Lesung des Jugendliteraturpreisträgers

Dirk Reinhardt liest aus „Perfect Storm“

Das „Eselsohr“, mit 1500 Euro dotierte Jugendliteraturpreis der Stadt Bad Harzburg, geht an Dirk Reinhardt für seinen Thriller „Perfect Storm“.  Damit legt Reinhardt die Form des Briefromans neu aus: Große Abschnitte lesen sich wie Posts in einem Chat-Programm. Aus gutem Grund: „Perfect Storm“ handelt von einer Gruppe junger Hacker.

Als Jugendbuchautor sieht es der promovierte Historiker und freischaffende Journalist und Texter Dirk Reinhardt als seine Aufgabe an, „junge Menschen für die Literatur und das Lesen zu begeistern“, indem er zum einen spannende und witzige Geschichten erzählt, in denen Jugendliche sich wiederfinden und zum anderen, „Einsichten vermittelt, Denkprozesse anregt, Dinge aus ungewohnten Perspektiven zeigt oder auf Probleme hinweist“.

Donnerstag, 06. Oktober 2022, 19.00 Uhr, BÜCHER-HEIMAT
Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten
Anmeldung in der BÜCHER-HEIMAT,
Telefon  (05322) 9059599 | Mail: info@die-buecherheimat.de

Hans Georg Ruhe über „Die Nacht unterm Schnee“

Hans Georg Ruhe über „Die Nacht unterm Schnee“

Ralf Rothmann:

Die Nacht unterm Schnee

Rothmann schließt mit „Die Nacht unterm Schnee“ seine Trilogie der Kriegs- und Nachkriegszeit ab. Er erzählt die Geschichten verwundeter Menschen, die mit dem Gräuel des Krieges weiterleben (müssen). Die Protagonistin dieses letzten Buches ist Elisabeth, die mit Walter zusammenlebt. Beide sind schwer gezeichnet vom Krieg und von der Nachkriegszeit. Sie leben ihr Leben im Schweigen voreinander weiter. Das, was ihnen begegnet ist, können sie nicht in Sprache fassen.

Elisabeth wurde von Russen vergewaltigt und von Russen gerettet. Danach irrt sie durch die begrenzte Welt, offenbar immer auf der Suche nach einem glücklicheren Leben. Die Gewalt, die ohne Grund über sie gekommen ist, hat ihr Vertrauen in das Leben zerstört.

Das Buch arbeitet mit mehreren Ebenen und Rückblenden, führt zärtlich an die Akteure heran. Trauma und Posttrauma kommen sehr nahe.

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Ralf Rothmann: „Die Nacht unterm Schnee“, Suhrkamp, 304 Seiten, ISBN 9783518430859, Preis: 24,00 Euro.


Samstag, 24. September: Auf in die Pilze!

Erfahrungen, Urlaubsfreundschaften und Pilze

Erfahrungen sammelt man wie Pilze: Einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.“ Warum ich an diesem Samstag, 24. September 2022, mit diesem Zitat von Erskine Caldwell beginne? Heute ist der Europäischen Pilztag (ext.).

Wem beim Verzehr selbstgesammelter Pilze ebenfalls ein ungutes Gefühl beschleicht, der sollte „Die Pilze Deutschlands“ studieren. Das Buch liefert „umfassende Beschreibung, Vorkommen und Verwendung der wichtigsten Arten“. Danach ist „Pilze finden“ kein Problem, vor allem nach einem „Blitzkurs für Einsteiger“. Andererseits kann man es sich auch einfacher machen und „Pilze selbst anbauen“. Das „Praxisbuch für Biogarten, Balkon, Küche, Keller“ erklärt, wie es geht.

Den Europäischen Pilztag hat die Deutsche Karin Montag im Jahr 2016 ins Leben gerufen. Sie ist Herausgeberin der pilzkundlichen Zeitschrift „Der Tintiling“ und definiert auch die Ziele des Aktionstages.  Der soll zur Steigerung der Bekanntheit von Pilzen als wichtiger Bestandteil des Ökosystems ebenso beitragen wie zur Vertiefung der Kenntnisse hauptsächlich bei Kindern und Jugendlichen. Außerdem bildet der Schutz der Habitate bedrohter Pilzarten einen Schwerpunkt.

