Montag, 27. November: November-Finale

Das Fest der Lichter fest im Blick

Die stillen Feiertage und bald auch der graue November liegen an diesem Montag, 27. November 2023, hinter uns, es geht schnurstracks aufs Fest der Lichter zu. Der Sternenhimmel Bad Harzburg funkelt jetzt ganz offiziell, der Wintertreff (den ich weiter Weihnachtsmarkt nenne) ist geöffnet und die Krippe im Rosengarten erlebt am Freitag ihre erste Andacht.

An einem Mann können wir heute nicht vorbei, dazu nennen wir zu häufig die Literatur-Nobelpreisträger. Vor diesem Hintergrund wäre es unfair, den Stifter des Preises zu unterschlagen: „Alfred Nobel“ (Biografie) unterzeichnete heute vor 128 Jahren (1895) sein Testament und vermachte damit sein Vermögen einer Stiftung, die heute die Nobelpreise vergibt.

Ein Nobelpreis stand für den Erotikroman „Josefine Mutzenbacher“ (Unzensierte Ausgabe) eher nicht in Aussicht. Aber immerhin wurde dem vom Bambi-Schöpfer Felix Salten 1906 veröffentlichten Werk im Jahr 1990 höchstrichterlich bescheinigt, dass auch Pornographie Kunst sein könne. Zu diesem Urteil kam das Bundesverfassungsgericht in seiner „Mutzenbacher-Entscheidung“ zur Auslegung der Kunstfreiheitsgarantie des deutschen Grundgesetzes.

In den Fällen, die wir jetzt in den Fokus rücken, geht es eher um literarische Liebschaften. Heute vor 441 Jahren (1582) wurde das Aufgebot zur Heirat des 18-jährigen William Shakespeare mit Anne Hathaway bestellt. Es war kaum „Der Widerspenstigen Zähmung“ und auch keineswegs „Verlorene Liebesmüh“ („Liebes Leid und Lust“), sondern eher vielleicht „Ein Sommernachtstraum“, bis dass der Tod William Shakespeares das Paar 1623 trennte. Allerdings fällt auf, dass quasi mit der Hochzeit jene Phase beginnt, die in der Shakespeare-Forschung als „verlorene Jahre“ bezeichnet werden…

Eine blutige und tödliche Steilvorlage lieferten am 27. November 1886 der Richter Emil Hartwich und Baron Armand von Ardenne dem Dichter Theodor Fontane. Die beiden Herren trugen nach einer Affäre Hartwichs mit Ardennes Ehefrau Elisabeth ein Duell mit Pistolen aus. Hartwich stirbt an der erlittenen Schusswunde. Fontane griff den Vorgang im Roman „Effi Briest“ auf.

Noch ein Geburtstagsgruß: Heute vor 61 Jahren (1962) wurde die britische Schauspielerin und Schriftstellerin Emma Walton geboren. Sie ist die Tochter der Schauspielerin Julie Andrews und des Bühnendesigners Tony Walton. Und da die Mama gerade Mary Poppins drehte, begann Emmas Leben sozusagen in den Disney-Studios.

Später heiratete Julie Andrews den Regisseur Blake Edwards, unter dessen Ägide Emma Walton erste Auftritte wie in „Der Fluch des rosaroten Panthers“ hatte.  Bekannter allerdings wurde sie als Autorin von Kinderbücher wie „The Fairy Princess“, die sie gemeinsam mit ihrer Mutter Julie Andrews schrieb und zu denen ihr leiblicher Vater bisweilen die Illustrationen beisteuerte.

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Sonntag, 26. November: Tag des Kuchens

Großer Literaturtag für kleine Kinder

Dass passt doch wie in die Kuchenform gegossen: Wir haben Sonntag, 26. November 2023, und (zumindest in Amerika) begehen den „Tag des Kuchens“ (National Cake Day).

Die Idee übernehme ich gern, obwohl langsam mit der vorweihnachtlichen Keks-Produktion begonnen wird. Hilfreich dabei ist „Weihnachten: Das Backbuch“: „Leckere und einfache Backrezepte: Stollen, Lebkuchen, Plätzchen und Kekse: Zimtsterne, Vanillekipferl, Spekulatius & Co.“.

