Markus Weber über „Erinnern heißt handeln“

Markus Weber über „Erinnern heißt handeln“

Ruth Weiss: Erinnern heißt handeln

Mit 100 Jahren legte Ruth Weiss in diesem Jahr ihr letztes Buch, das sie gemeinsam mit dem Lektor und Übersetzer Lutz Kliche verfasst hat, vor. 1924 wurde sie in Fürth geboren, mit 101 Jahren starb sie dann im September 2025 in Ålborg. So ist es das letzte von zahlreichen Büchern, so etwas wie ein Vermächtnis.

Darin teilt sie ihre Erfahrung: „Zivilcourage – Mut, dem Unrecht zu widerstehen – kann man lernen. Auch ich selbst bin ja nicht mutig auf die Welt gekommen.“ Und sie möchte andere ermutigen, einzustehen für „Respekt vor jedem und jeder anderen, Verständnis und Toleranz“.

Das Buch ist keine Autobiografie im klassischen Sinn. In einigen Kapiteln schildert sie ihre sehr persönlichen Erlebnisse, etwa das Aufwachsen als jüdisches Kind in Fürth, das 1933 mit der NS-Herrschaft und dem Antisemitismus konfrontiert wird. Oder sie berichtet, wie sie nach der Auswanderung nach Südafrika seit 1936 lernen musste, sich als Kind neu zu orientieren. Und wieder war sie mit einem System der Ungleichheit konfrontiert.

Andere Kapitel gleichen einem Sachbuch, wenn sie das System der Apartheid in Südafrika beschreibt. Aber auch in diesen Kapiteln macht sie die Darstellung durch eigene Erlebnisse anschaulich. Und sie zeigt ihre Haltung gegen jegliche Ungleichbehandlung, was ihr in Südafrika später ein Einreiseverbot einbrachte.

Sie führt die Leser*innen in die Länder, in denen sie gelebt und gearbeitet hat: Israel, Sambia, Simbabwe, Angola, England. Und sie lernte viele Politiker kennen, die sich für die Befreiung Afrikas von europäischer Kolonialherrschaft einsetzten. So arbeitete sie als engagierte Journalistin, die sich immer verpflichtet fühlte, „mit allen Seiten zu sprechen, um mir ein möglichst umfassendes und objektives Urteil zu bilden, um möglichst ‚faktenbasiert‘ und objektiv berichten zu können“. Angesichts von fake-news in heutigen Zeiten ein beeindruckendes Ethos!

Ihr Verhältnis zu Deutschland blieb gebrochen, trotz zahlreicher Aufenthalte, Gesprächen mit Schüler*innen und Bewunderung für die Erinnerungskultur. Doch es gab auch verstörende Erfahrungen mit der Bürokratie, als sie in Deutschland für die Deutsche Welle arbeitete und der Beamte abweisend auf ihre Fragen reagierte. Erst als anhand ihrer Papiere die Flucht aus Deutschland im NS deutlich wurde, stammelte er, er sei auch Widerstandskämpfer gewesen und habe ihr nicht „angesehen“, dass sie Jüdin sei. Und auch bei der Wohnungssuche stieß sie auf feste antisemitische Denkmuster.

Bei aller Rückschau auf vergangene Zeiten ist das Buch auch eine Einmischung in die heutige Zeit: für ein friedliches Miteinander und den Abbau von Vorurteilen, für ein Leben in Freiheit und Demokratie, für Verständnis und Toleranz, die aber Grenzen hat, wo Ungerechtigkeit herrscht. So schreibt sie zum Schluss: „Die Demokratie ist immer wieder der Gefahr ausgesetzt, von ihren Feinden ausgehöhlt zu werden. Das sollten wir niemals zulassen.“

Ruth Weiss: Erinnern heißt handeln. Mein Jahrhundertleben für Demokratie und Menschlichkeit, Herder 2025, 176 Seiten, ISBN  978-3451036217, 20,00 Euro

Sonntag, 7. Januar: Wahre Himmelshelden

Alte Steine und alberne Gangarten

Himmelwärts sollten unsere Blicke an diesem Sonntag, 7. Januar 2024, gehen. Es ist ein Datum für Weltraumhelden. Womit nicht US-Milliardäre gemeint sind, die eine Rakete nach der anderen ins All feuern. Es geht um die fiktiven, aber wahren Helden auch meiner Jugend.

Ihr Platz war nicht allein in den unendlichen Weiten des Weltalls, sondern vor allem auf den bunten Seiten der Comic Strips. Und dann auch in Radio-Hörspielen und Film- und Fernsehadaptionen. Heute vor 95 Jahren (1929) eroberte „Buck Rogers“ (engl.) als erster Science-Fiction-Comic als „daily strip“ die Tageszeitungen der USA.

Auf diesen ersten abgehobenen Helden folgten viele weitere bis in die epische Star Wars-Saga hinein. Ein früher Nachfolger ging heute vor 80 Jahren (1934) an den Start. Der Comiczeichner Alex Raymond schwamm sehr erfolgreich auf der Erfolgswelle mit. Sein „Flash Gordon“ startete in Band 1 übrigens „Auf dem Planeten Mongo“.