Wer das alles studiert hat und damit nach Suchen und Finden oder Anbauen auch ein leckeres Finale folgen kann, greift man am besten zu „Kulinarische Pilzkunde“. Einerlei, für welches Rezept man sich entscheidet, eine Grundregel sollte man sich in jedem Fall merken. Und die hat Regisseur Bernhard Wicki in ein schönes Zitat verpackt: „Urlaubsfreundschaften und Pilzgerichte soll man nicht aufwärmen.“

Bevor wir weiter „in die Pilze gehen“, sollten wir uns dem heutigen Datum literarisch nähern, denn da hat es einiges zu bieten. Am 24. September 1959 veröffentlichte Günter Grass den Roman „Die Blechtrommel“, der maßgeblich dazu beitrug, dass Grass 1999 den Nobelpreis für Literatur für sein Lebenswerk erhielt. Begründung der Jury: Er habe „in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet“.

Das Licht der Welt erblickte am 24. September 1717 Horace Walpole, der sowohl als Begründer der Gothic Novel (Horrorgeschichte) als auch des englischen Landschaftsgartens gilt. So sind seine berühmtesten Werke zu sehen: Die Schauergeschichte „Das Schloss von Otranto“ und das Buch „Über die englische Gartenkunst“.

Am 24. September 1896 kam F. Scott Fitzgerald zur Welt, der im Alter von nur 44 Jahren in der Überzeugung starb, sein Lebensziel verfehlt zu haben, sich als bedeutender Autor seiner Zeit zu beweisen. Wenig später wurde er wiederentdeckt und wird seither mit Werken wie „Der große Gatsby“ und „Zärtlich ist die Nacht“ zu den wesentlichen US-amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts gezählt.

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Freitag, 23. September: Licht aus!


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Hochgeklappte Bürgersteige hell beleuchtet

Wir sind an diesem Freitag, 23. September 2022, um 03.03 Uhr MEZ im (kalendarischen / astronomischen) Herbst angekommen. Es ist der Tag des Herbstäquinoktiums (Tagundnachtgleiche).

Es wird immer früher dunkel und dazu wiederum passt, dass wir heute vor der „Earth Night“ (ext.) stehen. Bei der Umweltschutz-Aktion sind die Menschen aufgerufen, ab spätestens 22 Uhr (Ortszeit) für den gesamten Rest der Nacht Kunstlicht auszuschalten.  Das Motto der Earth Night lautet: „Licht aus! Für eine ganze Nacht“.

Die Aktion würde gut in den „Survivalguide für unseren Planeten“ „Earth for All“ passen. Es handelt sich dabei um den neuen Bericht an den Club of Rome, der vor 50 Jahre mit dem Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ die Fortschrittsgläubigkeit der Welt erschütterte und vor der drohenden Überlastung unseres Planeten eindringlich warnte.

So richtig in der Fläche angekommen scheint dies alles aber nicht zu sein. An der Earth-Night beteiligen sich in Deutschland zwar annähernd 100 Städte, den Harz aber sucht man vergebens. Gehässigen Sprüchen nach werden zwar in vielen Orten des nördlichsten Mittelgebirges früh die Bürgersteige hochgeklappt – die Öde dann aber von der Straßenbeleuchtung die ganze Nacht hell angestrahlt.

Im Grunde wäre ja jetzt die ideale Situation, um mit dem Abschalten in den Umweltschutz einzusteigen und damit auch noch explodierende Energiekosten im Zaum zu halten. So sollte man gerade in St. Andreasberg überlegen, die Sternwarte (ext.) im Sinne einer „Liebeserklärung an den Nachthimmel“ wie in Sigri Sandbergs „Dunkelheit“ viel mehr werblich zu nutzen. Da sind dem Harz die vielbesuchten Sternenparks Rhön, Westhavelland und Nationalpark Eifel weit voraus. Und selbst auf der berühmten Winklmoos-Alm strahlt nachts wenn überhaupt Rosis Gold…

Wer den Herbst lieber farbenfroh mag, kann zum einen den Indian Summer im WeltWald Harz (ext.) bei Bad Grund genießen. Oder, wenn das Wetter draußen doch mal zu herbstlich-neblig-nass ist, mit den Kindern/Enkeln im Pappbilderbuch „Herbst“ von Maria Ott-Heidmann blättern. In dem Zyklus farbenfroher Jahreszeitenbilder gibt es vieles zu entdecken.

