Sie kam aus Mariupol

Sie kam aus Mariupol

Sie kam aus Mariupol

Natascha Wodin:

Sie kam aus Mariupol

Mariupol – eine Stadt, die beim Hören und Sehen der vielen Schreckensnachrichten aus dem gegenwärtigen Krieg gegen die Ukraine immer wieder begegnet. So kam mir wieder ein großartiges Buch in den Sinn, das ich vor einigen Jahren gelesen habe: „Sie kam aus Mariupol“ von Natascha Wodin. Das 2017 erschienene und vielfach preisgekrönte Buch, inzwischen als Taschenbuch verfügbar, beschreibt eindrücklich die Suche der Autorin nach ihrer Mutter und deren Familiengeschichte.

Natascha Wodin wurde 1945 in einem DP-Lager (Displaced Persons) als Kind sowjetischer Zwangsarbeiter geboren. Die Mutter nahm sich früh das Leben, weil sie das entwürdigende Leben in Deutschland nicht ertragen konnte. Natascha, die anschließend in einem Kinderheim aufwuchs, blieben nur einige Fotos und eine Ikone von ihrer Mutter. Natascha Wodin nimmt die Leser*innen mit auf eine lange Suche nach ihrer Mutter und der Familie.

Dabei begegnet man einem bewegenden menschlichen Schicksal und den vielen Wendungen europäischer Geschichte im 20. Jahrhundert: Verfolgung unter dem Stalinismus, dem Krieg der Deutschen gegen die Sowjetunion in der Ukraine, Zwangsarbeit in Deutschland, Demütigungen in der Nachkriegszeit. Und als Leser*in kommen wir auch nach Mariupol, der Stadt am Asowschen Meer, die vor dem Ersten Weltkrieg eine multikulturelle Stadt war – Ukrainer, Russen, Griechen, Italiener, Franzosen, Deutsche, Türken, Polen, Juden lebten hier zusammen. Und fassungslos werden wir auch  mit der Zerstörung durch die Deutschen konfrontiert: „Ganz Mariupol verbrannt, gesprengt …“ Wie sich die Bilder gleichen.

Natascha Wodin: Sie kam aus Mariupol, Rowohlt Taschenbuch 2018, 368 Seiten, ISBN 978-3499290657, Preis: 12,00 Euro.

Die Frage nach dem Sinn des Lebens

Die Frage nach dem Sinn des Lebens

Die Frage nach dem Sinn des Lebens

Willkommen am Dienstag, 8. März, und damit am Internationalen Frauentag. Der Aktionstag entstand 1911 im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen. Seit 1921 steht der Internationale Frauentag am 8. März im Kalender, das Datum bestätigten auch die Vereinten Nationen 1975 zum „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“. Eigentlich traurig, dass der Aktionstag heute noch so wichtig ist…

Heute geht es ansonsten um drei Mal Kult – auf sehr unterschiedliche Weise. Aber der Reihe nach: Am 8. März 1970 wurde das Stück „Atem“ von Samuel Beckett uraufgeführt. Zu spät kommen durfte man nicht, die Aufführung dauerte ganze 35 Sekunden. Schauspieler, Text oder gar Handlung erwartet das Publikum vergebens. Die komplette Regieanweisung: „Dunkel. Dann 1) schwache Beleuchtung der Bühne, auf der verschiedenartiger, nicht erkennbarer Unrat herumliegt. Etwa fünf Sekunden lang. 2) Schwacher, kurzer Schrei und sofort danach gleichzeitig Einatmen und allmählich aufhellende Beleuchtung bis zu dem nach etwa 10 Sekunden gleichzeitig zu erreichenden Maximum. Stille, etwa fünf Sekunden lang. Ausatmen und gleichzeitig allmählich dunkelnde Beleuchtung bis zu dem nach etwa zehn Sekunden gleichzeitig zu erreichenden Minimum (Beleuchtung wie bei 1) und sofort danach Schrei wie vorher. Stille, etwa fünf Sekunden lang. Dann Dunkel.“