Trotzdem werde ich den aktuellen Aktionstag aus USA sozusagen okkupieren und eine sonntägliche Kaffee- und Kuchen-Tafel genießen. Also heißt es: „Heute back ich … Kuchen!“. Mit dem Buch sollte sogar mir der Plan gelingen, denn enthalten sind neben Wissenswertem über Eier, Butter und Mehl „20 leckere Rezepte mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Kinder ab 6 Jahren“. Aber aufgepasst, leicht kann beim backenden Aufgalopp etwas schiefgehen: „Advent, Advent, der Kuchen brennt“.

Auch literarisch gesehen ist das heute eher ein Tag für Kinder – wenn man mal von Robert Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“ absieht, dessen erster Band am 26. November 1930 erschien. Ansonsten steht dieses Datum für zwei der berühmtesten Kinderbücher der Welt.

Heute vor 159 Jahren (1864) schickte Lewis Carroll das handgeschriebene Manuskript von „Alice im Wunderland“ (natürlich im englischen Original „Alice’s Adventures Underground“) an die zehnjährige Alice Liddell, Tochter des Oxforder Dekans und Vorbild für die Heldin Alice.

Fast wäre ein Klassiker der Weltliteratur nie erschienen, denn Carroll war zunächst unschlüssig, ob er sein Werk publizieren sollte. Er gab es seinem Freund George MacDonald, der es seinen Kindern vorlas. Und MacDonalds Sohn Greville war so begeistert, dass er wünschte, „es gäbe 60.000 Bände“ davon. Carroll war überzeugt.

Am 26. November 1945 erschien in Schweden ein weiterer Klassiker – der heutzutage leider häufig eher wegen „gendergerechter Sprache“ von sich reden macht: Astrid Lindgren veröffentlichte ihre „Pippi Langstrumpf“. Und die lese ich, ebenso wie „Pippi Langstrumpf geht an Bord“ und „Pippi in Taka-Tuka-Land“ weiter im Original. Wodurch ich weder zum Rassisten noch militant geworden bin, ebenso wenig habe ich ein Problem mit der Geschlechterrolle.

Will man eine nicht überarbeitete Ausgabe erwerben, greift man zur Sicherheit am besten gleich zur „Ur-Pippi“. Das Buch enthält das Original-Manuskript, das Astrid Lindgren 1944 dem Bonnier Verlag anbot und das damals abgelehnt wurde. Wer mehr rundherum um „Pippi Langstrumpf“ wissen und erfahren will, was bekannte Persönlichkeiten, Pippi-Freunde und -Kenner aus aller Welt über die „Heldin, Ikone, Freundin“ sagen, ist mit diesem aufwändigen Coffee Table Book bestens bedient.

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Samstag, 25. November: Geschenke-Alarm 29!

Von Helden und Straßenfegern

Jetzt ist es passiert, ich habe gestern den Geschenke-Alarm 30 Tage vor Heiligabend vergessen. Nun muss eben dieser Samstag, 25. November 2023, für den Geschenke-Alarm 29 herhalten. Passt ja auch gut, Samstag ist Einkaufstag.

Eine Allzweck-Geschenkewaffe aus dem Buchhandel will einer meiner Freunde gleich drei Mal verschenken: „Asterix 40 Die weisse Iris“ . Vermutlich wird er das gebundene Buch (macht als Geschenk mehr her!) statt der biegsamen Heftausgabe (die besser unter der Schulbank zu lesen ist!) wählen. Noch mehr gute Hinweise gibt es in den Online-Geschenktipps der BÜCHER-HEIMAT.

Dass sich dieser Asterix nach eher flauen Ausgaben wieder lohnt, betont auch Markus Weber in den Lesetipps der BÜCHER-HEIMAT. Und nachdem ich das Buch auf seinen Rat hin erworben habe, möchte ich ihm beipflichten. Meine Lieblingsstelle ist, wenn Majestix in höchster Erklärungsnot vor seiner Gutemine stammelt: „Erst gestern habe ich zu Methusalix gesagt: ,Mann, die Gutemine funkelt und schillert zurzeit! Verrückt, wie die funkelt und schillert‘“. Woran erinnert mich das???

