Markus Weber über „Nach Deutschland“

Markus Weber über „Nach Deutschland“

Isabel Schayani:

Nach Deutschland

Städte und Gemeinden kommen bei der Aufnahme von Migranten teilweise an ihre Grenzen. Rechte Kräfte hetzen gegen Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund. Inmitten aufgeheizter Debatten tut ein Perspektivwechsel gut.

Die bekannte Fernsehjournalistin Isabel Schayani legt vor diesem Hintergrund ein sowohl wohltuend sachliches wie auch empathisches Buch vor. Dabei zeichnet sie fünf sehr unterschiedliche Wege von Menschen nach, deren Ziel Deutschland ist, die aber nicht alle dorthin gelangen. Zum Teil trifft sie die Menschen über lange Zeiträume immer wieder und kommt ihnen sehr nahe.

Da ist Safi aus Afghanistan, der es im Winter über die Balkanroute versucht und sich unterwegs in ein junges Mädchen verliebt. Ruhi wird im Iran wegen seiner Zugehörigkeit zur Religion der Bahá’í verfolgt und kommt vor deutschen Behörden in Erklärungsnöte. Omid versucht schließlich, da ihm der Weg nach Deutschland verwehrt ist, mit seiner kleinen Tochter im Schlauchboot über den Ärmelkanal zu kommen. Die neunjährige Melika sitzt mit ihrer Familie im Lager Moria fest. Und Olena ist dankbar, dass sie vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland fliehen konnte.

Isabel Schyani beschränkt sich nicht auf die Schilderung betroffen machender Lebensgeschichten. Sie verwebt die Geschichten und Gespräche mit soliden Hintergrundinformationen, z.B. über die Heimatländer und über Verfolgung und Armut, über den Krieg, über die kriminellen Schlepper ebenso wie über die unkoordinierte EU-Migrationspolitik und deutsche Behörden oder Leben im Auffanglager.

Ergänzt werden die Lebenswege mit Fragen an vier sehr unterschiedliche Expertinnen und Politiker – die Bandbreite reicht vom luxemburgischen Außenminister Asselborn, der sich an internationalem Recht orientiert, bis zum ungarischen Außenminister Szijjártó, der nationalen Interessen Vorrang vor den Rechten der Migranten gibt.

Das Buch hilft Stereotype und Vorurteile zu überwinden und ein differenziertes Bild zu gewinnen. Ich wünsche mir, dass es in viele Hände gelangt.

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Isabel Schayani: Nach Deutschland. Fünf Menschen. Fünf Wege. Ein Ziel, Verlag C.H. Beck 2023, ISBN 978-3406806315, 319 Seiten, 26,00 Euro.

Dienstag, 3. Oktober: Tag der deutschen Einheit

Einigkeit im Dauerstreit?

Den „Tag der deutschen Einheit“ begehen wir wieder an diesem Dienstag, 3. Oktober 2023. Einige pilgern dazu wie der Harzklub auf den Brocken, andere können keine Einheit entdecken, sehen das Land eher auseinanderdriften. Aber stimmt das?

Für Furore sorgt derzeit Stefan Mau, Professor für Makrosoziologie, einer der Stars seiner Branche. Seine Studie „Triggerpunkte. Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft“ zeigt eine Gesellschaft, die sich in der Bedeutung von Themen wie Migration oder Klimaschutz eher einig ist – und sich heftig über die Lösungsansätze zerstreitet

Festzuhalten bleibt allerdings, dass die ungläubige Jubelstimmung aus dem Wendejahr schon sehr lange verflogen ist. Das „Jahrbuch Deutsche Einheit 2023“ versammelt laut Ankündigung des Verlages „15 Beiträge, in denen die nur scheinbar getrennten Konflikte um Zugehörigkeit erstmals im Zusammenhang diskutiert werden“. Und Valerie Schönian führt in „Ostbewusstsein“ aus, „warum Nachwendekinder für den Osten streiten und was das für die Deutsche Einheit bedeutet“.

Für Furore sorgte Moderator Constantin Schreiber vor wenigen Jahren mit seinen Büchern „Inside Islam“ („Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird“) und „Kinder des Koran“ („Was muslimische Schüler lernen“). Er landete mit seinen kritischen Bestandsaufnahmen Bestseller – und will nun gar nichts mehr zum Thema sagen, nachdem er „als Islamfeind und rechtsextrem verleumdet“ worden sei. Heute kann man sich selbst ein Bild machen, es ist der „Tag der offenen Moschee“. Mehr zu dem Angebot in Goslar gibt es auf dieser Facebook-Seite.

Heute vor 103 Jahren (1920) wurde auf der Pariser Pferderennbahn Longchamp zum ersten Mal der Prix de l’Arc de Triomphe vergeben. Am Sonntag lief auch der aktuelle deutsche Derbysieger Fantastic Moon aus dem Stall „Liberty Racing 2021“ um Manager Lars-Wilhelm Baumgarten (Bad Harzburg). Leider chancenlos. Aber da bald Weihnachten ist, hätten wir noch schnell eine „Pferde-Geschenktipp“:  Egon Knofs opulenter Band „Gestüt Harzburg – Das Erbe der Braunschweiger Herzöge“ macht sich unter jedem Weihnachtsbaum gut.

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