Dabei soll es laut Lexikon um die „auf ein ästhetisches Skelett reduzierte Erkenntnis, dass das menschliche Leben zwischen Geburt (erster Schrei) und Tod (letzter Schrei) nicht mehr als ein kurzes Werden (Einatmen und Hellerwerden) und Vergehen (Ausatmen und Dunkelwerden) im sinnlosen Chaos (Unrat) der Welt sei“. Ich bin mir nicht sicher, ob ich bei der Lektüre tief ausgeatmet oder nur gestöhnt habe…

Sehr viel näher ist mir da schon der Humor von Vicco von Bülow. Am 8. März 1976 wurde die erste Folge der TV-Sendereihe „Loriot“ mit so genialen Sketchen wie „Der Lottogewinner“ ausgestrahlt.  Aus dem Satz „Ich heiße Erwin Lindemann, bin Rentner und 66 Jahre. Mit meinem Lottogewinn von 500.000 Mark mache ich erstmal eine Reise nach Island, dann fahre ich mit meiner Tochter nach Rom und besuche eine Papstaudienz. Und im Herbst eröffne ich dann in Wuppertal eine Herrenboutique“ wird am Ende: „Ich heiße Erwin und bin Rentner. Und in 66 Jahren fahre ich nach Island und da mache ich einen Gewinn von 500.000 Mark. Und im Herbst eröffnet dann der Papst mit meiner Tochter eine Herrenboutique in Wuppertal.“ Göttlich!

Dieser Blog wird eindeutig zu lang. Aber an der Frage nach dem Sinn des Lebens kommt man eben nicht vorbei. Am 8. März 1978 wurde die erste Folge von Douglas Adams’ Hörspiel „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ (Per Anhalter durch die Galaxis) auf BBC Radio 4 ausgestrahlt. Demnach besteht der einzige Zweck der Erde darin, die Frage nach dem Sinn des Lebens, dem Universum und dem ganzen Rest zu finden. Aus dem Hörspiel „Per Anhalter durch die Galaxis“ entwickelte Douglas Adams insgesamt fünf Romane. Und bevor ich es vergesse: Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens lautet natürlich „42“.



Zwei alte Frauen

Zwei alte Frauen

Velma Wallis: Two Old Women

Zwei alte Frauen

Velma Wallis schreibt in diesem Büchlein eine Legende nieder, die bislang von ihrem in Alaska beheimateten Stamm ausschließlich mündlich weitergegeben wurde. Die Gwich’in sind ein Nomadenvolk und während eines besonders harten Winters können sie kaum noch Nahrung finden. Es droht die  Gefahr, dass sie alle verhungern. Den Stammesgesetzen entsprechend entschließen sie sich, die beiden ältesten, sehr betagten Frauen in der Wildnis zurückzulassen, da sie nur noch eine Bürde sind. Nach dem ersten Schrecken entscheiden die beiden, sich nicht ihrem Schicksal zu ergeben und besinnen sich auf Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie seit ihrer Jugend gelernt haben…

Die Geschichte ist geradlinig und fesselnd erzählt. Durch die detailgetreuen Naturbeschreibungen wird eine Landschaft lebendig, die sich viele von uns in ihrer Schönheit aber auch Grausamkeit nicht vorstellen können. Legenden und Sagen vermitteln auch immer eine Botschaft. In diesem Fall geht es um Gemeinschaft, Respekt, aber auch soziale Verantwortung. Themen, die auch in unserer modernen Zeit eine Bedeutung haben.

Velma Wallis: „Zwei alte Frauen“ (OT: „Two Old Women“), Verlag Piper Taschenbuch, 128 Seiten, ISBN 978-3492240345, Preis: 10,00 Euro.


Eine Maus und alte Cornflakes

Cornflakes

Eine Maus und alte Cornflakes

Die erste „Hunderter-Marke“ des jungen Jahres ist an diesem Montag, 7. März, gefallen. Es sind nur noch 299 Tage bis Jahresende. Und wenn wir schon bei der rasenden Zeit sind: Von heute an sind es nur noch 25 Tage, bis die BÜCHER-HEIMAT am 2. April ihre Pforten öffnet!

