Sonja Weber über „Der junge Doktorand“

Sonja Weber über „Der junge Doktorand“

Jan Peter Bremer:

Der junge Doktorand

Diese, fast befremdlich anmutende Novelle, die sich wie ein Kammerspiel liest und mich immer mal wieder an Dürrenmatt erinnert hat, lässt einem den Begriff Katharsis wieder ins Gedächtnis kommen. Ein älteres Ehepaar lebt zurückgezogen in einer alten Mühle am Ortsrand einer Kleinstadt. Er ein eher wenig bekannter Künstler, der sich komplett abschottet, um seine Version von sich selbst aufrecht erhalten zu können, sie, die von ihrem Leben mehr erwartet hat, versucht ihre Eitelkeiten durch „so tun als ob“ zu befriedigen.

Das Ganze eskaliert mit der Anfrage eines angeblichen Doktoranden, der gedenkt, seine Doktorarbeit über den Künstler zu schreiben. Große Erwartungen, Hoffnungen und Ideen keimen damit auf. Aber kann das gut gehen?

Bremer arbeitet in dieser grotesken, mal komischen und dann zutiefst tragischen Geschichte mit schlagfertigen und scharfen Wortwechseln. Ein Schachspiel, in dem sich Königin und König der gleichen Farbe bekämpfen und dabei ein Bauernopfer vor sich hertreiben, das die Situation retten soll, aber selbst verzweifelt zu entkommen versucht. Fast erschüttert beobachtete ich drei Menschen, die sich entweder verloren oder nie beziehungsweise noch nicht gefunden hatten.

Jan Peter Bremer: „Der junge Doktorand“, Piper Verlag, 176 Seiten, ISBN 978-3-492-31787-0, Preis: 12,00 Euro.

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Sonja Weber über „Foellig nerdiges Wissen“

Sonja Weber über „Foellig nerdiges Wissen“



Dr. Jens Foell:

Foellig nerdiges Wissen

Lust auf ein absolut großartiges und in cool-nerdiger Weise kluges, intelligentes und dabei auch noch mega witziges Buch? Dann empfehle ich Ihnen Dr. Jens Foell und sein Werk „Foellig nerdiges Wissen“.

Ich hatte so viel Spaß dabei, mir von Dr. Foell Quantenphysik, Schleimpilze, das Gehirn, Aliens, sekeuomorphe Symbole, Neotenie, den Nutzen eines Advocatus Diaboli und noch ganz viel rechts und links des Alltagswissens erklären zu lassen, dass ich meine nähere Umwelt womöglich sogar etwas genervt habe. Jeder und jedem Einzelnen, den ich erwischte, hielt ich „Foellig nerdiges Wissen“ mit der Beteuerung wie toll das ist, unter die Nase.

Auf dieses Buch und seine 42 höchst zufälligen und äußerst wissenswerten Tatsachen über unsere Welt, das Universum und den Nacktmull bin ich übrigens durch ein anderes Buch gestoßen. Wenn Sie nach Dr. Foell Lust auf mehr haben, kann ich Ihnen ebenfalls Simon Meier-Vieracker und den Titel „Sprache ist was Du draus machst“ ans Herz legen.

Dr. Jens Foell: „Foellig nerdiges Wissen – 42 höchst zufällige und äußerst wissenswerte Tatsachen über unsere Welt, das Universum und den Nacktmull“, Droemer Verlag, 288 Seiten, ISBN 978-3-426-27906-9, Preis: 18,00 Euro.

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Sonja Weber über „Ich könnte hier stundenlang sitzen und auf den Rasen schauen“

Sonja Weber über „Ich könnte hier stundenlang sitzen und auf den Rasen schauen“



Moritz Rinke:

Ich könnte hier stundenlang sitzen und auf den Rasen schauen

Ein Buch, das unglaublich unterhaltsam Lust auf Kicken macht und vor allem mitten aus dem Leben heraus davon erzählt, wie Leidenschaft funktioniert (in diesem Fall zum Fußball) ist Moritz Rinkes Geschichtenband „Ich könnte hier stundenlang sitzen und auf den Rasen schauen“.