Heute steht in den kuriosen Kalendern der Vereinigten Staaten auch noch der „Tag der Fossilien und alten Steine“ (OId Rock Day). Den könnten wir eigentlich übernehmen, denn auf dem Feld hat der Harz ja auch einiges zu bieten.

Ich persönlich bin da allerdings eher blind, staune immer wieder, was meine Begleiter so alles am Wegesrand entdecken. Wer die „Spuren des Lebens“ lesen lernen will, könnte zu „Fossilien“ greifen, Band 69 der bekannten „Was ist was“-Reihe.

Meine geringen Entdeckerqualitäten könnten allerdings auch damit zu tun haben, wie ich durch die Weltgeschichte schlurfe. Mit dieser Fortbewegungsart könnte ich ohne Frage beim durch Monty Python inspirierten heutigen „Internationalen Tag der albernen Gangarten“ (International Silly Walks Day) reüssieren.  

Und ich wäre sicher ein Super-Beispiel für die „Identifizierung von Menschen anhand ihrer Gangart“. Für die wissenschaftliche Abhandlung stellt unsere Art, von A nach B zu kommen, soetwas wie einen „Bewegungsfingerabdruck“ dar. Wir sollten nachlesen, was in „The Complete Monty Python’s Flying Circus: All the Words” (engl.) der “minister of silly walks” dazu zu sagen hat.

Schlussendlich habe ich mich (auch nach einem Blick aus dem Fenster in den grauen Harzer Himmel) für eine andere Art der Fortbewegung entschieden. Ich bleibe in meinem Lesesessel und folge Jean Pauls Erkenntnis: „„Lesen heißt wandern gehen in ferne Welten“ (Lesezeichen). Auf einen Geburtstag wollen wir heute noch hinweisen, obwohl es beim Jubilar nicht um einen Literaten geht. Sein 31. Wiegenfest (1993) feiert Popstar Nico Santos. Und das ist eine Anmerkung wert, denn der Singer-Songwriter eröffnet am 2. August auf der Rennbahn am Weißen Stein das Yellow Jockey Open Air (ext.). Einen Tag später wird Wincent Weiss ins Rennen geschickt und das Finale am 4. August bespielen „The Boss Hoss“. Tickets sind schon zu haben.

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Sonntag, 22. Januar: Dunkelstes Kapitel

Die Geburtsstunde des Begriffs „Holocaust“

Das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte beschäftigt mich an diesem Sonntag, 22. Januar 2023, in unserem bebücherten Kalenderblatt: Mit der Fernsehserie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ wird der Begriff „Holocaust“ heute vor 44 Jahren zum Synonym für den unfassbaren Genozid an den europäischen Juden.

Zugegeben, diese Zeilen sind im Grunde ein Vorgriff auf den „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ am 27. Januar. Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus lädt pax Christi Nordharz auch in diesem Jahr um 19.00 Uhr in die Lutherkirche ein. Aber am 22. Januar 1979 wurde der erste Teil der Fernsehserie „Holocaust“ In Deutschland ausgestrahlt.

Die vierteilige US-amerikanische TV-Mini-Serie von Marvin J. Chomsky erzählt die fiktive Geschichte der jüdischen Berliner Arztfamilie Weiss zur Zeit des Nationalsozialismus. Die Ausstrahlung der deutschen Fassung erreichte ein großes Publikum und eröffnete eine breite Diskussion über die nationalsozialistische Vergangenheit.

Wer glaubt, dass das Thema „Holocaust“ nicht allein zeitlich gesehen „weit weg“ ist, wird beispielsweise in einem Buch des Bad Harzburgers Markus Weber eindrucksvoll eines Besseren belehrt: „Das ist Deutschland… und es gehört uns allen“ ist in der BÜCHER-HEIMAT erhältlich und schildert das Leben der „Juden zwischen Akzeptanz und Verfolgung im Kurort Bad Harzburg“.

Bereits am kommenden Mittwoch, 25. Januar, wird zu einer Lesung in die BÜCHER-HEIMAT eingeladen. In „Klassenfoto mit Massenmörder“ schildert der mehrfach ausgezeichnete Gerichtsreporter Jürgen Gückeleine wahre Geschichte über Bigamie und Theologie, Verbrechen und Vertuschung, über die deutsche Nachkriegsgesellschaft und über eine familiäre Tragödie“. Es geht um Arthur Wilke, der als SS-Mann im Dritten Reich nachweislich an Massenerschießungen von Juden beteiligt war und nach dem Krieg als Volksschullehrer in Niedersachsen tätig war.

Zwei große Werke der Weltliteratur vereint der 22. Januar als „Geburtsdatum“. Allerdings mit 15 Jahren Altersunterschied. Heute vor 85 Jahren (1938) wurde in Princeton das Schauspiel „Unsere kleine Stadt“ (muss vorbestellt werden) von Thornton Wilder uraufgeführt. Dem Autor gelingt damit der Durchbruch. Und heute vor 70 Jahren (1953) erlebte das Drama „Hexenjagd“ (Lieferzeit) von Arthur Miller in New York seine Uraufführung.

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