Da hat Micky Maus keine Chance. Wenn in Deutschland von „der Maus“ die Rede ist, läuft im Kopfkino schon ein Film ab mit einer orange-farbenen Hauptdarstellerin mit braunen Ohren, Armen und Beinen, die kokett mit den Augen klimpert und vielleicht mehr Wissen vermittelt hat als manche Schule: Am 7. März 1971 feiert die von der Illustratorin Isolde Schmitt-Menzel erfundene Zeichentrickfigur in der WDR-„Sendung mit der Maus“ ihre Bildschirmpremiere. Bis heute wurden mehr als 2200 Sendungen ausgestrahlt. Die „Lach- und Sachgeschichten“ begeistern Jung und Alt. Mir beispielsweise wurde die quälende Frage beantwortet, warum Wiener Würstchen an einer Seite so einen merkwürdigen, oft bräunlichen Knick haben (und wenn ich jetzt neugierig gemacht habe, unten gibt es das Youtube-Video, 6:28 min).

Dass wir als Illustration „Kochen und backen mit der Maus: Rezepte, Tipps und Tricks für kleine und große Maus-Fans“ gewählt haben, ist kein Zufall. Heute ist auch noch der „Tag der gesunden Ernährung“. Initiiert wurde dieser Aktionstag im Jahr 1996 durch den Verband für Ernährung und Diätik e.V. (VFED), regelmäßig findet er auf Wunsch der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seit 2007 am 7. März statt.

Ob unser Blick 125 Jahre zurück aufs Kalenderblatt des 7. März 1897 zum Thema gesunde Ernährung passt, lasse ich mal dahingestellt sein. Das Internet ist voll von streitbaren Seiten zu der Frage, ob Kellogg’s Cornflakes gesund sind oder nicht. Unbestreitbare Tatsache allerdings ist, dass der Arzt John Harvey Kellogg am 7. März 1897 den Patienten in seinem Sanatorium in Battle Creek im US-Bundesstaat Michigan zum ersten Mal Cornflakes servieren ließ, die er zusammen mit seinem Bruder Will Keith Kellogg erfunden hatte. Vielleicht kann man die Gesundheitsfrage mit einem Blick in die Firmengeschichte beantworten: Nachdem Will Keith 1906 dazu überging, den Cornflakes Zucker hinzuzufügen, hatte er bei den Konsumenten enormen Erfolg, zerstritt sich über die Zucker-Frage aber mit seinem Bruder. Beide sprachen nie mehr miteinander. Will Keith gründete seine eigene Firma, aus der später die Kellogg Company wurde. John Harvey Kellogg widmete sich derweil der Produktion von Sojaprodukten und entwickelte Ersatzprodukte für Kaffee und für Fleisch, eines davon mit Beefsteak-Geschmack. Das nennt man dann wohl seiner Zeit voraus sein…


Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.

Datenschutz Google/YouTube



Online shoppen – aber in Bad Harzburg!

Online-Shopping

Online shoppen – aber in Bad Harzburg!

Ein Sonntag wie dieser 6. März lädt zum Spaziergehen im Harz, aber auch zum Surfen im Internet ein. Dazu eine Anmerkung sozusagen in eigener Sache, weil danach gefragt wurde:

Das Ende des Online-Shoppens

Eine gemeinnützige Mitmach-Buchhandlung, die eine Angebotslücke stopfen und zu einer attraktiven Innenstadt beitragen soll, lädt im Internet zum Online-Einkauf ein. Ein Widerspruch? Keineswegs. Noch immer werden 42 Prozent der Buchkäufe über Buchhandlungen abgewickelt – und das verdanken diese dem extrem wachsenden Online-Geschäft. Die Zuwachsrate bei den Buchhandels-Webshops lag laut „Börsenblatt“ mit 27,2 Prozent viermal so hoch wie beim vermeintlichen Giganten „Amazon“ mit 7,2 Prozent. Und bald gehört auch die BÜCHER-HEIMAT dazu! Seien wir ehrlich: Wer stöbert nicht gern abends vom heimischen Sofa aus im Internet nach dem nächsten guten Buch? Auch dabei kann die BÜCHER-HEIMAT mit Lesetipps von Bad Harzburger*innen für Bad Harzburger*innen helfen. Der Name unseres Online-Shop-Partners genialokal ist für uns Programm: Online shoppen – aber in Bad Harzburg! Wobei manche Experten schon „Das Ende des Online Shoppings: Die Zukunft des Einkaufens in einer vernetzten Welt“ besingen.