In sechsunddreißig fußballerischen, literarischen und zeitgeschichtlichen Steilpässen auf die Fußballseele, so Peter Lohmeyer zum Buch, lässt der Autor die Leserschaft an kuriosen, aufregenden und schönen Erlebnissen teilhaben. Wenn Rinke, immerhin einer der aktuell wichtigsten Dramatiker in Deutschland, davon erzählt, wie sein Großvater 1978 nach der Niederlage Deutschlands gegen Österreich das Fernsehgerät aus dem Fenster schmiss, werden sich vielleicht einige in diesen Moment zurückversetzt fühlen. Mir ging es jedenfalls so.

Beim Lesen hatte ich das Gefühl, Beckenbauer persönlich getroffen, mit Uwe Seeler im Fahrstuhl gestanden und neben Klaus Fischer und seinem „Fallrückzieherschussbein“ gesessen zu haben. Aber auch die dunklen Seiten des Sports bleiben nicht unerwähnt.

Moritz Rinke: „Ich könnte hier stundenlang sitzen und auf den Rasen schauen“, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 220 Seiten, ISBN 978-3-462-00574-5, Preis: 14,00 Euro.

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Sonja Weber über „Arnd Zeiglers wunderbares Fußballbuch“

Sonja Weber über „Arnd Zeiglers wunderbares Fußballbuch“

Arnd Zeiglers wunderbares Fußballbuch

Arnd Zeigler, Stadionsprecher im Bremer Weserstadion, ist bekannt durch die TV- und Radiosendung. Sein Buch „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ ist eigentlich ein Kinderbuch für alle ab acht Jahren, aber ebenfalls für alle, die die Sache mit dem Abseits immer noch nicht verstanden haben, wissen wollen woher der Begriff „Derby“ kommt, ihren Angstgegner noch nicht kennen, sich fragen, was ein Retortenverein ist, was ein Manndecker macht, wie eine Mannschaft zustande kommt, was Standards sind oder die einfach gerne kurzweilig zum Thema Fußball unterhalten werden möchten.

Dazu kommen die wirklich charmanten Zeichnungen von Philip Waechter. Gutes Zusammenspiel von Zeigler und Waechter, so perfekt wie die berüchtigten Flanken zwischen Manfred Kaltz und Horst Hrubesch, dabei ist ein herrliches Werk herausgekommen. Es macht beim Lesen eben so viel Spaß wie beim Vorlesen, was ich eindeutig besser kann, als Fußballspielen und hilft mir bei meiner ganz persönlichen Vorbereitung zur Europameisterschaft.

Arnd Zeigler: „Arnd Zeiglers wunderbares Fußballbuch“, Klett Kinderbuch, 127 Seiten, ISBN 978-3-95470-289-3, Preis: 16,00 Euro.

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Sonja Weber über „Weltreise auf dem Teller“

Sonja Weber über „Weltreise auf dem Teller“

Andrea Pfuhl:

Weltreise auf dem Teller

„Weltreise auf dem Teller“ verrät der Leserschaft nicht nur kulinarische Geheimnisse vieler Länder, sondern erklärt auch gleich, warum dort traditionsgemäß so gekocht wird, wie nun einmal gekocht wird. Dabei lüftet die Autorin diverse Tricks berühmter Köche und taucht gleichzeitig in die Geschichte der jeweiligen Länder ein.

Unterhaltsam und spannend verknüpft sie Historie mit dem, ohne das keine Gesellschaft Bestand haben kann: Ernährung. Wieso zum Beispiel hat die englische Küche so einen schlechten Ruf und warum gelten die Franzosen als Feinschmecker? Woher stammen die Begriffe Umami und Kokumi, was bedeuten sie, wie bekomme ich das in ein Essen und ist das eigentlich wünschenswert? Warum gehören in eine traditionelle Paella keine Meerestiere und warum muss sie von Männern zubereitet werden? Wie haben es eigentlich Schnecken und Frösche in die Kochtöpfe geschafft? Warum gehörten zuerst hauptsächlich Bohnen ins Chilli con Carne und dann auf einmal keinesfalls mehr?

