Freitag, 19. April: Strampeln im Rausch

Ein sehr besonderer Fahrradtag

Heute ist der 110. Tag des Jahres (ans Schaltjahr gedacht, das sitzt jetzt). Und dieser Freitag, 19. April 2024, steht zudem als „Fahrradtag“ (Bicycle Day) in den internationalen Aktionstag-Kalendern – was mit dem sportlichen oder gemütlichen Radeln allerdings nur am Rande zu tun hat.

„Ich konnte nur noch mit größter Anstrengung verständlich sprechen und bat meine Laborantin, die über den Selbstversuch orientiert war, mich nach Hause zu begleiten. Schon auf dem Heimweg mit dem Fahrrad nahm mein Zustand bedrohliche Formen an…“.

So beschrieb der Schweizer Chemiker Albert Hofmann am 19. April 1943 einen Selbstversuch. Genommen hatte er Lysergsäurediethylamid. Besser bekannt unter der Abkürzung LSD. In „LSD. Mein Sorgenkind“ beschrieb Hofmann die „Entdeckung einer ‚Wunderdroge’“. Ein Klassiker der Chemiegeschichte. Und seine Radtour avancierte in der Popkultur zum „Bicycle Day“.

Seine Uraufführung erlebte am 19. April 1941 eines der bekanntesten Dramen der Theaterwelt: Für Bertolt Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“ hob sich am Schauspielhaus Zürich erstmals der Vorhang. Den Stoff für sein „Episches Theaterstück“ hat Brecht adaptiert. Vorlage war der Schelmenroman „Trutz Simplex oder Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courage“ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Als sich die Familien im Nachkriegs-Deutschland noch vor dem Rundfunkempfänger zum Hörspiel versammelten, sorgte eine frühe Sendung für einen Skandal: „Träume“ ist ein Hörspiel-Zyklus von Günter Eich, der fünf Albträume erzählerisch miteinander verbindet – und nach der Erstausstrahlung am 19. April 1951 im NWDR vielen Hörern Albträume bereitete. Es kam zu massiven Protesten. Erstmals im Druck erschien der Zyklus 1953 bei Suhrkamp.

Die große weite Welt schaute am 19. April 1956 auf ein kleines Fürstentum und auf ein schillerndes Spektakel: Die amerikanische Top-Schauspielerin Grace Kelly heiratet in der Saint Nicolas-Kathedrale in Monaco Fürst Rainier III. von Monaco. Bis heute gehört Fürstin Gracia Patricia, die bereits 1982 bei einem Autounfall verstarb, zu den meistbewunderten Frauen der Geschichte.

„Grace Kelly“ beschreibt die „zauberhafte Welt der Stilikone“. Und es werden auch immer neue (bisweilen arg gewollte) Aspekte gesucht: „Grace Kelly und Diana Spencer“ beschreibt „Zwei Frauen. Zwei Leben. Ein Schicksal.“ Von der Heirat in Königs- oder Fürstenhäuser bis zu tragischen Autounfällen.



Freitag, 10. November: Gelbe Schulfreunde

Schulische Rettungsanker: Reclam und Königs

Die (meist) gelben Büchlein haben Millionen Schülerinnen und Schüler durch das Leben in deutschen Lehranstalten begleitet. An diesem Freitag, 20. November 2023, ist es 156 Jahre her, dass das erste Reclam-„Heft“ auf den Markt kam.

Die Premiere blieb selbstverständlich dem deutschen Klassiker schlechthin vorbehalten: „Faust. Der Tragödie erster Teil“, bis heute in der Reclam Universal-Bibliothek als „Textausgabe mit editorischer Notiz“ erhältlich. Der Leipziger Verleger Anton Philipp Reclam brachte am 10. November 1867 den ersten Reclam-Band heraus. Den Weg dazu hatte die Neuregelung des Urheberrechts durch den Deutschen Bund geebnet.

Das hohe Lied der Fortsetzungsromane in Tageszeitungen, die meine Mutter innig liebte, habe ich ja schon mehrfach gesungen. Heute vor 95 Jahren startete ein Musterbeispiel, das einer Zeitung sogar das Überleben sicherte. Am 10. November 1928 begann die Vossische Zeitung in Berlin mit dem Vorabdruck des Romans „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque. Die Auflage schoss in die Höhe, die Zeitung schaffte es aus den roten Zahlen.