Wehe dem, der lügt!

Wobei Literatur ja durchaus eine gefährliche Sache sein kann. Was Franz Grillparzer im Gefolge der Uraufführung seines Lustspiels „Weh dem, der lügt!“ am 6. März 1838 erfahren musste. Das Stück löste einen Skandal aus, der Grillparzer bewog, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Das Werk, das den Sieg einer praktischen Vernunft über eine weltfremde Anschauung und den Sieg einer Rebellion von gesellschaftlich Benachteiligten gegen die verkrustete Ordnung von Adel und Kirche thematisiert, wird heute als eines der klassischen deutschen Lustspiele angesehen.

Die Kameliendame

Große Bühnenwerke, die bei ihrer Uraufführung krachend scheiterten – aus diesem Stoff könnte man locker eine Serie machen und mit illustren Namen aufwarten: Wie Grillparzer mit seinem Lustspiel und Bizet mit seiner Oper „Carmen“ (siehe Blog am 3. März) hatte auch Giuseppe Verdi mit seiner Oper „La Traviata“ nach dem Roman „La dame aux camélias“ von Alexandre Dumas dem Jüngeren bei der Uraufführung am Teatro La Fenice in Venedig wenig Glück. Es war ein glatter Reinfall. Erst eine überarbeitete Neuversion wurde später zu einer der erfolgreichsten Opern der Musikgeschichte, belegt nach Aufführungen Rang 3 hinter der „Zauberflöte“ und „Carmen“.

Mit solchem Problemen haben die „Galaktischen“, die zugleich auch noch die „Königlichen“ sind, natürlich nicht zu kämpfen. Zumindest Fußballfans wissen bereits, von welchem Verein nun die Rede sein wird: Heute vor 120 Jahren (1902) wurde mit dem Eintrag ins Vereinsregister der bereits seit 1897 bestehende Fußballklub Real Madrid offiziell gegründet. Viel zu maulen hatte das Publikum bei den stets weiß gekleideten Kickern nicht. Der spanische Rekordmeister ist noch nie abgestiegen und mit 13 Erfolgen im Europapokal der Landesmeister bzw. der UEFA Champions League, zwei UEFA-Pokal-Siegen sowie 11 weiteren internationalen Titeln der erfolgreichste Verein Europas und der Welt.



Klavierbauer und Traumtänzer

Klavierbauer und Traumtänzer

Klavierbauer und Traumtänzer

„O eminenter Tastenhengst, / der du der Töne Schlachten lenkst / und sie mit jeder Hand für sich / zum Siege führst, dich preise ich!“ Klaviere stehen an diesem Samstag, 5. März, im Fokus. Und bei Klavieren fällt mir stets sofort eines meiner Lieblingsgedichte von Heinz Ehrhardt ein. Vor allem der schöne Satz: „(…) und kommst du gänzlich in Ekstase, / hängt dir ein Tropfen in der Nase.“

Nun aber sollten wir ernster werden, geht es doch um einen der berühmtesten Harzer überhaupt. am 5. März 1853 gündete ein gewisser Heinrich Steinweg aus Wolfshagen in New York das Klavierbau-Unternehmen „Steinway & Sons“. Die berühmteste Flügelmarke der Welt aus Harzer Meisterhand. Heinrich Engelhard Steinweg wurde am 22. Februar 1797 in Wolfshagen im Harz als Sohn eines Köhlermeisters geboren und absolvierte mit 15 Jahren eine Tischlerlehre. In Goslar war er Organist, ließ sich zum Instrumentenbauer ausbilden und begann in seiner Seesener Schreinerei nebenher zunächst mit dem Bau von Gitarren, Zithern und Mandolinen, eher er sich an Tafelklavieren, Pianinos und Flügeln versuchte. Mit durchschlagendem Erfolg, wie man heute weiß.