Neblige Abende, dass passt natürlich auch perfekt zu Krimiabenden im Lesesessel am Kaminfeuer. Und wer sich da mit einem Mord nicht zufrieden geben mag, greift zum Krimi-Sammelband 5008  „5 Morde im Herbst“.

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Gemeinsam Spaß am Weltkindertag

Gemeinsam Spaß am Weltkindertag

Gemeinsam ist man stärker und gemeinsam macht Vieles auch viel mehr Spaß: Diese Erfahrungen konnten am Dienstag gut drei Dutzend Kinder aus Bad Harzburg auf Einladung des ehrenamtlichen Teams der BÜCHER-HEIMAT machen.  Zum Weltkindertag hatte die Mitmach-Buchhandlung zu Bilderbuchkino und Bastelrunde eingeladen.

Sofie Peters, Sabine Schulz, Anne Wieczorek, Christine Weber und Mika Beckmann hatten in der ehemaligen Commerzbank Kino-Atmosphäre geschaffen und erzählten unter anderem Kindern aus der Kita Schlewecke und der Kita Burgstraße die Geschichte „Gemeinsam sind sie stark“ aus der „Drei-Freunde-Reihe“ von Nicholas Oldland. Dabei müssen Elch, Biber und Bär bei ihrer Kanutour erst ein unfreiwilliges Bad nehmen, ehe sie lernen, dass man miteinander weiterkommt, als wenn jeder „am Ruder sitzen“ will.

Passend zur Bootsfahrt der drei tierischen Freunde war dann auch das Thema der anschließenden Bastelrunde ausgewählt worden. Mit Feuereifer waren die Kinder bei der Sache, als Schiffe gefaltet werden konnten. Da dürfte am Abend in mancher Badewanne ein Stapellauf angestanden haben…

Im Nähwahn zu Bequemlichkeit

Im Nähwahn zu Bequemlichkeit
Die kostenfreien Lesungen und Vorträge bequem auf „literarischen“ Kissen genießen können jetzt die Freudinnen und Freunde der BÜCHER-HEIMAT. Sofie Peters und Christine Weber aus dem Team der Ehrenamtlichen der Mitmach-Buchhandlung sind nach eigenem Bekunden vom „Nähwahn“ befallen wurden. So standen zur Lesung von Markus Weber über Rudolf Huch erstmals die Sitzkissen zur Verfügung und wurden in den vollbesetzten Reihen sehr gewürdigt. Die Materialkosten für die bunten Bücher-Kissen hat die Bad Harzburg-Stiftung übernommen.

Donnerstag, 22. September: Die letzten 100 Tage

Die „Meisterin der Liebesschnulze“

Heute ist Donnerstag, 22. September 2022. Wir sind am 265 Tag des Jahres angekommen und können nun das Maßband rausholen, um die letzten 100 Tage bis 2023 einzeln abzutrennen.

Falls Sie auch noch nichts vom Internationalen Autofreien Tag (World Car Free Day) gehört haben, geht es Ihnen wie mir. Obwohl der Tag seit den 1980er-Jahren jeweils am 22. September begangen wird. Seit 2002 im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche vom 16. bis zum 22. September. Es geht sozusagen um die „Verkehrswende 2.0 – Was uns in Zukunft bewegen wird“.

