letzten Menschen die sterbende Erde Richtung Mars verlassen.

Ort der Handlung ist ein Raumschiff, das durchs All fliegt, um Tunnel zu bohren. Tunnel? Ja, lassen Sie sich überraschen. Die Crew ist bunt zusammengewürfelt und natürlich kommt es zu Reibereien, doch wenn es drauf ankommt, stehen alle zusammen. Aber: Warum liegen Teppiche auf den Treppenstufen in einem Raumschiff?

Natürlich ist auch die Technik weit fortgeschritten, von Imunobots bis zu einer empfindungsfähigen KI, speziellem Treibstoff und Bodykits, implantierten Ausweischips, künstlicher Gravitation, keimtötenden Blitzen …

Aber dabei belässt es Becky Chambers nicht, sie entwirft auch eine interstellare Gesellschaft, die eine gemeinsame Regierung für alle friedlichen Spezies gebildet hat – die Galaktische Union, die GU, die allen Mitgliedern Sicherheit und Schutz garantiert, aber auch strenge Gesetze und Regeln erlassen hat, mit teils drastischen Strafen bei Verstößen.

Zudem entwickelt die Autorin eine Theorie über die evolutionären Gesetze, die zur Entwicklung intelligenten Lebens auf einem Planeten oder Mond führen. Ähnlich wie physikalische Gesetze, die auch überall im Universum gelten.

Die wissenswerten Details über Geschichte, Gesellschaften, Wissenschaft und Technik werden wie nebenbei in Gesprächen der handelnden Personen wiedergegeben. Ebenso gesellschaftliche Ethik und Tabus. Durchaus auch kontrovers und nicht unkritisch der Entwicklung gegenüber.

Das Buch liest sich leicht und flüssig, mit vielen spannenden Sequenzen, die mir teils die Nachtruhe geraubt haben, denn wer kann ein Buch schon weglegen, wenn Weltraumpiraten am Werk sind? Zum Glück habe ich mir auch gleich Teil 2 und 3 (von 4) gekauft, so dass ich sofort weiterlesen konnte, nachdem ich die letzte der gut 500 Seiten verschlungen habe.

Nicht zuletzt wegen des optimistischen Ansatzes: Absolut empfehlenswert!

Becky Chambers: „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“, Fischer Tor, 544 Seiten, ISBN 9783596035687, Preis: 14,00 Euro.


Lena Scholz über „Windstärke 17“

Lena Scholz über „Windstärke 17“

Caroline Wahl:

Windstärke 17 

Bereits 22 Bahnen hat mich nachhaltig beeindruckt und der zweite Band hat für mich diese Reihe abgerundet. 

Nun geht es um Ida, die statt zur Beerdigung ihrer Mutter nach Rügen fährt. Doch mit diesem Klumpen undefinierbarer Gefühle aus Wut, Trauer, Angst und kein Plan, wie es weitergehen soll, verspürt sie den Drang nach Ostsee. Als sie dort auf den alten Seebären Knut trifft und seine Frau Marianne, verspürt sie das erste Mal in ihrem Leben das Gefühl angekommen zu sein. 

Doch kann Ida ihre Vergangenheit so schnell hinter sich lassen? 

Mit überraschenden Wendungen macht es Caroline Wahl bis zum Ende spannend. 

Aufwühlend, intensiv und fesselnd!  

Für mich eine perfekte Sommerlektüre. 

Caroline Wahl: “Windstärke 17”, DuMont Buchverlag, 253 Seiten, ISBN 9783832168414, Preis: 24,00 Euro. 


Ehrenamtspreis und fröhliche Floßfahrt 

Ehrenamtspreis und fröhliche Floßfahrt 
Eine Floßfahrt, die ist lustig…

Teambildung mit magischen Momenten

„Wenn Engel reisen, dann lacht der Himmel“, weiß eine alte Redensart. Demnach hat die BÜCHER-HEIMAT offenkundig himmlische Heerscharen nach Braunschweig entsandt, denn die Sonne strahlte zu dem Spaß auf dem Floß, der den Harz mit der Löwenstadt verbindet, aus allen Knopflöchern. Wobei im Team schnell das Gerücht die Runde machte, das Reise-Organisatorin Monika Runge das Wetter gleich mit geplant hat. 

Ein Mentalist verzaubert.

Zur guten Stimmung unterwegs trug aber auch eine gute Crew auf dem Floß bei. Der „Kapitän“ übernahm dabei die Rolle der sprechenden Getränkekarte. Wie aus der Maschinenpistole ratterte er die Liste der Getränke herunter, da mussten Meldungen zum Wunschgetränk flink und punktgenau angebracht werden.  Eine Herausforderung, die das Team natürlich meisterte. Womit nach dem Ablegen und der Begrüßung durch BÜCHER-HEIMAT-Chefin Sonja Weber bereits auf einen ersten Stimmungshöhepunkt zugesteuert wurde. 

Dass das Stimmungslevel durchweg gehalten wurde, dazu trug auch Mentalist Adam Weiss bei. Eine sechsstellige Zahl, die sich Manuela aus dem Team ausgedacht hatte, wurde blitzschnell entlarvt. Und selbst dick zugeklebte Augen konnten den Mentalisten nicht bremsen, er erriet auf Anhieb die Motive kleiner Zeichnungen, die in der Reisegesellschaft gemalt worden waren. 

Reiseleiterin Monika Runge.

Trotz des magischen Programmes blieb Zeit und Raum für munteren Austausch, der das Ehrenamtlichen-Team weiter zusammenschweißte. Ganz schnell mittendrin war so auch Thomas Burchardt, neu in Bad Harzburg und neu im BÜCHER-HEIMAT-Team, in dem er sich vorrangig um den Internet-Auftritt kümmert. Fast schon nebenbei konnten derweil die ebenso interessanten wie schönen Ausblicke auf das vorübergleitende grüne Ufer der Oker im Herzen von Braunschweig genossen werden. 

In bester Stimmung ging die muntere Floßfahrt natürlich viel zu schnell vorüber – was das BÜCHER-HEIMAT-Team aber selbstverständlich nicht ausbremsen konnte. Im Magniviertel, einer der fünf „Traditionsinseln“ der Löwenstadt, ließ die Bad Harzburger Reisegesellschaft die Tour bei Aperol Spritz, Kaffee und Bier ausklingen – um sich nach dem Wochenende mit frischer Energie wieder gemeinsam in der Mitmach-Buchhandlung einzubringen… 

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