Dem berühmten Sohn des Ortes widmet der Verein „Wolfshäger Steinway“ großartige Konzerte in der Region. Wobei alle Klassikfans gemeinsam hoffen, dass dies in diesem Jahr trotz der Corona-Pandemie wieder problemlos möglich sein wird. Was immer im wahrsten Sinn des Wortes „geht“ ist eine Tour auf dem „Steinway-Trail“ um Wolfshagen und Seesen. An diesem Wochenende soll uns im Harz durchaus auch die Sonne lachen, also warm anziehen und losmarschiert. Wer hinter dem Harzer Wanderstempel her ist, kann mit Mandolinen- und Tränkebachhütte die Stempelstellen 142 und 104 erledigen. Und in Touristinfos und Museen in Seesen und Wolfshagen gibt es zudem ein Stempelheft zum Steinway-Trail.

Etwas schwer tue ich mich mit dem Übergang zum letzten Thema des Tages, obwohl Udo Jürgens ohne Klavier kaum vorstellbar ist. Allerdings bevorzugte er nicht Steinways, sondern die Instrumente aus dem einst traditionsreichen Braunschweiger Haus Schimmel-Pianofortefabrik.  Am 5. März 1966: gewann der Österreicher in Luxemburg bei seinem dritten Auftritt mit dem Lied „Merci, Chérie“ den Grand Prix Eurovision de la Chanson. An einem gläsernen „Schimmel“ sorgte er 1983 mit „Traumtänzer“ zudem für einen spektakulären Werbeauftritt auf dem Jungferjoch (Youtube 4:41 min):


Mit dem Laden des Videos akzeptierst du die Datenschutzerklärung von YouTube.

Datenschutz Google/YouTube



Unverfügbarkeit

Unverfügbarkeit

Hartmut Rosa:

Unverfügbarkeit

Gelegentlich lasse ich mich gerne anregen, um über grundlegende Fragen menschlichen Lebens nachzudenken. Der Soziologe Hartmut Rosa hat es mit seinem kleinen Buch „Unverfügbarkeit“ geschafft, mir solche Anregungen zu geben. Für ihn gehört es zum individuellen und gesellschaftlichen Leben, dass Wesentliches der Verfügbarkeit entzogen ist und um der Lebendigkeit willen auch bleiben muss. An Alltagserfahrungen wie dem Schneefall oder dem Fußballspiel zeigt er das auf: „Eine Welt, die vollständig gewusst, und beherrscht wäre, wäre eine tote Welt.“

In der europäischen Moderne aber sieht er ein Projekt, das den Versuch unternimmt, die gesamte Welt – Mensch und Natur – verfügbar zu machen, zu kontrollieren und nutzbar zu machen. Von der Geburt bis zum Tod soll alles planbar und beherrschbar werden. Das führt jedoch in seinen Augen gerade nicht zu einem besseren Leben, sondern zu neuen Bedrohungen und nicht beherrschbaren Situationen, wie an Naturkatastrophen als Folge menschlicher Eingriffe oder der Unbeherrschbarkeit der Atomkraft ablesbar ist.

Neben der begrifflichen Anstrengung , die das Buch zuweilen verlangt, gibt Rosa schöne Beispiele, wo uns die Unverfügbarkeit begegnen kann und die Faszination für verschiedene Dinge wichtig bleibt – im Hören von Musik, im Lesen eines Buches, im Blick in ein menschliches Antlitz – , sofern wir dafür offen bleiben.