Die Suche nach Remarques Klassiker im Online-Shop der BÜCHER-HEIMAT brachte mich in gewisser Weise zurück zum Thema „Reclam“ und in Erinnerungen an meine Schulzeit. Nicht wegen der Lektüre an sich, sondern weil dort auch „Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque – Textanalyse und Interpretation“ mit „Zusammenfassung, Inhaltsangabe, Szenenanalyse, Prüfungsaufgaben“ aus der Reihe „Königs Erläuterungen“ angeboten wird.

Die Werbung der Königs-Hefte begeistert mich bis heute: „Spare Zeit und verzichte auf lästige Recherche! In diesem Band findest du alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst – ohne das Werk komplett gelesen zu haben.“

Überhaupt nicht gelesen habe ich tatsächlich das Theaterstück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ von Bertolt Brecht. Die Parabel um die Machtergreifung und der Machtausbau Adolf Hitlers, transferiert in die Gangsterwelt, wurde heute vor 65 Jahren (1958) in Stuttgart uraufgeführt – 17 Jahre, nachdem Brecht das Stück im finnischen Exil vollendet hatte.

Natürlich kenne ich den Inhalt, habe eine Aufführung (im Jungen Theater Göttingen) gesehen. Dennoch überlege ich, das Buch nun zu lesen. Vor allem, weil ich fürchte, dass ein Satz Brechts aus dem Epilog ganz und gar nicht „von gestern“, sondern sehr aktuell ist: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“

Zum Finale noch einen fröhlichen Geburtstagsgruß an eine der besten deutschen Komikerinnen (und Schauspielerin, Moderatorin und Autorin): Cordula Stratmann wird heute 60 Jahre alt. Mich begeisterte sie schon als „Annemie Hülchrath“ in meiner langjährigen Lieblings-Fernsehsendung „Zimmer frei!“. Zusammen mit tollen Autoren wie Horst Evers und Dietmar Wischmeyer veröffentlichte sie Bahngeschichten unter dem großartigen Titel „Und sie bewegt sich doch!“. Da möchte man mit einem weiteren Stratmann-Titel ergänzen: „Danke für meine Aufmerksamkeit“ .

— Das will ich lesen! Alle Links im Text führen direkt zum Shop —



Montag, 5. Juni: König der Züge

Ein Luxuszug, ein Schnitzel und die Umwelt

Was für ein Wochenende! Perfektes Wetter, um den Harz zu genießen. Woran wir an diesem Montag, 5. Juni 2023, denke sollten, denn der Weltumwelttag (UNO World Environment Day) gemahnt, die Natur zu bewahren.

Ins Leben gerufen wurde der Weltumwelttag am 5. Juni 1972 zum Start des ersten UNO-Weltumweltgipfels in Stockholm. Er ist quasi Teil des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Das UNEP (United Nations Environment Program) fordert den schonenden Umgang mit der Umwelt als Grundlage einer nachhaltigen Entwicklung ein.

Die komplexen Zusammenhänge beispielsweise beim Klimawandel oder Artensterben machen es dabei nicht gerade einfacher, den Forderungen auch durch den eigenen Lebenswandel Rechnung zu tragen. Die Antworten auf für viele eher abwegige Fragen wie „Was hat dein Schnitzel mit dem Klimawandel zu tun?“ gibt es in Buchform: „Wieso? Weshalb? Warum? ProfiWissen, Band 26: Umweltschutz“.

Der „König der Züge“ feiert ein Jubiläum und wird dazu auch in einem opulenten Bildband gefeiert: „Der Orient-Express“ startete heute vor 140 Jahren (1883) am Pariser Ostbahnhof zu seiner Jungfernfahrt nach Warna am Schwarzen Meer. Den Rest der legendären Strecke nach Konstantinopel legte die Reisen damals noch mit dem Schiff zurück.

Wir verzichten an dieser Stelle ausnahmsweise mal auf Agatha Christie und DEN Klassiker in Sachen Orient-Express. Stattdessen empfehlen wir den Griff nach John Dos Passos Tagebuch einer Reise in ein Gebiet, das im Jahr 1921 schon einem politischen Pulverfass glich: „Orient-Express“.