Bleiben wir bei gezeichneten Helden. Heute vor 83 Jahren (1940) hatte Woody Woodpecker seinen ersten Auftritt in einem Zeichentrickfilm („Knock Knock“). Dabei war ihm nur eine Nebenrolle beschieden, aber sein trompetend-meckerndes Lachen offenbarte bereits im doppelten Sinn Star-Qualitäten. Wer dieses Lachen nicht mehr in den Ohren hat, kann es hier auffrischen: „Woody Woodpecker Best Laughs“ (ext. / Youtube, 2:49 min).

Rückblickend komme ich mit den vielen Zeichentrick- und Filmhelden meiner Jugend immer gern durcheinander. Der Disney-Konzern lässt seine Fans mit der Figurenflut nicht allein. “Disney: Who’s Who” ist das A bis Z der Disney-Figuren. Das offizielle Standardwerk listet alle Heldinnen und Helden aus den Disney-Filmen auf.

Weniger um Heldenfiguren als vielmehr um einen Mörder geht es im längstlaufenden Bühnenstück der Welt: Heute vor 71 Jahren (1952) hob sich der Vorhang im Ambassadors Theatre in London erstmals für die „Die Mausefalle“ (mp3-Hörbuch) von Agatha Christie.  Der Bühnenkrimi läuft seither täglich – mit Ausnahme einer gut ein Jahr währenden Unterbrechung während der COVID-19-Pandemie.

Francis Durbridge , heute vor 11 Jahren (1912) geboren, mag nicht das literarische Niveau von Agatha Christie erreichen, als Krimiautor allerdings war er ähnlich erfolgreich. In Deutschland wurde für Francis Durbridge – Alle deutschen Verfilmungen“ (DVD) in den 1960er bis 1980er Jahre der Begriff „Straßenfeger“ geprägt. Darunter Thriller wie „Melissa“ und „Das Halstuch“. Heute eher etwas für Nostalgiker.

Durbridge war 30 Jahre bei der BBC als Hörspielautor tätig und publizierte 35 Romane.  Seinen Durchbruch hatte er mit seinem fiktiven Kriminalschriftsteller und Hobbydetektiv Paul Temple. „Paul Temple – Die große Box“ (mp3-CD) enthält die Original-Radiofassungen mit René Deltgen und Annemarie Cordes, die uns einst vor den Rundfunkgeräten festnagelten.

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Freitag, 24. November: Ein Hoch auf Gummistiefel!

Well, well! Wohlfühlen in Wellies

Sprühregen sagt meine Wetter-App für diesen Freitag, 24. November 2023, voraus. Was prima passt, denn wir begehen heute den „Tag der Gummistiefel“.

Auf einem Bauernhof aufgewachsen, bin ich bei dem Thema in meinem Element. Die wasserdichten Treter sind einfach praktisch. Dass sie modisch nicht viel her machen, war mir schnurz. Lediglich die Tatsache, dass man in Gummistiefeln schlecht Fußball spielen kann, trübt den rosaroten Rückblick.

Google spielte 2019 ein Doodle zu Ehren der Gummistiefel aus (s.o.). Eine Referenz nicht an die Schuhe, sondern an den 5. Dezember 2015, der als regnerischster Tag der Geschichte Großbritanniens mit Niederschlagshöhen von 340 Millimetern bekannt geworden ist.

Die Briten sollen den Vorläufer der modernen Gummistiefel erfunden haben. Genauer gesagt Feldmarshall Arthur Wellesley, Duke of Wellington, der Napoleon bei Waterloo besiegte. Angeblich dank kniehoher, sogenannter Hessenstiefel, die seine Soldaten durch intensives Einfetten wasserdicht machten. Gummistiefel laufen in England noch heute unter „Wellies“ oder „Welli Boots“. Well, well!

Im großen Stil ist der Amerikaner Hiram Hutchinson 1853 die Gummistiefel-Produktion in Frankreich angegangen. Die Firma existiert bis heute und produziert noch immer hochwertige Gummistiefel für Beruf und Freizeit.