Hartmut Rosa: Unverfügbarkeit, Suhrkamp Taschenbuch 2020, 130 Seiten, ISBN 978-3518471005, Preis: 10,00 Euro

Gruseliger Graf und eine Fledermaus

Scrapbooking Symbolbild

Gruseliger Graf und eine Fledermaus

Ich bin an diesem Freitag, 4. März, zugegeben einen Tag zu spät dran, weil ich das Abheben eines Superhelden glatt verpennt habe. Seit gestern flattert er durch die Kinos der Welt: „The Batman“.

Für mich war der Fledermausmann nie so wirklich der große Held, den man in Kinderspielen gern verkörpert hätte. Ich gehörte eher der Winnetou-und-Old-Shatterhand-Fraktion an. Und bei den beiden viel meine Wahl in der Regel auf den hünenhaften Blonden aus den Filmen (Lex Barker). Die Sache mit der Schmetterhand habe ich allerdings nie so richtig hinbekommen. Vielleicht bietet dieser neue Batman-Film die Chance, mir zumindest die Stars des DC-Universums zu erschließen. Beim großen Gegenspieler Marvel-Comics bin ich an der Aufgabe schon gescheitert. Ins Kino gehen werde ich also erst nach dem 22. März, denn der Verlag Dorling Kindersley ist mit seinem „ultimativen“ Nachschlagewerk „Batman – Die Welt des dunklen Ritters“ nicht ganz pünktlich zum Filmstart.

Wer mit den Comic-Heftchen nichts anfangen kann, ist vielleicht bei einer Art kreativer Do-it-Yourself-Variante richtig: Heute ist „International Scrapbooking Day“. Und bei den selbstgebastelten Bildergeschichten handelt es sich keineswegs um neumodisches Zeug. Wikipedia führt als erste prominente Scrapbooker Königin Victoria von Großbritannien und Mark Twain. Im 20. Jahrhundert wurde die Themenwelt erweitert, es ging nicht länger „nur“ um die mit Fotos, Eintrittskarten und anderen Erinnerungsstücken verknüpfte eigene Lebensgeschichte, sondern oft um Stars, deren Leben mit Ausschnitten aus Illustrierten und Zeitungen nachvollzogen wurde. Bei mir galt diese Vorliebe dem Fußballer Günter Netzer. Über den Mönchengladbacher hatte ich Aktenordner voller Zeitungsschnipsel. Nur wusste ich seinerzeit nicht, dass ich ein Scrapbooker war. Einen Einstieg in die Bastelwelt bietet „Memory Keeper – Vintage-Journaling und Scrapbooking mit fraeuleinfotofee“.

Und dann gilt es noch ein großes Jubiläum zu betrachten: Heute vor 100 Jahren erlebte der Stummfilm „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ des genialen Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau im Marmorsaal des Zoologischen Gartens Berlin seine Weltpremiere. Max Schreck brillierte in der Rolle des Vampirs Graf Orlock. Bis heute gilt der Spielfilm als prägend für das Genre des Horrorfilms. Und das völlig zu Recht: Für mich als bekennendem Horrorfilm-Feigling gehört der Stummfilm zu den furchteinflößendsten Filmen überhaupt. Wer des gruseligen Grafen Gruft näher erkunden möchte, wird bestimmt hier fündig: „Der Fall Nosferatu: Enthüllte Geheimnisse zum Stummfilm-Klassiker“.



Hush – Verbotene Worte

Hush – Verbotene Worte

Dylan Farrow:

Hush – Verbotene Worte

Shae lebt in einem Land, in dem das geschriebene Wort gefährlich werden kann, denn die Tinte kann zu einer todbringenden Krankheit führen. Nur die Barden können diese Macht kontrollieren. Seit ihr Bruder an der Krankheit gestorben ist, merkt Shae, das mit ihr etwas nicht stimmt, und hat die Befürchtung, selber von der Krankheit befallen worden zu sein. Als eines Tages die Barden in ihr Dorf kommen, passiert etwas, was ihr ganzes Leben verändert und sie macht sich auf die Suche nach Antworten…

Hush ist ein toller Fantasyroman, womit man viele schöne Lesestunden verbringen kann. Die Protagonistin entwickelt sich im Laufe der Geschichte zu einer starken, jungen Frau, die bereit ist für sich und ihre Freunde zu kämpfen. Das Ende ist offen und macht Lust auf den zweiten Band, den ich auf jeden Fall auch lesen werde.

