Sonja Weber über „Gebrauchsanweisung für Pferde“

Sonja Weber über „Gebrauchsanweisung für Pferde“

Juli Zeh:

Gebrauchsanweisung für Pferde

Bislang wusste ich nicht, dass Juli Zeh schon immer ein Pferdemädchen war, ein Pferdemensch, um es heute korrekt zu sagen. 2019 ist ihr Titel „Gebrauchsanweisung für Pferde“ erschienen und inzwischen schon ein weiteres Mal aufgelegt worden. Ich habe wohl immer brav um dieses Werk herum gelesen, es irgendwie so gar nicht wahrgenommen. Es war nicht mein Thema, ist es das jetzt?

Nicht grundsätzlich, aber im Fall von Zehs Buch muss ich ganz klar sagen, ja, denn man hätte auch den Titel „Gebrauchsanweisung für Juli Zeh“ oder „Gebrauchsanweisung für Menschen“ wählen können. Kapitel um Kapitel berichtet die Autorin einer Biografie gleich über ihr Leben mit Pferden.

Erst Schulpferden, dann Pflegepferden und zuletzt auch eigenen. Sie erzählt von Tieren wie von Menschen, manche sind so gute Freunde gewesen, dass man sie nicht vergisst, andere nur lose Bekannte und einige sind halt Familie.

Ich empfinde es als ein sehr persönliches Buch, in dem es nicht um Karriere und Erfolge geht, sondern um den respekt- und liebevollen Umgang mit anderen Lebewesen, das Maß an Verantwortung, dass man trägt und das Vertrauen, dass einem entgegengebracht wird und man selbst in andere setzt. Was kann mehr über einen Menschen aussagen?

Juli Zeh: „Gebrauchsanweisung für Pferde“, 244 Seiten, Piper Verlag, ISBN 978-3-492-27762-4, Preis: 16,00 Euro.


Markus Weber über „Zwischen Welten“

Markus Weber über „Zwischen Welten“

Juli Zeh / Simon Urban:

Zwischen Welten

Schon in ihren vorhergehenden Romanen hat Julie Zeh hintersinnige Titel gefunden, was ihr auch mit dem neuen, Anfang 2023 erschienenen Roman „Zwischen Welten“ gelungen ist, den sie gemeinsam mit Simon Urban verfasst hat. Zwei Autoren (oder müsste ich Autor*innen schreiben?), das passt zur Form des Romans, der an die klassische Form des Briefromans anknüpft, aber sich heutiger Medien bedient.

Eine schwierige Ausgangsposition: Stefan und Theresa hatten zwanzig Jahre zuvor in Münster studiert und in einer Wohngemeinschaft gelebt, nach langen Jahren ohne Kontakt wurde ein zufälliges Treffen zum Desaster, doch nun nehmen sie erneut freundschaftlich Kontakt auf, ohne sich gegenseitig zu schonen. E-Mails und WhatsApp-Nachrichten gehen hin und her.

Der Ton wird immer wieder schärfer, wie häufig in den „sozialen“ Medien“. Völlig unterschiedliche Lebenswelten prallen aufeinander. Da ist der erfolgreiche Journalist in Hamburg, der sich an vorderster Front des Fortschritts wähnt, auf der einen Seite und die Chefin eines landwirtschaftlichen Betriebes in Brandenburg, um dessen Überleben sie kämpft, auf der anderen Seite.

Beide ringen in ihren Nachrichten um gegenseitiges Verständnis. In einigen Kritiken zum Roman wurde moniert, die Protagonisten seien nur Pappkameraden ohne Leben. Ich habe das nicht so erlebt. Ich habe mich angesichts der Auseinandersetzungen der beiden immer wieder gefragt, wie das Gespräch und die Beziehung weitergehen könnte – und ob es überhaupt weitergehen kann angesichts der Themen, um die gestritten wird: Klimakatastrophe, fake news, Verschwörungserzählungen, Diffamierung von Gegnern – über den Zustand der Welt insgesamt. Um all das also, worum es auch in den gesellschaftlichen Debatten geht, bei denen die unterschiedlichen Meinungen sich verfeinden und abkapseln, statt in Dialog miteinander zu treten.

Dagegen schreibt Theresa an: „Ich finde es großartig, dass wir gelernt haben, über empfindliche Themen zu sprechen, ohne uns digital anzuschreien.“ Und so hofft man bis zum Schluss, dass Stefan und Theresa dieser Dialog gelingt. Und natürlich, dass er uns allen gelingt.

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Juli Zeh / Simon Urban: „Zwischen Welten“, Luchterhand 2023, 448 Seiten, ISBN 978-3630877419, Preis 24,00 Euro.

Freitag, 30. Juni: Sekundensache

„Warum landen Asteroiden immer in Kratern?“

Wir nehmen ab. Ich persönlich leider nicht um die Körpermitte. Der „lichte Tag“ schrumpft seit der Sommersonnenwende, an diesem Freitag, 30. Juni 2023, geht die Sonne wieder nach 5.00 Uhr auf (um 3 Minuten). Dennoch bringt sie es auf einen enormen Arbeitstag von 16:35 Stunden.

Und sie hätte Pech haben können, wenngleich es um Sekunden geht: Am 30. Juni wird bei Bedarf eine Schaltsekunde eingefügt. Ein tatsächlicher mittlerer Sonnentag dauert um Sekundenbruchteile länger als 86400 Sekunden. Was dazu führt, dass die entstehende Differenz zwischen Welt- und Sonnenzeit ausgeglichen werden soll.

Erstmals wurde eine Schaltsekunde am 30. Juni 1972 ans Tagesende angefügt, um die offizielle Zeit mit der mittleren Sonnenzeit zu synchronisieren. Die bisher letzte Schaltsekunde wurde am 31. Dezember 2016 eingefügt. Aktuell wird nach einem anderen System gesucht, denn die zusätzliche Sekunde birgt Fehlerpotenzial für Computer.

Dennoch sollte man die Sekunde nicht geringschätzen. „Das Leben in 5 Sekunden“ muss möglich sein, will man „200 Biographien von Gott bis Pippi Langstrumpf“ auf 256 Taschenbuchseiten packen – ohne Worte. Und nur „Zwei Sekunden“ hat Kommissar de Bodt, um in einem Thriller seinen zweiten Fall zu lösen.

Da wir den Blick ohnehin bereits auf die Sonne und damit gen Himmel gerichtet haben, passt der ebenfalls heute anstehende Internationale Tag der Asteroiden“ (International Asteroid Day) prima ins Konzept. Das Buch „Asteroiden, Kometen und Meteore“ liefert die Wissensgrundlage zum Thema.

Dabei ist der Aktionstag vor allem dazu gedacht, über Asteroiden, mögliche Risiken und gegebenenfalls Abwehrmaßnahmen zu informieren. Nicht jede Frage, die dies aufwerfen könnte, muss man ernst nehmen: „Warum landen Asteroiden immer in Kratern?“ beinhaltet laut Verlagswerbung „33 Spitzenantworten auf die 33 wichtigsten Fragen der Menschheit“.

Noch zwei literarische Termine: Heute vor 87 Jahren (1936) erschien einer der berühmtesten Romane der Welt. Margaret Mitchell veröffentlichte ihr großes Werk „Vom Winde verweht“ (Gone With the Wind).

Und Geburtstag hat heute eine der aktuell erfolgreichsten deutschen Autorinnen. Juli Zeh erblickte am 30. Juni 1974 das Licht der Welt. Auch ihr jüngstes Werk „Zwischen Welten“ landete im Spiegel-Bestseller-Ranking wieder auf Platz 1.

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