In dieser Freizeit könnte man, statt beseelt in Gummistiefeln durch Matsch zu waten, auch lesen. Es gibt erstaunlich viele Bücher, die das Schuhwerk im Titel tragen – wenngleich sie im Kern meist wenig damit zu tun haben. Zum Spiegel-Bestseller brachte es Moderatorin Bärbel Schäfer mit „Eine Herde Schafe, ein Paar Gummistiefel und ein anderer Blick aufs Leben“, in dem sie ihrem Namen Ehre zu machen versucht.

„Gerüchte über gelbe Gummistiefel“ verbreitet Angela Nora Broer in der Absicht, zu erklären, „warum der Ostfriese ist, wie er ist“. Eher Spannung verspricht dagegen Henning Mankells letzter Roman: „Die schwedischen Gummistiefel“. Kurzer Einschub für alle, die schon immer mal wissen wollten, was Gummistiefel auf Schwedisch heißt: Gummistövlar.

Ansonsten gelangte ich beim Stöbern im Online-Shop der BÜCHER-HEIMAT zu der Erkenntnis, dass Gummistiefeln keineswegs Bauern und Dorfkindern (wie einst mir) vorbehalten sind: „Engel tragen Gummistiefel“ steht dort direkt neben der „Göttin in Gummistiefeln“. Und „Die Gummistiefel-Prinzessin“ ist auch nicht fern. Vermutlich aus gutem Grund, denn „Das Glück trägt manchmal Gummistiefel“.

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Donnerstag, 23. November: Rekordserie

Der Tag des Doktors! Who?

Es hat nicht Klick gemacht beim Stöbern nach Themen für diesen Donnerstag, 23. November 2023. Folgerichtig fällt unser Kalenderblatt heute kurz aus – und passt sich so dem „lichten Tag“ an.

Anfang Dezember naht der Tag, an dem es erstmals in diesem Winter weniger als 8 Stunden hell sein wird. Heute haben wir den klaren Durchblick noch 8:26 Stunden. Für alle, die es genau wissen wollen: Die Sonne geht um 7.50 Uhr auf und um 16.16 Uhr unter. Hoffentlich behalte ich dennoch den Durchblick, der mir in jüngster Zeit gerade beim Tabellenstudium anhanden kam: Catherine Dickens ist am 22. Nobember 1879 nicht geboren worden, sondern gestorben. Ich danke Petra Nietsch für den aufmerksamen Hinweis.

Das passt zu dem mit Kälte nun auch gefühlt angekommenen Winter. Für Fans der Bauernregeln keine Überraschung. Heute ist der Tag des heiligen Clemens von Rom. Und da weiß jeder Bauernkalender: „Sankt Klemens uns den Winter bringt“.

Eine Zeitreise in den Sommer könnte mich locken – womit ich den Übergang zum zentralen Blog-Thema des Tages hinbekommen habe: Wir begehen heute den „Internationalen Doctor Who Tag” (International Doctor Who Day auch TARDIS Day). Ein Festtag für die Fans der britischen und dienstältesten Science-Fiction-Serie.

Heute vor 60 Jahren, am 23. November 1963, feierte die Serie „Doctor Who“ ihre TV-Premiere. Seither ist sie soetwas wie der VW Käfer der TV-Serien: … und läuft, und läuft, und läuft … Was auf der offizielle Website der BBC gefeiert wird. Wer die Quellenlage rund um die Kult-Serie studieren will, greift zu „Dr Who 4th Dr Sourcebk“ (engl.).

Bis 2017 gab es zwölf männliche Nachfolger des Doktors, die 13. Version der Figur verkörperte mit Jodie Whittaker dann erstmals eine Frau, aktuell ist als Nr. 14 (zum zweiten Mal) David Tennant unterwegs. Wer da nicht die Übersicht verlieren und strukturiert alle Folgen sehen will, greift zu “The Binge Watcher’s Guide Dr. Who A History of Dr. Who and the First Female Doctor”.

Nun müssen wir noch das Rätsel um „TARDIS“ lösen: So heißt das Raumschiff, mit dem der Doktor durch Raum und Zeit reist. Der Name ist ein Akronym für „Time and Relative Dimension in Space“. Auch optisch entspricht das Raumschiff keiner Ufo-Norm, es ist als britische Polizeinotrufzelle getarnt. Womit es im aktuellen Handy-Zeitalter eher auffallen dürfte.

