Sonja Weber über „Vor uns das Meer“

Sonja Weber über „Vor uns das Meer“

Alan Gratz:

Vor uns das Meer

Drei Jahrzehnte, drei Familien und drei Flüchtlingsschicksale. Alle so unterschiedlich und doch so gleich. Josef ist elf, sein Vater Anwalt, er und seine kleine Schwester könnten ein glückliches und erfolgreiches Leben vor sich haben, schriebe man nicht das Jahr 1939. Josef und seine Familie sind jüdischen Glaubens, ihre Welt zerbricht plötzlich.

Isabel lebt 1994 in Kuba, ihre Familie weiß, dass sie in Castros Land nicht frei sein kann. Das Ziel ihrer Träume und Hoffnungen liegt nah und doch unendlich weit weg: USA – die Flucht führt über das Meer.

Ebenso wie einundzwanzig Jahre später Mahmouds Flucht aus Aleppo in Syrien. Auch er und sein Bruder wollten studieren, eine Familie gründen, dann kam der Krieg und seine Heimat ging in Rauch auf.

Mit „Vor uns das Meer“ hat Alan Gratz ein Buch geschaffen, dass Jugendliche (empfohlenes Lesealter ab 12 Jahren) wie Erwachsene gleichermaßen anspricht. Nachdem es 2020 zunächst im Hanser-Verlag erschien, wurde es für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und außerdem mit dem „Buxtehuder Bullen“ ausgezeichnet. Inzwischen ist es preisgünstig als Taschenbuchausgabe erhältlich und findet ja vielleicht Einzug in die Schulbibliotheken.

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Alan Gratz: „Vor uns das Meer“, dtv Verlagsgesellschaft, 299 Seiten, ISBN 978-3- 423-62753-5, Preis: 9,95 Euro.


Monika Runge über „Ein Lied vom Ende der Welt“

Monika Runge über „Ein Lied vom Ende der Welt“

Erika Ferencik:

Ein Lied vom Ende der Welt

Ein Kind wird auf einer Forschungsstation in der Arktis aus dem Eis geschnitten und kann wiederbelebt werden. Eine Linguistin für ausgestorbene Sprachen (u.a. altdänisch, altnordisch) lebt und lehrt in Amerika; ihr Zwillingsbruder, der an der Forschungsstation arbeitete, kam dort unter ungeklärten Umständen ums Leben. Sein Professor, der noch dort ist, fordert die Schwester nun auf, sie solle auf die Station kommen, um zu entschlüsseln, welche Sprache das Kind spricht. Man will
erfahren, wie ein Mensch im Eis eingefroren, überleben kann. Auf der Station hält sich noch ein weibliches Faktotum auf. Mit der Linguistin kommt noch ein Forscherehepaar auf der Station an.

Welches „Überlebensgeheimnis“ dieses Kind hat, wie es versucht, sich mitzuteilen, wie sich Vertrauen zu Val (der Linguistin) entwickelt, warum Val instinktiv Misstrauen gegenüber dem Professor und Jeanne (Faktotum) verspürt, ist spannend erzählt. Und immer wieder die Natur,
vielseitig auch in der Eiswüste und unter dem Eis. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

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Erika Ferencik: „Ein Lied vom Ende der Welt“, Goldmann Verlag, 379 Seiten, ISBN 9783442316786, Preis: 24,00 Euro.


Sonja Weber über „Richter morden besser“

Sonja Weber über „Richter morden besser“

Thorsten Schleif:

Richter morden besser

Thorsten Schleif ist im Hauptberuf Jugendrichter am Amtsgericht Dinslaken, hat sich bisher in zwei Sachbüchern zu skandalösen Urteilen an deutschen Gerichten ausgelassen und ist nun mit seinem ersten Roman „Richter morden besser“ um die Ecke gekommen.