„Hush – Verbotene Worte“ ist der erste Band einer Dilogie, der zweite Band „Hush – Ende des Schweigens“ erscheint am 09. März. Ein toller Fantasyroman für Jugendliche ab 14 Jahren!

Dylan Farrow: „Hush – Verbotene Worte“, Loewe-Verlag, 416 Seiten, ISBN: 978-3-7432-0516-1, Preis: 19,95 Euro.
Dylan Farrow: „Hush – Ende des Schweigens“, Loewe-Verlag, 400 Seiten, ISBN 978-3-7432-0644-1 , Preis: 19,95 Euro.

Dylan Farrow:

Hush – Ende des Schweigens



Carmen, Zelda und sechs Großväter

Nintendo Switch

Carmen, Zelda und sechs Großväter

Um Punkt 7.00 Uhr geht die Sonne heute, am Donnerstag, 3. März 2022, auf. Morgen steht dann erstmals in diesem Jahr eine 6 vorn. Die „länger“ werdenden Tage bauen mich stets auf. Auch wenn Amsel, Drossel, Fink und Star vielleicht ein klein weniger leiser vor dem Schlafzimmer den Morgen begrüßen könnten…

Aber natürlich gilt gerade mit Blick auf unsere gefiederten Freunde der schöne Satz: „Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall.“ Ein Slogan, der irgendwie durchweg zu meinen Themen passt. Heute vor 97 Jahren (1925) wurde das von John Gutzon de la Mothe Borglum in den Stein gemeißelte Mount Rushmore National Memorial in den Black Hills, South Dakota, eingeweiht. Fertiggestellt waren die je 18 Meter hohen Porträtköpfe der US-Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln erst 1941 – und avancierte als Shrine of Democracy (Schrein der Demokratie) schnell zu einer bedeutenden Touristenattraktion. Ganz und gar nicht begeistert waren derweil die Lakota-Indianer. Sie sahen das Monument als eine Entweihung ihres heiligen Berges Six Grandfathers („sechs Großväter“).

Ausgesprochen kühl, so wissen Zeitzeugen zu berichten, wurde am 3. März 1875 die Uraufführung der Opéra-comique „Carmen“ von Georges Bizet mit dem Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy nach der gleichnamigen Novelle von Prosper Mérimée an der Opéra-Comique in Paris vom Publikum aufgenommen. Aber was wirklich gut ist, setzt sich durch. Und im Fall von „Carmen“ vergleichsweise schnell. Der Welterfolg des Werkes begann wenige Monate später. Heute rangiert Bizets Meisterwerk hinter Mozarts „Zauberflöte“ und vor „La Traviata“ auf Rang 2 in der Liste der meistaufgeführten Opern der Welt.

So ändern sich die Zeiten. Und was für mich ein interessantes Datum der Kulturgeschichte ist, rückt zumindest für meinen jüngsten Sohn ganz sicher hinter ein anderes Ereignis dieses 3. März zurück: Vor fünf Jahren ging die Spielkonsole Nintendo Switch in den weltweiten Verkauf. Und der übertraf alle Erwartungen, toppte selbst die schon gigantischen Verkaufszahlen aller bis dato erschienenen Nintendo-Konsolen. Die Nintendo Switch lässt sich als sogenannte hybride Konsole sowohl als stationäre, also mit einem externen Bildschirm verbundenes Gerät nutzen, wie auch als tragbare Handheld-Konsole. Im Dezember 2021 durchbrach die Nintendo Switch mit etwa 104 Millionen Stück eine weitere Schallmauer und avancierte zur meistverkauften Heimkonsole. Nicht unwesentlich dazu bei trug ein Spiel mit Kultcharakter. Für den Jump-and-run-Wettkampf bin ich nicht mehr schnell genug, aber als Zuschauer fasziniert „The Legend of Zelda: Breath of the Wild” selbst einen älteren Herren wie mich…