Mittlerweile gibt es sogar ein Bilderbuch für die Fangemeinde: „Dr. Who – The Runaway Tardis“ (engl.). Und zum 50-Jährigen (2013) von „Dr. Who“ stellte die Serie einen weiteren Weltrekord auf. Zeitgleich und einmalig wurde der 3D-Jubiläums-Spielfilm „Der Tag des Doktors“ in 94 Ländern auf sechs Kontinenten gezeigt.

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Markus Weber über „Zwischen Welten“

Markus Weber über „Zwischen Welten“

Juli Zeh / Simon Urban:

Zwischen Welten

Schon in ihren vorhergehenden Romanen hat Julie Zeh hintersinnige Titel gefunden, was ihr auch mit dem neuen, Anfang 2023 erschienenen Roman „Zwischen Welten“ gelungen ist, den sie gemeinsam mit Simon Urban verfasst hat. Zwei Autoren (oder müsste ich Autor*innen schreiben?), das passt zur Form des Romans, der an die klassische Form des Briefromans anknüpft, aber sich heutiger Medien bedient.

Eine schwierige Ausgangsposition: Stefan und Theresa hatten zwanzig Jahre zuvor in Münster studiert und in einer Wohngemeinschaft gelebt, nach langen Jahren ohne Kontakt wurde ein zufälliges Treffen zum Desaster, doch nun nehmen sie erneut freundschaftlich Kontakt auf, ohne sich gegenseitig zu schonen. E-Mails und WhatsApp-Nachrichten gehen hin und her.

Der Ton wird immer wieder schärfer, wie häufig in den „sozialen“ Medien“. Völlig unterschiedliche Lebenswelten prallen aufeinander. Da ist der erfolgreiche Journalist in Hamburg, der sich an vorderster Front des Fortschritts wähnt, auf der einen Seite und die Chefin eines landwirtschaftlichen Betriebes in Brandenburg, um dessen Überleben sie kämpft, auf der anderen Seite.

Beide ringen in ihren Nachrichten um gegenseitiges Verständnis. In einigen Kritiken zum Roman wurde moniert, die Protagonisten seien nur Pappkameraden ohne Leben. Ich habe das nicht so erlebt. Ich habe mich angesichts der Auseinandersetzungen der beiden immer wieder gefragt, wie das Gespräch und die Beziehung weitergehen könnte – und ob es überhaupt weitergehen kann angesichts der Themen, um die gestritten wird: Klimakatastrophe, fake news, Verschwörungserzählungen, Diffamierung von Gegnern – über den Zustand der Welt insgesamt. Um all das also, worum es auch in den gesellschaftlichen Debatten geht, bei denen die unterschiedlichen Meinungen sich verfeinden und abkapseln, statt in Dialog miteinander zu treten.

Dagegen schreibt Theresa an: „Ich finde es großartig, dass wir gelernt haben, über empfindliche Themen zu sprechen, ohne uns digital anzuschreien.“ Und so hofft man bis zum Schluss, dass Stefan und Theresa dieser Dialog gelingt. Und natürlich, dass er uns allen gelingt.

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Juli Zeh / Simon Urban: „Zwischen Welten“, Luchterhand 2023, 448 Seiten, ISBN 978-3630877419, Preis 24,00 Euro.

Mittwoch, 22. November: Der Mythos Kennedy

„Ich bin ein Berliner“: John F. Kennedy in Berlin. Foto: Wikipedia, gemeinfrei

Als ein Attentat die Welt erschütterte

An diesem Mittwoch, 22. November 2023, schweifen sicher viele Gedanken 60 Jahre zurück. Am 22. November 1963 wurde US-Präsident John F. Kennedy Opfer eines Attentats. Die Welt verharrte in Schockstarre und Trauer.

Meine Erinnerungen als frischgebackener Abc-Schütze sind naturgemäß eher dürftig, mein Wissen basiert auf unzähligen Dokumentationen, die gerade zu diesem Jahrestag wieder im Fernsehen laufen. Tatsächlich in Erinnerung geblieben ist mir allein, wie erschüttert meine Eltern waren.