In dem wird dann auch gleich sehr geschickt und irgendwie erfrischend befriedigend ein böser Bube um die Ecke gebracht. Weil sich sonst keiner traut, dem bekanntesten Drogendealer der Stadt, auf dessen Konto diverse Tote gehen, den Laden dicht zu machen, nimmt das bei Schleif der Richter Siggi Buckmann selbst in die Hand.

Das Leben hat den einst idealistischen Jurastudenten zu einem ironisch-sarkastischen Beamten gemacht, der gefrustet Dienst nach Vorschrift schiebt. Der Tod eines Obdachlosen durch „dreckige Drogen“ jedoch lässt ihn zum Mörder werden. Während andere Berufsgruppen dabei eher zu Messern oder Schusswaffen tendieren, nimmt Buckmann, was er zur Hand hat: Er ordnet Haft an. Ein fast perfekter Mord, denn jeder sucht nur nach dem unmittelbaren Täter.

Wenn man bereit ist, sich auf Schleifs schwarzhumorigen Ton einzulassen, ist dieses Buch extrem unterhaltend. Die Beurteilung des Wahrheitsgehaltes überlasse ich denen, die sich damit auskennen.

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Thorsten Schleif: „Richter morden besser“, Wihelm Heyne Verlag, ISBN 978-3-453-42616-0, Preis: 11,00 Euro.


Lena Scholz über „Nicht weg und nicht da“

Lena Scholz über „Nicht weg und nicht da“

Anne Freytag:

Nicht weg und nicht da

Kristopher hat sich umgebracht und seitdem ist nichts mehr, wie es mal war. Luise soll zum Therapeuten gehen, um darüber zu reden, denn sie hat ihren Bruder gefunden. Aber Luise kann nicht reden. Sie verliert sich in ihrer Welt, bis sie auf Jacob trifft, der sie als einziger wirklich versteht. Und Jacob weiß, irgendwas in Luise ist zerbrochen, aber es hat sie nicht kaputt gemacht. An einem Tag bekommt Luise plötzlich eine Mail. Von Kristopher aus dem Jenseits. Zusammen nehmen sie Abschied und merken, dass es Zeit braucht und kleine Schritte, doch sie sind bereit, gemeinsam diesen Weg zu gehen. Nach einiger Zeit merken sie, dass Kristopher nie ganz verschwinden wird.

Ja, Luises Bruder war krank und depressiv. Und er war großartig, Eine traurige und sensitive Hommage an psychische Krankheiten, Menschlichkeit und das Leben.

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Anne Freytag: „Nicht weg und nicht da“,  Heyne Verlag, 480 Seiten, ISBN 9783453271593, Preis: 16,00 Euro.


Sonja Weber über „Die Möbel des Teufels“

Sonja Weber über „Die Möbel des Teufels“

Heinrich Steinfest:

Die Möbel des Teufels

Steinfest ist einfach ein großartiger Erzähler. Mit einem Schuss Unwahrscheinlichkeit schafft er in seinen unterschiedlichen Büchern nicht nur Raum für die großen Gefühle, wichtigen Ereignissen und spannenden Individuen dieser Welt, sondern eben auch für die kleinen Nuancen dazwischen, die unscheinbaren Außenseiter, die still Liebenden und heimlich Leidenden.

Dabei machen seine wie kleine Geschenke eingestreuten Verweise auf Zeitgeschehen, wichtige Literaten und reale wissenschaftliche Erkenntnisse besonders Spaß. So wird aus Steinfests Krimis um Frau Wolf und Herrn Cheng immer viel mehr als „nur ein Fall“ und sind auch für Literaturfans ein Leckerbissen. Steinfests Romane sind kleine einzigartige Universen, in die man bei der Lektüre hineingezogen wird. Ein wenig Surreales erhält sich Steinfest fast immer und geht dabei so subtil zu Werke, dass man als Leserin und Leser nicht zweifelt.

Ich persönlich habe „Die Büglerin“ als echtes Ereignis empfunden und bin jetzt von „Der betrunkene Berg“ wie verzaubert. Die letzte Woche haben mich Frau Wolf und Herr Cheng in „Die Möbel des Teufels“ begleitet.