Laut deren Website nehmen fast 3000 Kommunen in Europa an dem Aktionstag teil. Eine Harzer Stadt habe ich nicht entdecken können (oder beim Durchblättern der 151 Einträge übersehen). Sinn und Zweck des Tages sind leicht zu durchschauen, das Auto soll einfach öfter stehen bleiben. Und um dies zu propagieren, sind die teilnehmenden Kommunen aufgerufen, Bereiche des öffentlichen Raums zumindest zeitweise für den Autoverkehr zu sperren. Um es mit einem Spiegel-Bestseller zu sagen: „Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt“.

In dieser lebenswerten Welt brachte der 22. September etliche gerade auch kulturelle Ereignisse, die des Erinnerns Wert sind. Heute vor 58 Jahren (1964) erlebte das Musical „Anatevka – Fiddler on the roof“ von Jerry Bocks seine Weltpremiere in New York. Literarische Vorlage für die Geschichte von Tewje, dem Milchmann war Scholem Alejchems “Anatevka”.

Eine gigantische Rettungsaktion fand heute vor 54 Jahren (1968) ihren Abschluss. Damit sie nicht in den Fluten des Nasserstausees versinken, wurden die beiden Tempel von Abu Simbel in Einzelteile zerschnitten und auf höher gelegenem Grund wieder zusammengesetzt. Die faszinierenden Tempelanlagen kommen auch als Kulisse für Bestseller wie  Christian Jacqs „Ramses: Die Herrin von Abu Simbel“  prima rüber.

Eine „Alien Life Form“, kurz und knapp auch „Alf“ (DVD)  genannt, erobert vom 22. September 1986 an die Fernsehwelt. Und zwar im Wortsinn rund um den Globus. Die 102-teilige US-amerikanische Sitcom „Alf“ gehört zu den meist wiederholten Serien – was für den bis heute anhaltenden Erfolg beim Publikum spricht.

Posthum gratulieren wir heute einer Schriftstellerin zum 98. Geburtstag, die vielfach als Kitschautorin verlacht wurde, dennoch aber zu den erfolgreichsten Autorinnen weltweit gehört. Rosamunde Pilcher verkaufte rund 65 Millionen Bücher und verdiente zu Lebzeiten rund 100 Millionen britische Pfund.

Mit dem Roman „Die Muschelsucher“ fand die „Meisterin der Liebesschnulze“ den weltweiten Erfolg, den sie mit Büchern wie „Karussell des Lebens“ dann gepachtet zu haben schien.    Erst mit  „Meine beiden Mütter“beendete sie ihre so überaus produktive Schaffensphase und legte mit 87 Jahren (sieben Jahre vor ihrem Tod) die Feder beiseite.

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Mittwoch, 21. September: Weltfriedenstag

Ein Orakeltag – auch für den Frieden?

Als Fan alter Bauernregeln (und angesichts der Energiepreise) werde ich an diesem Mittwoch, 21. September 2022, das Wetter genau im Blick behalten. Der heutige Tag des Apostels Matthäus gilt als „Orakeltag“ und ist dabei ziemlich eindeutig.

Auf keinen Fall sollten wir heute schlechtes und vor allem sehr windiges Wetter registrieren: „Tritt Matthäus stürmisch ein, wird’s bis Ostern Winter sein.“ Gutes Wetter dagegen könnte ganz neue Perspektiven eröffnen: „Wenn Matthäus freundlich schaut, man auf gutes Wetter baut.“

Und die Chancen scheinen gar nicht so schlecht zu stehen, auch wenn viele Wetter-Apps ab und an den Blick für die Realität zu verlieren scheinen. Meine App-Favoriten kündigen für heute fast Windstille, trockenes Wetter, Temperaturen bis 14 Grad und stolze acht Sonnenstunden an.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen allerdings nicht allein beim Wetter häufig Lücken. Heute ist nämlich auch der von den Vereinten Nationen 1981 ausgerufene Weltfriedenstag. Der jüngst verstorbene Michail Gorbatschow schrieb schon 2017 „Kommt endlich zur Vernunft – Nie wieder Krieg!“. Der Appell verhallte offenkundig ungehört.