Kennedy galt als Lichtgestalt der Politik. Auch ein Mythos, der nach und nach aufgearbeitet wurde. Alan Posener beispielsweise porträtiert „John F. Kennedy“ in seiner ganzen Widersprüchlichkeit. Das Attentat selbst zeigte sich vom ersten Tag an als ideale Nährboden für Verschwörungstheorien.

In „Die Kennedy-Verschwörung“ spannt Dan Davis den ganz großen Bogen und mengt alles zusammen, was Verschwörungstheoretiker begeistert: „War es eine Freimaurer-Hinrichtung? Lebt Kennedys Sohn heute noch? Was wussten JFK und Marilyn Monroe über UFOs? Welche Rolle spielen Donald Trump und QAnon?“.

Da wende ich mich dann doch lieber besinnlichen Dingen zu: Nach dem „Tag ohne Musik“ gestern folgt der bundesweite „Tag der Hausmusik“ heute auf dem Fuß. Nicht zufällig, denn der 22. November ist auch der Namenstag der heiligen Cäcilia von Rom, Schutzheilige der (Kirchen-)Musik.

Lauter und öffentlicher als bei uns fällt das mexikanische Mariachi-Fest zu Ehren der heiligen Cäcilia aus, während der „Tag der Hausmusik“ in Deutschland „Menschen zum privaten Musizieren motivieren soll“. Die Lektüre dazu ist dürftig, aber wir haben das nahende Fest im Blick: „Am Weihnachtsbaume“ verspricht die „24 tollsten Weihnachtslieder zum Gucken, Hören und Mitsingen“.

Heute vor 66 Jahren (1957) sorgte der Sänger, Schauspieler, Bürgerrechtler und UNICEF-Botschafter Harry Belafonte für eine Sensation. Als erster Schwarzer eroberte er mit dem Weihnachtslied „Mary’s Boy Child“ für sieben Wochen den Spitzenplatz der britischen Hitparade. „My Song“ ist die Autobiografie Belafontes überschrieben, der in diesem Jahr im Alter von 96 Jahren verstarb.

Am 22. November 1869 kam André Gide zur Welt, der 1947 „für seine weit umfassende und künstlerisch bedeutungsvolle Verfasserschaft, in der Fragen und Verhältnisse der Menschheit mit unerschrockener Wahrheitsliebe und psychologischem Scharfsinn dargestellt werden“ den Literaturnobelpreis erhielt. Gide kämpfte gegen Puritanismus und verlogene Moral jener Zeit. Noch 1952 standen seine Klassiker wie „Der Immoralist“ und „Die Falschmünzer“ auf dem Index.

Hinter erfolgreichen Männern stehen starke Frauen – deren Werk dann bisweilen nicht die Beachtung erfährt, die es verdient. In diese Riege gehört die am 22. November 1879 geborene Catherine Dickens, Schauspielerin, Sachbuchautorin und ab 1836 Frau des Schriftstellers Charles Dickens und Mutter seiner zehn Kinder. 1851 veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Lady Maria Clutterbuck das erfolgreiche Haushaltsführungsbuch „What Shall we Have for Dinner? Satisfactorily Answered by Numerous Bills of Fare for from Two to Eighteen Persons” (engl. Faksimile Reprint). Was alles nichts daran änderte, dass sich das sich das Ehepaar schließlich 1858 trennte.

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Dienstag, 21. November: Glotze statt Radio?

Der Tag für ein kommunikatives „Hallo!“

Hallo! Dieser knappe Gruß gehört am heutigen Dienstag, 21. November 2023, quasi zum „Pflichtprogramm“. Zumindest für all jene, die ansonsten an ihren Mitmenschen grußlos vorbeimuffeln. Heute ist „Welt-Hallo-Tag“ (World Hello Day).

Der Hintergrund des Aktionstages ist allerdings ein ebenso ernster wie gerade wieder aktueller: Initiiert wurde der „Welt-Hallo-Tag“ vor 50 Jahren nach dem Jom-Kippur-Krieg zwischen Ägypten und Israel um zu zeigen, wie wichtig persönliche Kommunikation zur Wahrung des Friedens ist. Ein Thema, das auch den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels prägt: „Reden für den Frieden“ von Albert Schweitzer bis Margaret Atwood.

