Petra Nietsch über „The Maid“

Petra Nietsch über „The Maid“

Nita Prose: The Maid – Ein Zimmermädchen ermittelt

Zu Beginn war ich mir nicht sicher, ob mir dieses Buch gefallen würde, aber dann  habe ich es mit großer Begeisterung gelesen.

Molly ist Zimmermädchen in einem Nobelhotel und ihr ganzer Stolz ist ihre Arbeit. Sie liebt es, aufzuräumen und zu putzen. Sie ist glücklich, wenn alles sauber ist und glänzt. Sie ist höflich, fleißig, pflichtbewusst, bescheiden und vertrauenswürdig, aber sie hat keine Freunde, denn sie ist anders. Und eines Tages gerät ihre Welt aus den Fugen…

Dieser Roman ist weit mehr als ein „liebenswert-humorvoller Krimi“, wie  vom Droemer-Verlag angekündigt, denn er handelt auch von Menschen, die anders sind, und davon, wie die Gesellschaft mit ihnen umgeht. Die Entscheidung der Autorin, die Geschichte aus der Sicht der Protagonistin Molly zu erzählen, war richtig, denn dadurch lernen wir sie als Leserinnen und Leser mit all ihren Eigenarten sehr gut kennen und lieben.

Obwohl dies der Debüt-Roman von Nita Prose ist, hat Universal Pictures die Filmrechte bereits vor seiner Veröffentlichung gekauft.

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Nita Prose: „The Maid – Ein Zimmermädchen ermittelt“, Droemer HC, 368 Seiten, ISBN 9783426283844, Preis: 16,00 Euro.


Petra Nietsch über „Die unbekannte Jägerin“

Petra Nietsch über „Die unbekannte Jägerin“

Kate Quinn:

Die unbekannte Jägerin

The Huntress

Das spannendste Buch, das ich seit Jahren gelesen habe!

Drei Geschichten erzählt auf unterschiedlichen Zeitleisten werden im Laufe des Romans geschickt miteinander verknüpft. Da ist zum einen die furchtlose Nina, die als russische Pilotin mit ihrer Flugstaffel, den Nachthexen, während des 2. Weltkriegs Bomben auf deutsche Stellungen abwirft. Dann ist da Ian, der ehemalige Kriegsreporter, der es sich zur Aufgabe gemacht hat,  untergetauchte Nazi-Kriegsverbrecher aufzuspüren und vor Gericht zu bringen. Und schließlich die 17-jährige Jordan, die voller Begeisterung fotografiert und entgegen der Vorstellung ihres Vaters gerne ihr Hobby zum Beruf machen möchte. Alle verfolgen am Ende das gleiche Ziel: sie wollen „die Jägerin“ finden, die während des Krieges kaltblütig Menschen ermordet hat und sich eine neue Identität in den USA geschaffen hat.

Kate Quinn hat für ihren Roman äußerst gründlich recherchiert. Die Handlung ebenso wie die zentralen Charaktere sind von ihr auf der Grundlage historischer Fakten und Personen entwickelt worden. Geschickt gibt sie immer wieder kleine Hinweise, die aufmerksame  Leserinnen und Leser an der Spurensuche teilhaben lassen.

Neben den mir in Teilen bislang unbekannten historischen Fakten und der bis zum Schluss fesselnden Handlung hat mich die Symbolik und Metaphorik, die sie in ihrer Sprache verwendet, sehr beeindruckt. 

Es fiel mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

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Kate Quinn: „Die unbekannte Jägerin“, List Paul Verlag, 636 Seiten, ISBN 9783471360057, Preis: 16,00 Euro.


Petra Nietsch über „Der Verdächtige“

Petra Nietsch über „Der Verdächtige“

John Grisham:

Der Verdächtige

The Judge’s List

Acht ungeklärte Morde in sieben verschiedenen Bundesstaaten innerhalb der letzten 23 Jahre und niemand kommt auf die Idee, dass es sich um einen Serienmörder handeln könnte. Nur Jeri Crosby, deren Vater das zweite Opfer war und die davon besessen ist, den  Mörder zu finden und ihn zur Rechenschaft zu ziehen, findet nach jahrelangen, gründlichen Recherchen heraus, dass Motiv und Methode immer gleich sind.