Fragen über Fragen und Andrea Pfuhl beantwortet sie alle auf eine unvergleichlich kurzweilige Art und Weise.

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Andrea Pfuhl: „Weltreise auf dem Teller“, Rowohlt Verlag, 313 Seiten, ISBN 978-3-499-00870-2, Preis: 25,00 Euro.


Sonja Weber über „Unter uns das Meer“

Sonja Weber über „Unter uns das Meer“

Amity Gaige:

Unter uns das Meer

Die Autorin und Journalistin Amity Gaige nimmt uns mit auf die spannende Reise einer Familie, die zusammen unterwegs auf dem Ozean einander und sich selbst finden und wieder verlieren. Die Autorin lässt alle ihre Protagonisten, die zusammen unterwegs und trotzdem allein sind, einzeln zu Wort kommen. Am Ende fügt sich alles auf tragische Weise zusammen und liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte beider Leben.

Ein unter die Haut gehendes Buch, von dem ich mehr als froh bin, es gekauft und nun mit Genuss und Erstaunen gelesen zu haben.

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Amity Gaige: Unter uns das Meer, Eichborn Verlag, 381 Seiten, ISBN 9783847901099, Preis: 12,00 Euro.


Sonja Weber über „Ein Jahr voller Wunder“

Sonja Weber über „Ein Jahr voller Wunder“

Clemency Burton-Hill:

Ein Jahr voller Wunder

Weihnachten steht vor der Tür und das neue Jahr in den Startlöchern. Es ist also Zeit für Geschenke und gute Vorsätze, dieses Buch ist gleich beides. Clemency Burton-Hill hat mit „Ein Jahr voller Wunder“ einen traumhaft schönen Jahresbegleiter geschaffen.

Kurzweilig, höchst interessant und humorvoll bringt die Violinistin und Moderatorin uns darin jeden Tag ein klassisches Musikstück mitsamt Komponisten oder Komponistin nahe. Sie beweist damit, dass die Welt der klassischen Musik keine „exklusive Party“ ist, sondern, dass sie für Jede und Jeden Werke bereithält, die den Tag zum Leuchten bringen.

Für alle, die Lust haben sich 2023 entweder auf eine für sie komplett neue Musikwelt einzulassen, oder, die jeden Tag ihre Lieblingsmusikrichtung mal auf eine besondere und bezaubernde Art serviert bekommen möchten, ist dieser immerwährende Kalender ein besonders schöner Begleiter.

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Clemency Burton-Hill: „Ein Jahr voller Wunder“, Diogenes-Verlag, 453 Seiten, ISBN 9783257070897, Preis: 26,00 Euro.      


Sonja Weber über „Vor uns das Meer“

Sonja Weber über „Vor uns das Meer“

Alan Gratz:

Vor uns das Meer

Drei Jahrzehnte, drei Familien und drei Flüchtlingsschicksale. Alle so unterschiedlich und doch so gleich. Josef ist elf, sein Vater Anwalt, er und seine kleine Schwester könnten ein glückliches und erfolgreiches Leben vor sich haben, schriebe man nicht das Jahr 1939. Josef und seine Familie sind jüdischen Glaubens, ihre Welt zerbricht plötzlich.

Isabel lebt 1994 in Kuba, ihre Familie weiß, dass sie in Castros Land nicht frei sein kann. Das Ziel ihrer Träume und Hoffnungen liegt nah und doch unendlich weit weg: USA – die Flucht führt über das Meer.

Ebenso wie einundzwanzig Jahre später Mahmouds Flucht aus Aleppo in Syrien. Auch er und sein Bruder wollten studieren, eine Familie gründen, dann kam der Krieg und seine Heimat ging in Rauch auf.

Mit „Vor uns das Meer“ hat Alan Gratz ein Buch geschaffen, dass Jugendliche (empfohlenes Lesealter ab 12 Jahren) wie Erwachsene gleichermaßen anspricht. Nachdem es 2020 zunächst im Hanser-Verlag erschien, wurde es für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und außerdem mit dem „Buxtehuder Bullen“ ausgezeichnet. Inzwischen ist es preisgünstig als Taschenbuchausgabe erhältlich und findet ja vielleicht Einzug in die Schulbibliotheken.