Heinrich Steinfest: „Die Möbel des Teufels“, Piper Verlag, ISBN 978-3-3492-31921-8, Preis: 12,00 Euro.


Lena Scholz über „So federleicht wie meine Träume“

Lena Scholz über „So federleicht wie meine Träume“

Mariko Turk:

So federleicht wie meine Träume

Ein sehr einfühlsamer Jugendbuchroman, perfekt für die jugendliche Generation zwischen 14 und 17.

Alina kann seit einem Unfall nicht mehr profimäßig Ballett tanzen. Ihre Welt bricht zusammen, denn plötzlich landet sie in einem normalen Leben an der Highschool mit scheinbar normalen Problemen. Sie meldet sich widerwillig beim Musical-Workshop an, in dem sie Margot, Ethan und Jude näher kennenlernt. Durch ihre neuen Freunde stellt sie fest, dass das Leben weitergehen kann, auch mit Stahl in ihrem Bein.

Doch dann soll sie beim Musical tanzen. Ausgerechnet dafür kommt ihre alte Ballettlehrerin an ihre Schule. Die Rollen nach Klischee besetzt hat und es immer noch tut. Das weiß Alina von Colleen, ihrer besten Freundin, mit der sie seit dem Unfall keinen Kontakt mehr hat.

Alina erlebt Rückschläge, doch letztendlich stellt sich die Frage: Ist mein Traum zu tanzen wirklich vorbei? Oder ist es nur ein anderer, möglicherweise besserer Weg, den sie gehen muss, um ihrem Leben wieder einen Sinn geben zu können?

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Mariko Turk: „So federleicht wie meine Träume“, cbj, 397 Seiten, ISBN 9783570166147, Preis: 20,00 Euro.


Lena Scholz über „das irrationale Vorkommnis der Liebe“

Lena Scholz über „das irrationale Vorkommnis der Liebe“

Ali Hazelwood:

Das irrationale Vorkommnis von Liebe

Der zweite Teil des internationalen Bestsellers von Ali Hazelwood war ein weiteres Stück voller Humor, Frauen in MINT-Fächern und sehr überraschenden Wendungen! Bee ist Neurowissenschaflerin und bekommt ein Angebot von der NASA, an einer bahnbrechenden Studie mitzuarbeiten als Co-Leiterin mit Levi Ward. Die Beiden kennen sich seit der Studienzeit und seitdem hat Levi Ward etwas gegen sie. Er hasst sie aus ganzem Herzen, doch für Bee steht ihr Traum bei der NASA an erster Stelle. Doch dann geht bei ihrer Arbeit etwas Dramatisches schief und plötzlich ist da nur noch Levi, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, um ihr das Leben zu retten. Denn weder in der Wissenschaft noch in der Liebe läuft alles gerade Bahnen.

Absolut hinreißend und lustig, aber auch ernst zu lesen!

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Ali Hazelwood: „Das irrationale Vorkommnis von Liebe“, Ruetten und Loening GmbH, 452 Seiten, ISBN 9783352009648, Preis: 18,00 Euro.


Petra Nietsch über „Die unbekannte Jägerin“

Petra Nietsch über „Die unbekannte Jägerin“

Kate Quinn:

Die unbekannte Jägerin

The Huntress

Das spannendste Buch, das ich seit Jahren gelesen habe!

Drei Geschichten erzählt auf unterschiedlichen Zeitleisten werden im Laufe des Romans geschickt miteinander verknüpft. Da ist zum einen die furchtlose Nina, die als russische Pilotin mit ihrer Flugstaffel, den Nachthexen, während des 2. Weltkriegs Bomben auf deutsche Stellungen abwirft. Dann ist da Ian, der ehemalige Kriegsreporter, der es sich zur Aufgabe gemacht hat,  untergetauchte Nazi-Kriegsverbrecher aufzuspüren und vor Gericht zu bringen. Und schließlich die 17-jährige Jordan, die voller Begeisterung fotografiert und entgegen der Vorstellung ihres Vaters gerne ihr Hobby zum Beruf machen möchte. Alle verfolgen am Ende das gleiche Ziel: sie wollen „die Jägerin“ finden, die während des Krieges kaltblütig Menschen ermordet hat und sich eine neue Identität in den USA geschaffen hat.