Sie identifiziert den Täter als einen erfolgreichen Bezirksrichter mit tadellosem Ruf. Trotz ihrer ständigen Angst von ihm entdeckt zu werden, vertraut sie sich schließlich einer staatlichen Behörde an, die erste Untersuchungen einleitet.

Im gleichen Moment wird der mordende Richter als handelnde Person im Roman eingeführt, und wir als Leserinnen und Leser sind den Ermittlern immer einen Schritt voraus, da Richter Bannick uns an seinen Gedanken und Taten teilhaben lässt. Und so stellt sich immer wieder die Frage: Ist er wirklich so brillant, dass ihm nichts nachzuweisen ist?

Dieser Kriminalroman bleibt spannend bis zum Schluss.

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John Grisham: „Der Verdächtige“, Heyne, 411 Seiten, ISBN 9783453273160, Preis: 24,00 Euro.


Petra Nietsch über „Eine Frage der Chemie“

Petra Nietsch über „Eine Frage der Chemie“

Bonnie Garmus:

Eine Frage der Chemie

Lessons in Chemistry

Elisabeth Zott ist alles, was Frauen Ende der 1950er/Anfang der 1960er nicht sein dürfen: intelligent, unabhängig, eigensinnig, berufstätig und alleinerziehend.

Diese Tatsache macht ihr Leben nicht einfach in einer von Männern dominierten Welt. Sie erfährt u.a. Sexismus, Diskriminierung und sogar den Diebstahl ihrer wissenschaftlichen Forschungsergebnisse.

Aber sie lässt sich nicht verbiegen und als sie auch noch ihre Stelle als Chemikerin verliert, nimmt sie das Angebot an, eine Kochshow zu moderieren. Aber auch hier setzt sie sich zum Ärger ihrer Vorgesetzten über alle Konventionen hinweg. Die Sendung wird zum Erfolg, denn sie nutzt diese, um ihrem weiblichen Publikum zu zeigen, was Frauen  wirklich leisten können.

Trotz der scheinbar schwierigen Thematik ist das Buch witzig und amüsant geschrieben. Die unendlichen Diskussionen die Elisabeth Zott mit ihren unterschiedlichen Arbeitgebern, ihrem Partner, ihrer Tochter und anderen in ihrer Rolle gefangenen Frauen führt, haben mich immer wieder schmunzeln lassen.

Dieser Roman ist ein „Must-Read“.

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Bonnie Garmus: „Eine Frage der Chemie“, Piper, 464 Seiten, ISBN 9783492071093, Preis: 22,00 Euro.

Eine Zweitmeinung zu Bonnie Garmus Bestseller ist gefragt? Auch Bettina Luis hat das Buch in den BÜCHER-HEIMAT-Lesetipps besprochen.


Petra Nietsch über „Der Salzpfad“

Petra Nietsch über „Der Salzpfad“

Raynor Winn:

Der Salzpfad

The Saltpath

Ray und ihr Mann verlieren auf Grund falscher Entscheidungen Haus und Hof und somit ihre gesamte Existenz. Und dann wird bei Moss auch noch eine unheilbare Nervenkrankheit diagnostiziert, die nach und nach seine motorischen und geistigen Fähigkeiten einschränken werden. In dieser scheinbar aussichtslosen Situation beschließen die beiden auf dem 630 Meilen langen South West Coast Path zu wandern.

Nahezu mittellos und nur mit Rucksack und Zelt starten die beiden in eine ungewisse Reise. Diese wahre Geschichte erzählt von Verzweiflung und Hoffnung, von Ablehnung und Ermunterung, von Entbehrungen und außergewöhnlichen Erlebnissen. All diese Erfahrungen führen am Ende dazu, dass sich für Ray und Moss der Blick auf das eigene Leben verändert und sie wieder voller Zuversicht nach vorne schauen können.