Und für all jene, die mehr dem majestätischen Zug und seiner Geschichte direkt huldigen wollen, gibt es „Monsieur Orient-Express“. Das Buch erzählt, wie es dem Eisenbahnpionier Georges Nagelmackers gelang, Welten zu verbinden. Und mit dem „ÖPNV-Angebot“ letztlich auch Umweltschutz zu betreiben…

Heute vor 75 Jahren (1948) erlebte ein weltbekanntes Theaterstück seine Uraufführung am Schauspielhaus Zürich. Die Vorlage für „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ fand Bertolt Brecht in Finnland in der Erzählung „Die Sägemehlprinzessin“ (Sahanpuruprinsessa) der finnischen Dichterin Hella Wuolijoki.

Ein Jahr jünger als der „Herr Puntila“ ist der britische Bestsellerautor Ken Follett, der am 5. Juni 1949 zur Welt kam. In Richtung Weltruhm startete der Autor mit dem Roman „Die Nadel“ durch, der in 30 Sprachen übersetzt wurde, sich gut zwölf Millionen Mal verkaufte und mit Donald Sutherland in der Hauptrolle verfilmt wurde. Ich persönlich allerdings halte „Die Säulen der Erde“  für Folletts stärkstes Buch.

— Das will ich lesen! Alle Links im Text führen direkt zum Shop —



Markus Weber über das Buch „Lotte Lenya und Bertolt Brecht“

Markus Weber über das Buch „Lotte Lenya und Bertolt Brecht“

Jürgen Hillesheim:

Lotte Lenya und Bertolt Brecht

Der Leiter der Brecht-Forschungsstelle in Augsburg, Jürgen Hillesheim, hat eine interessante und gut lesbare Doppelbiografie zweier einzigartiger Persönlichkeiten des Kulturlebens im 20. Jahrhundert vorgelegt. Der Autor verfolgt deren Lebensweg von ihrer Kindheit in Wien bzw. Augsburg bis zu ihrem Tod. Immer wieder begegnen sich beide im Laufe ihres Künstlerlebens, das einerseits von Konkurrenz geprägt ist, doch andererseits ist der Erfolg beider voneinander abhängig: „Nichts repräsentiert … die ‚Goldenen Zwanziger Jahre‘ besser und eindringlicher als diese Zusammenarbeit; trotz aller Bitterkeit, die sie von Anfang an bestimmte,“ schreibt Hillesheim resümierend.

Wir lernen beide in ihren privaten Umfeldern in einer Zeit des Wandels kennen, teils – wie bei Lotte Lenya – geprägt durch Armut und Gewalt in der Kindheit. Auch zahlreiche Liebschaften beider durchziehen deren Biografien. Und wir können das Leben über den Erfolg in der Weimarer Republik, die schwierigen und bedrohlichen Zeiten des Exils während der nationalsozialistischen Diktatur bis in die Nachkriegszeit verfolgen: Lotte Lenya, die sich für ein Leben in den USA entscheidet und Erfolge feiert, und Bert Brecht, der in der DDR sein eigenes Theater aufbauen kann. Gleichzeitig begegnen wir vielen weiteren bedeutenden Persönlichkeiten, die das Leben der beiden gekreuzt haben.

Die Widersprüchlichkeit der Protagonisten wird keineswegs ausgespart. So ließ die SED am Grab von Bert Brecht, der trotz seines zeitweise opportunistischen Verhaltens gegenüber der Politik zeitlebens seine pazifistische Grundhaltung bewahrt hat, Soldaten der Nationalen Volksarmee Spalier stehen – wie immer Brecht darüber gedacht hätte.

Wer spannende Entwicklungen im Kulturleben des 20. Jahrhunderts erlesen möchte, kann mit Gewinn zu diesem Buch greifen.

— Das will ich lesen! Alle Links im Text führen direkt zum Shop —

Jürgen Hillesheim: „Lotte Lenya und Bertolt Brecht. Das wilde Leben zweier Aufsteiger“, Verlag: wbg Theiss 2022, ISBN 978-3806245356, 304 Seiten, Preis: 25,00 Euro.