Kate Quinn hat für ihren Roman äußerst gründlich recherchiert. Die Handlung ebenso wie die zentralen Charaktere sind von ihr auf der Grundlage historischer Fakten und Personen entwickelt worden. Geschickt gibt sie immer wieder kleine Hinweise, die aufmerksame  Leserinnen und Leser an der Spurensuche teilhaben lassen.

Neben den mir in Teilen bislang unbekannten historischen Fakten und der bis zum Schluss fesselnden Handlung hat mich die Symbolik und Metaphorik, die sie in ihrer Sprache verwendet, sehr beeindruckt. 

Es fiel mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

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Kate Quinn: „Die unbekannte Jägerin“, List Paul Verlag, 636 Seiten, ISBN 9783471360057, Preis: 16,00 Euro.


Lena Scholz über „Nur noch ein einziges Mal“

Lena Scholz über „Nur noch ein einziges Mal“

Colleen Hoover:

Nur noch ein einziges Mal

Es war eines der wichtigsten und am meisten beeindruckenden Bücher, die ich gelesen habe. Lilys Vater hat ihre Mutter geschlagen und auf seiner Beerdigung bringt sie deswegen kein Wort heraus. Durch Zufall lernt sie dann Ryle kennen, der ihr Herz ins Wanken bringt, doch auf einmal ziehen sich Parallelen zwischen ihrer Vergangenheit und der Gegenwart.

Doch als wäre das nicht genug, taucht plötzlich Atas auf. Lilys erste große Liebe und ein Stück ihrer Vergangenheit. Hin und her gerissen zwischen damals und heute, muss sich Lily entscheiden, wie weit sie geht und ob es hier und heute endet oder für immer bleibt. Denn Liebe hat auch Grenzen, merkt sie.

Wundervoll, dass Colleen Hoover ihre Reichweite auch für wirklich wichtige und vielschichtige Themen der Gesellschaft nutzt!

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Colleen Hoover: „Nur noch ein einziges Mal“, dtv, 416 Seiten, ISBN 9783423718622, Preis: 12,95 Euro.


Petra Nietsch über „Der Verdächtige“

Petra Nietsch über „Der Verdächtige“

John Grisham:

Der Verdächtige

The Judge’s List

Acht ungeklärte Morde in sieben verschiedenen Bundesstaaten innerhalb der letzten 23 Jahre und niemand kommt auf die Idee, dass es sich um einen Serienmörder handeln könnte. Nur Jeri Crosby, deren Vater das zweite Opfer war und die davon besessen ist, den  Mörder zu finden und ihn zur Rechenschaft zu ziehen, findet nach jahrelangen, gründlichen Recherchen heraus, dass Motiv und Methode immer gleich sind.

Sie identifiziert den Täter als einen erfolgreichen Bezirksrichter mit tadellosem Ruf. Trotz ihrer ständigen Angst von ihm entdeckt zu werden, vertraut sie sich schließlich einer staatlichen Behörde an, die erste Untersuchungen einleitet.

Im gleichen Moment wird der mordende Richter als handelnde Person im Roman eingeführt, und wir als Leserinnen und Leser sind den Ermittlern immer einen Schritt voraus, da Richter Bannick uns an seinen Gedanken und Taten teilhaben lässt. Und so stellt sich immer wieder die Frage: Ist er wirklich so brillant, dass ihm nichts nachzuweisen ist?

Dieser Kriminalroman bleibt spannend bis zum Schluss.

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John Grisham: „Der Verdächtige“, Heyne, 411 Seiten, ISBN 9783453273160, Preis: 24,00 Euro.