Durch die ausführliche Beschreibung des Weges entlang der englischen Küste mit all seinen Naturschönheiten, erfüllt dies Buch nebenbei auch die Funktion eines Reiseführers, vielleicht ein Grund dafür, warum es im DuMont-Verlag erschienen ist.

Allein schon der wundervoll illustrierte Buchdeckel fordert auf, dieses Buch zu lesen.

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Raynor Winn: „Der Salzpfad“, Dumont Reise Vlg GmbH + C, 336 Seiten, ISBN 9783770166886, Preis: 16,95 Euro.


Mit dem Kühlschrank durch Irland

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Tony Hawks:

Mit dem Kühlschrank durch Irland

Round Ireland with a Fridge

Aus einer Bierlaune heraus entsteht eine völlig verrückte Wette. Ist es möglich mit einem Kühlschrank rund um Irland zu trampen? Tony Hawks, britischer Schriftsteller und Comedian, nimmt diese Herausforderung an und startet seine Reise mit mehr Zweifeln als Zuversicht. Zu seiner großen Überraschung wird es jedoch ein wundervolles Abenteuer, denn sein ungewöhnlicher Reisebegleiter ermöglicht ihm ganz besondere Begegnungen und unzählige Erlebnisse mit der irischen Bevölkerung, welche er mehr und mehr ins Herz schließt.

Tony Hawks ist ein sehr guter Beobachter, der Alltägliches witzig und sprachgewandt kommentiert, so dass ich beim Lesen mehrfach laut loslachen musste. Nicht nur Irland-Reisende werden dieses Buch lieben.

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Tony Hawks: „Mit em Kühlschrank durch Irland“ (OT: Round Ireland with a Fridge), Goldmann Taschenbücher, 384 Seiten, ISBN 9783442446414, Preis: 10,00 Euro.


Der Zauberer

Der Zauberer

Der Zauberer

Colm Tóibín:

Der Zauberer

The Magician

Ein irischer Schriftsteller schreibt eine Romanbiografie über Thomas Mann. Diese Tatsache alleine macht schon neugierig. Aus Sicht des Nobelpreisträgers erzählt Tóibín das bewegte Leben Thomas Manns und seiner Familie. Vieles ist bekannt, aber vieles auch neu, so z.B. Manns politische Positionen während der beiden Weltkriege oder sein oftmals ambivalentes Verhältnis zu seinen Kindern und seinem Bruder Heinrich.

Beeindruckt haben mich die Beschreibungen, auf welcher Grundlage bzw. aus welchen Ideen seine vielen Erzählungen und Romane entstanden sind. Die Literaturkritiker sind zwar geteilter Meinung, mir hat das Buch jedoch sehr gut gefallen, und es hat mir Lust gemacht, Manns Erzählungen aus dem Bücherschrank zu holen und darin mal wieder zu stöbern.

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Colm Tóibín: The Magician/Der Zauberer, Hanser-Verlag, 556 Seiten, ISBN 9783446270893, Preis: 28,00 Euro.


Das Versprechen

Das Versprechen

Damon Galgut:

The Promise/Das Versprechen

Gewinner des Booker-Prize 2021

Wie so oft bei preisgekrönten Bücher handelt es sich auch hier um einen Roman, der nicht leicht zu lesen ist, aber viel bietet, insbesondere für alle diejenigen, die sich für Südafrika interessieren und Freude an ungewöhnlichen Erzähltechniken haben.

Die Handlung erstreckt sich über 40 Jahre von der Apartheid bis in die heutige Zeit und macht am Beispiel einer weißen Farmer-Familie (mit dem symbolhaften Namen Swart) deutlich, wie schwer es vor allem der ehemals herrschenden Bevölkerung fällt, sich den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. Sinnbildlich dafür steht auch das Versprechen, das die Matriarchin Rachel vor ihrem Tod ihrem Mann abgenommen hat: Salomé, die schwarze Haushälterin, soll das Haus und das Land, auf dem sie lebt, als Eigentum erhalten. Doch sie muss lange Zeit warten, denn dieses Versprechen wird erst am Ende der Romans von der jüngsten Tochter, Amor, eingelöst.