Heute sollte man gut über die Texte nachdenken können, denn geht es nach dem Konzeptkünstler Bill Drummond steht heute der „Tag ohne Musik“ (International No Music Day) an.  Als Musiker der Band The KLF, die Ende der 1980er etliche Hits landete, ging es Drummond allerdings nicht darum, der Musik den Garaus zu machen. Er war für bewusstes Hören.

Man kann den „Zauber der Stille“ aber auch nutzen, um in aller Ruhe Florian Illies Bestseller um „Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten“ zu lesen. Was mir gerade schwer fällt, den heute vor 48 Jahren (1975) veröffentlichte meine Lieblings-Band „Queen“ ihr Album „A Night at the Opera“. Mit dem Film „Bohemian Rhapsody“ (DVD) feierte das gleichnamige, von Freddie Mercury geschriebene Lied, seine x-te Nr.1-Chart-Platzierung

Für alle, die einen „Tag ohne Musik“ absolut nicht aushalten, hätten wir einen Sucht-Ersatzstoff parat: Heute ist auch „UNO-Welttag des Fernsehens“ (UNO World Television Day).  Wobei die UNO nicht dafür wirbt, sich 24 Stunden berieseln zu lassen. Gefördert werden soll der weltweite Austausch von Fernsehprogrammen, die sich unter anderem schwerpunktmäßig mit Fragen wie „Frieden und Förderung des Kulturaustauschs befassen“.

Man kann derweil aber auch die „Geschichte des deutschen Fernsehens“ studieren. Oder sich einem speziellen Segment des Mediums widmen: In „MTViva liebt dich!“ erzählt Markus Kavka „die elektrisierende Geschichte des deutschen Musikfernsehens“. Wem das alles zu viel ist, der stimmt vielleicht dem Kabarettisten Florian Schroeder zu. Der plädiert in „Schluss mit der Meinungsfreiheit!“ für „mehr Hirn und weniger Hysterie“.

Für den Nachwuchs spielt das Fernsehen derweil kaum noch eine Rolle. Es wird gestreamt oder gleich in Spielewelten abgetaucht. Heute vor 25 Jahren (1998) erschien „Ocarina of Time“, eine Folge der weltweit höchst erfolgreichen Nintendo-Videospielreihe „The Legend of Zelda“. Sollte dieser Hinweis im Wortsinn Appetit geweckt haben, empfehlen wir die magischen Rezepte zur Videogame-Saga: „Die legendäre Küche von Zelda“.

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Montag, 20. November: Sinfonische Sorge

Der „Fluch der Neunten“ am Zwanzigsten

Im Arbeitsleben stehend habe ich bisweilen unter dem Fluch des Montags gelitten. Das bleibt mir an diesem Montag, 20. November 2023, als Ruheständler erspart. An einem speziellen Fluch allerdings führt heute kaum ein Weg vorbei.

Nein, es geht nicht schon wieder um Tutanchamun oder irgendeinen seiner Pharao-Kollegen. Ein Fluch soll auch geniale Menschen treffen können, die mit ihrer Musik Menschen tief berühren können. Ludwig van Beethoven, Franz Schubert, Anton Bruckner, Antonín Dvořák, Kurt Atterberg, David Maslanka, Vincent Persichetti, Alfred Schnittke, Roger Sessions und Elie Siegmeister sind vor oder bei der Arbeit an ihren zehnten Sinfonien gestorben.

Den „Fluch der Neunten“ entwickelte daraus „Gustav Mahler“, dessen Ehefrau Alma Mahler-Werfel in der Biografie ein „authentisches und subjektiv-temperamentvolles Zeugnis des Genies und Menschen“ zeichnet. Heute vor 112 Jahren (1911) wurde ein halbes Jahr nach dem Tod des Komponisten „Das Lied von der Erde“ uraufgeführt.

Mahler hatte das Werk als „sinfonischen Liederzyklus“ bezeichnet, aus Angst, eine 9. Sinfonie könnte – wie bei seinen Vorbildern Ludwig van Beethoven und Anton Bruckner – seine letzte sein. Der so von Mahler propagierte „Fluch der Neunten“ geistert seither durch Literatur und Film. Beispielsweise in „Die verfluchte Neun” (The Curse of the Ninth/DVD) der erfolgreichen Inspector-Barnaby-TV-Serie nach den Romanen von Caroline Graham.