Die Wirklichkeit? Weltweit 22 Kriege und 6 sogenannte bewaffnete Konflikte schlugen schon im vergangenen Jahr zu Buche. Besser ist seither nichts geworden. Die „Friedensidee von den Verheißungen der Vergangenheit bis zu den Tragödien der Gegenwart“, die Domenico Losurdo in seinem Buch „Eine Welt ohne Krieg“ verfolgt, ist wohl eher ein ferner Wunschtraum.

Genug vom Ernst des Lebens. Schmunzeln musste ich bei dem Blick ins Buch „Wie viel kostet eine 70-Cent-Briefmarke?“. Zugegebenermaßen stimme ich am Stammtisch gern mal in den Chor des Bahn- und Post-Bashing ein. Folgerichtig erkenne ich mich auch durchaus wieder, wenn „eine Postangestellte Kurioses aus ihrem Arbeitsalltag“ erzählt.

Aufs Thema Post bin ich wegen einer Briefmarke gekommen, die heute vor 175 Jahren (1847) ausgegeben wurde – und für 70 Cent nicht zu haben ist: In der damaligen britischen Kronkolonie Insel Mauritius wurden zweierlei Briefmarken ausgegeben, die Rote und die Blaue Mauritius. Die beiden Sammlerträume dürften ihrem Platz im Standardwerk  „MICHEL Raritäten“ (Kostbare Briefmarken und Erstausgaben) gefunden haben.

In 2021 wurde bei einer Auktion in Ludwigsburg ein Briefumschlag mit einer Roten Mauritius für einen Gesamtpreis von mehr als 10 Millionen Euro ersteigert. Von der Blauen Mauritius gibt es weltweit noch 12 und von der Roten Mauritius noch 15 Exemplare.

Wer als Sammler starten will, sollte vielleicht zum „Ratgeber Sammeln“ (Briefmarken, Münzen, Banknoten) greifen. Auch wenn viele meinen, es handele sich um das langweiligste Hobby der Welt. Und die Frage an die Angebetete „Darf ich Dir meine Briefmarkensammlung zeigen“ dürfte letztmals vor Jahrzehnten zum Ziel geführt haben.

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Markus Weber über „Den Schmerz der Anderen begreifen“

Markus Weber über „Den Schmerz der Anderen begreifen“

Charlotte Wiedemann:

Den Schmerz der Anderen begreifen

Holocaust und Weltgedächtnis

Die Journalistin Charlotte Wiedemann hat ein engagiertes und gut lesbares Buch über neue Dimensionen der Erinnerungskultur vorgelegt. Sie spannt einen weiten Bogen von der Shoah über afrikanische Menschen, die gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben, aber nie gesehen wurden, über vergessene Völkermorde und verdrängte Kolonialkriege in Asien und Afrika bis hinein in unsere Migrationsgesellschaft und zur Zukunft der Erinnerung. Das mag sich zunächst abstrakt anhören, wird aber durchgehend sehr anschaulich und immer an konkreten Menschen und Beispielen erzählt. An viele Orte, über die sie berichtet, ist sie selbst gereist und lässt uns daran teilhaben.

So gibt die Autorin Denkanstöße, die auch dann nachdenkenswert sind, wenn man ihr an der ein oder anderen Stelle nicht zustimmt. Streitbar sind sicher die Ausführungen zum Holocaust im Zusammenhang mit dem Israel-Palästina-Konflikt, zu Antisemitismus und Israelkritik oder zur Frage der Einzigartigkeit des Holocausts. Aber es sind notwendige Themen, die diskutiert werden müssen und denen man auch in Deutschland nicht ausweichen sollte.

Wichtig ist es Charlotte Wiedemann, Geschichten der Opfer zu recherchieren und deren Namen zu erinnern: „Mit einem Namen angesprochen zu werden, ist eine Grundform der Anerkennung eines Menschen“. Dabei ist es ihr Anliegen, den westlichen Eurozentrismus in der Gedenkkultur aufbrechen und unseren Blick weiten. Ihr Ziel ist Empathie für alle Opfer von Gewaltherrschaften und Völkermorden, auch für Opfer außerhalb unseres Kulturkreises. Eine so verstandene Erinnerungsarbeit ist ein wichtiger Beitrag für eine Kultur der Solidarität. In diesem Sinn gibt es keinen Anlass zur Selbstzufriedenheit, sondern die Notwendigkeit, sich selbst neu infrage zu stellen.