Damon Galgut wählt einen nicht alltäglichen, aber sehr erfolgreichen Erzählstil. Indem er  ständig und auch überraschend die narrative Perspektive wechselt und sogar den Leser/die Leserin immer mal wieder direkt anspricht. Auch wenn die Grundstimmung insgesamt recht düster ist, finden sich auch humorvolle Passagen, die einen schmunzeln lassen.

Fazit: Das Buch hat mir wegen seines hohen literarischen Wertes und der historischen Relevanz gefallen, ich würde es aber nicht als Strandlektüre empfehlen.

Damon Galgut: „Das Versprechen“ (OT: „The Promise), Luchterhand Literaturverlag, 368 Seiten, ISBN: 978-3-630-87707-5, Preis: 24,00 Euro.


Während die Welt schlief

Während die Welt schlief

Susan Abulhawa:

Mornings in Jenin | Während die Welt schlief

Die fiktive Geschichte der Familie Abulheja erstreckt sich über vier Generationen und steht beispielhaft für viele menschliche Schicksale im Nahost-Konflikt. Mit der Staatsgründung Israels 1948 werden die Bewohner des Dorfes Ein Hod von ihren Grundstücken vertrieben und in das Flüchtlingslager in Jenin umgesiedelt, welches bis zum heutigen Tage noch existiert. Hier wird 1955 auch Amal, die Enkeltochter des Familienoberhauptes, geboren. Sie ist der zentrale Charakter, aus deren Perspektive der überwiegende Teil des Romans erzählt wird. Durch sie erfahren wir nicht nur von ihrem Leben, das sie vom Flüchtlingslager in ein Waisenhaus in Jerusalem und später auch nach Amerika führt, sondern  auch vom Leben ihrer beiden Brüder. Dabei sind die im Laufe der Jahre immer wieder auftretenden Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina stets präsent.

Mir hat der Roman vor allem deshalb gefallen, weil der Nahost-Konflikt aus der Perspektive der Palästinenser dargestellt wird, was bei mir zu vielen neuen Erkenntnissen geführt hat. Eine seiner Stärken ist neben der Sprache, die sich vielfach der arabischen Poesie bedient, die Mischung aus Fiktion und Dokumentation.

Die Sunday Times sagt sehr treffend:  “Mornings in Jenin is the first English language novel to express fully the human dimension of the Palestinian tragedy.”  

Susan Abulhawa: „Während die Welt schlief“ (OT: „Mornings in Jenin“), Diana Verlag (OT: Bloomsbury Publishing), 448 Seiten, ISBN 978-3-453-35662-7, Preis: 11,00 Euro


Zwei alte Frauen

Zwei alte Frauen

Velma Wallis: Two Old Women

Zwei alte Frauen

Velma Wallis schreibt in diesem Büchlein eine Legende nieder, die bislang von ihrem in Alaska beheimateten Stamm ausschließlich mündlich weitergegeben wurde. Die Gwich’in sind ein Nomadenvolk und während eines besonders harten Winters können sie kaum noch Nahrung finden. Es droht die  Gefahr, dass sie alle verhungern. Den Stammesgesetzen entsprechend entschließen sie sich, die beiden ältesten, sehr betagten Frauen in der Wildnis zurückzulassen, da sie nur noch eine Bürde sind. Nach dem ersten Schrecken entscheiden die beiden, sich nicht ihrem Schicksal zu ergeben und besinnen sich auf Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie seit ihrer Jugend gelernt haben…

Die Geschichte ist geradlinig und fesselnd erzählt. Durch die detailgetreuen Naturbeschreibungen wird eine Landschaft lebendig, die sich viele von uns in ihrer Schönheit aber auch Grausamkeit nicht vorstellen können. Legenden und Sagen vermitteln auch immer eine Botschaft. In diesem Fall geht es um Gemeinschaft, Respekt, aber auch soziale Verantwortung. Themen, die auch in unserer modernen Zeit eine Bedeutung haben.

Velma Wallis: „Zwei alte Frauen“ (OT: „Two Old Women“), Verlag Piper Taschenbuch, 128 Seiten, ISBN 978-3492240345, Preis: 10,00 Euro.