Ich bin kein Musical-Freund, aber es gibt zwei Ausnahmen: „Cats“ mag ich und „Cabaret“ liebe ich. Letzteres wurde heute vor 57 Jahren (1966) uraufgeführt. Die mit acht Oscars ausgezeichnete Verfilmung folgte 1972. Lesenswert sind aber gerade auch die autobiografischen Romane von Christoph Isherwood, auf denen „Cabaret“ basiert: „Mr. Norris steigt um“ (1935) und „Leb wohl, Berlin“ (1939).

Zum Finale gilt es heute, zwei Nobelpreisträgerinnen zum Geburtstag zu gratulieren. Vor 165 Jahren (1858) wurde Selma Lagerlöf geboren, deren Werke durchweg zur Weltliteratur zählen und die 1909 als erste Frau den Nobelpreis für Literatur erhielt.  „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ ist ohne Frage das bekannteste Buch Selma Lagerlöfs, aber in der Adventszeit lohnt sicher auch ein Blick in ihre „Geschichten zur Weihnacht“.

Vor genau 100 Jahren (1923) kam Nadine Gordimer zur Welt. Die südafrikanische Schriftstellerin erhielt den Nobelpreis „aufgrund der offenen und ironischen Art, mit der sie soziales Unrecht“ beispielsweise in ihrem Roman „Niemand der mit mir geht“  beschreibt. Die Apartheidpolitik und deren zerstörerische Folgen sowohl für die schwarze als auch für die weiße Bevölkerung waren Gordimers Thema, wobei sie sich zeitlebens doppelt ausgegrenzt fühlte: durch die Weißen aufgrund des Apartheidregimes, durch die Schwarzen wegen ihrer Hautfarbe.

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Petra Nietsch über „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“

Petra Nietsch über „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“

Pip Williams:

Die Sammlerin der verlorenen Wörter

The Dictionary of Lost Words

Dieses Buch habe ich gekauft, weil mich der englische Titel sofort neugierig gemacht hat. Und ich habe es nicht einen Moment lang bereut, denn es ist ein fantastisches Buch.

Der Roman spielt in Oxford in der Zeit zwischen 1886 und 1928. Im Mittelpunkt steht die Erstellung des ersten Oxford English Dictionary, vergleichbar mit dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm.

Vor diesem historischen Hintergrund erzählt Pip Williams eine Geschichte, in der sowohl reale Personen als auch fiktive Charaktere für die Handlung eine bedeutende Rolle spielen. Alleine diese Verknüpfung von Wahrheit und Fiktion ist hervorragend gelungen.

Esme, die Protagonistin, ist die Tochter eines der Lexikografen und wächst dementsprechend mit Wörtern und ihren Bedeutungen auf. Im Laufe der Zeit muss sie jedoch erkennen, dass nicht alle Wörter einen Eintrag in das Lexikon erhalten, denn dieses wird von gebildeten Männern erstellt und Umgangssprache, mündlicher Sprachgebrauch aber auch Wörter, die insbesondere Frauen betreffen werden, werden ausgeschlossen.

„Einige Wörter sind wichtiger als andere“, sagt Esme, „aber es hat eine lange Zeit gedauert, bis ich begriffen habe warum“. Diese Tatsache nimmt sie zum Anlass, mit Frauen vor allem aus den unteren sozialen Klassen zu sprechen und deren Wörter samt Beispielsatz aufzuschreiben. Damit legt sie den Grundstein für ihr Lexikon der verlorenen Wörter.

In dieser Zeit kommt sie auch mit der vielfach radikalen Bewegung der Suffragetten in Berührung, zögert aber sich dieser anzuschließen. Doch es gibt viele Wege für die Gleichberechtigung der Frauen einzutreten und dazu gehört auch der ihre.

Ich habe diesen Roman als sehr vielschichtig empfunden, denn die Arbeit an der Erstellung des Oxford English Dictionary schafft nur den Ausgangspunkt für viele andere Themen, über die es sich lohnt nachzudenken. Mein Buch des Jahres 2023. 

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Pip Williams: „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“,  Heyne Taschenbuch, 543 Seiten, ISBN 9783453428591, Preis: 13,00 Euro.