Wer sich für Erinnerungskultur und deren Bedeutung interessiert, erhält mit diesem Buch herausfordernde Anregungen.

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Charlotte Wiedemann: Den Schmerz der Anderen begreifen. Holocaust und Weltgedächtnis, Propyläen-Verlag 2022, 288 Seiten, ISBN 978-3549100493, Preis: 22,00 Euro

Dienstag, 20. September: Kinder an die Macht

„Die Armeen aus Gummibärchen“

Kinder an die Macht!“ Aus gutem Grund fiel mir an diesem Dienstag, 20. September 2022, Herbert Grönemeyers Songtitel ein. Heute ist Weltkindertag (ext.). Und mit dem Blick aufs aktuelle Weltgeschehen wünschte man sich, dass die ersten Liedzeilen Wirklichkeit wären: „Die Armeen aus Gummibärchen, die Panzer aus Marzipan“.

„Gemeinsam für Kinderrechte“, so lautet das Motto 2022 des „bundesweiten Weltkindertages“. Das merkwürdige Sprachgebilde mit der bundesweiten Welt beruht schlichtweg darauf, dass die aus dem Jahr 1954 stammende Empfehlung der UN-Vollversammlung, die Staaten mögen einen Kindertag ins Leben rufen, zwar auf große Resonanz stieß, aber letztlich quasi jeder für sich ein Datum ausguckte.

Die Ziele des Weltkindertags bedürfen im Grunde keiner Erläuterung, gehen aber über Astrid Lindgrens herrlichen „Kindertag in Bullerbü“ hinaus.  Die Vereinten Nationen listen folgende Punkte auf: Förderung und Einsatz für Kinderrechte, Förderung der Freundschaft unter den Kindern und Jugendlichen sowie die Verpflichtung der UNO-Mitgliedsstaaten, mindestens einmal pro Jahr die Arbeit des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF öffentlich zu unterstützen.

Selbstverständlich geht auch die BÜCHER-HEIMAT nicht am Weltkindertag vorbei, sondern hat sich ein besonderes Programm vor allem für die jüngsten Leseratten ausgedacht. Denn gemeinsam etwas unternehmen und das Kulturgut Buch entdecken (Erwachsenensprech) stärkt den Nachwuchs.

So wird heute Nachmittag um 15.00 Uhr zu Bilderbuchkino und Bastelaktion in die Mitmach-Buchhandlung eingeladen. Auf dem Programm steht ein Band der „Drei Freunde“, der prima zum Motto passt: „Gemeinsam sind sie stark“.

Nur gemeinsam kann ich mir auch einen meiner Lieblingsfilme anschauen, denn es gibt wenige Streifen, die mich ähnlich das Gruseln lehrten: Heute vor 59 Jahren erlebte Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ (DVD) seine deutsche Erstaufführung. Was mich wiederum daran erinnert, dass ich Daphne DuMauriers literarische Vorlage noch immer nicht gelesen habe.

Zum 74. Geburtstag gratulieren können wir heute einem Mann, den das „Time-Magazin“ als „den amerikanischen Tolkien“ bezeichnete und auf die jährliche Time-100-Liste der einflussreichsten Menschen der Welt setzte: George R. R. Martin, Science-Fiction-, Fantasy- und Horror-Schriftsteller, Drehbuchautor und Produzent und vor allem – Schöpfer des Fantasy-Epos „Das Lied von Eis und Feuer“ (A Song of Ice and Fire).

Ich muss zugeben, dass ich bei der Lektüre irgendwann den Faden verloren habe. Das erst auf drei, dann auf sechs und schließlich auf sieben Romane angelegte Mammutwerk, das in vielen Ländern auch noch auf mehrere Bände pro Buch aufgeteilt wurde, wartet noch immer auf sein literarisches Finale. Als außerordentlich erfolgreiche (und mir oft zu brutale) Fernsehserie „Game of Thrones“ ist es da dem Autor um einiges voraus.

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