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Alan Gratz: „Vor uns das Meer“, dtv Verlagsgesellschaft, 299 Seiten, ISBN 978-3- 423-62753-5, Preis: 9,95 Euro.


Sonja Weber über „Dienstboten“

Sonja Weber über „Dienstboten“

Ulrich Greiner:

Dienstboten – Von den Butlern bis zu den Engeln

Haben Sie „The Crown“ oder „Downtown Abbey“ gesehen? Upstairs oder downstairs, oben oder unten, arm oder reich, gebildet oder nicht, bedient oder dienend – warum fasziniert uns das so? Ist das pure Nostalgie, ein wenig romantisch verklärte gute alte Zeit?

Ein alter Herr aus dem Allgäu, der seine Kindheit bei widrigsten Bedingungen auf einer Alpe verbracht hatte sagte mir mal: „Gute alte Zeit? Wer will die denn? Ich hab‘ die erlebt und glaubt mir, die gute Zeit ist jetzt!“ Ja, ist wohl so und wir sind ja auch in weiten Teilen inzwischen nicht nur unsere eigenen Herrschaften, sondern auch unsere eigene Dienerschaft.

Oder etwa nicht? Ulrich Greiner, der als Autor auch für die „Zeit“ schreibt, hat sich Gedanken über das Phänomen „Dienstboten“ gemacht und genauso heißt sein Buch. In fünfzehn kurzweiligen, interessanten und literarisch hochkarätigen Essays geht Greiner der Geschichte des Dienens auf den Grund. Von den mehreren

tausend Bediensteten am Hofe der französischen Könige, den Butlern in der Literatur bei P.G. Wodehouse, Diderot und Ishiguro bis zu den Engeln als den Boten Gottes beleuchtet der eloquente Autor die Entwicklung der Grenzen zwischen der Beletage und der Küche.

Übrigens gibt es in dieser Reihe mit Essays aus dem zu Klampen Verlag noch diverse weitere sehr interessante Titel. Schauen Sie doch mal vorbei.

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Ulrich Greiner: „Dienstboten – Von den Butlern bis zu den Engeln“, zu Klampen Verlag, 142 Seiten, ISBN 978-3-86674-827-9, Preis: 14,00 Euro.


Sonja Weber über „Richter morden besser“

Sonja Weber über „Richter morden besser“

Thorsten Schleif:

Richter morden besser

Thorsten Schleif ist im Hauptberuf Jugendrichter am Amtsgericht Dinslaken, hat sich bisher in zwei Sachbüchern zu skandalösen Urteilen an deutschen Gerichten ausgelassen und ist nun mit seinem ersten Roman „Richter morden besser“ um die Ecke gekommen.

In dem wird dann auch gleich sehr geschickt und irgendwie erfrischend befriedigend ein böser Bube um die Ecke gebracht. Weil sich sonst keiner traut, dem bekanntesten Drogendealer der Stadt, auf dessen Konto diverse Tote gehen, den Laden dicht zu machen, nimmt das bei Schleif der Richter Siggi Buckmann selbst in die Hand.

Das Leben hat den einst idealistischen Jurastudenten zu einem ironisch-sarkastischen Beamten gemacht, der gefrustet Dienst nach Vorschrift schiebt. Der Tod eines Obdachlosen durch „dreckige Drogen“ jedoch lässt ihn zum Mörder werden. Während andere Berufsgruppen dabei eher zu Messern oder Schusswaffen tendieren, nimmt Buckmann, was er zur Hand hat: Er ordnet Haft an. Ein fast perfekter Mord, denn jeder sucht nur nach dem unmittelbaren Täter.

Wenn man bereit ist, sich auf Schleifs schwarzhumorigen Ton einzulassen, ist dieses Buch extrem unterhaltend. Die Beurteilung des Wahrheitsgehaltes überlasse ich denen, die sich damit auskennen.

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Thorsten Schleif: „Richter morden besser“, Wihelm Heyne Verlag, ISBN 978-3-453-42616-0, Preis: 11,00 Euro.