Bettina Luis zum Werk von Clemens J. Setz

Bettina Luis zum Werk von Clemens J. Setz

Clemens J. Setz:

Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes

Der Trost runder Dinge

Ich kenne kaum einen lebenden Schrift-stellenden Menschen, der so radikal gegen „den Strom“ schreibt und dennoch die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen (Tabu-)Themen so lupenrein vertiefend beschleunigt. Schonungslos konfrontierten mich Clemens J. Setz‘ 38 detaillierten Erzählungen in den zwei Taschenbüchern „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“ und „Der Trost runder Dinge“ mit den Abgründen menschlicher Phantasie: Scheinbar sinnlose Aggression (Milchglas/Die Entschuldigung) und pornografische Exzesse (Die Blitzableiterin…/Weltbild), provozieren extrem, um mich gleich wieder in der nächsten Erzählung in ungeheuerlich sprachlich verfremdeter Zärtlichkeit aufzufangen (Spam/Mütter/Das alte Haus). Im Fokus stehen bei Setz immer auch das Surreale, Künstliche Intelligenzen, das Leben in und mit fremden (PC-)Welten (Kvaloeja/Character IV/Condillac), Vergänglichkeit der Leiblichkeit (Die Visitenkarten/Eine sehr kurze Geschichte/Die zwei Tode).

Beim Lesen musste ich viel lächeln und staunen über so irre Kreativität und Phantasie, die oft genug im Nonsens endet oder mich mit ganz neuen Fragen Richtung Zukunft entlassen haben. Da wachsen einem Menschen kurz Flügel, da wohnen Menschen in Riesenradgondeln oder in Schneekugeln im Weltall… Ich mag Setz‘ Unberechenbarkeiten, Achterbahnfahrten, dieses schüttelnde Kribbeln wie bei unbekanntem Brausepulver. Und ich stelle mich der ungenießbar ekligen Bitternis im Erkennenmüssen, dass Mensch und Gesellschaft hier und jetzt tatsächlich so abgründig sind, was ich derart polarisierend gar nicht hören wollte…

Wer Lust auf „Verrücktes“ hat, seine eigenen Lesegewohnheiten erweitern möchte, wer Ernst Jandl und Arno Schmidt sprachlich und inhaltlich zumindest spannend findet, weil der Mensch ja nicht alles verstehen muss/kann, der kommt an Clemens Setz zukünftig nicht mehr vorbei! Empfehlenswert darum auch seine Romane: „Indigo“, „Die Bienen und das Unsichtbare“, „Gedankenspiele über die Wahrheit“. Wahrlich ein noch viel zu „unerhörter“ österreichischer Schriftsteller – trotz Georg-Büchner-Preis-Ehrung 2021.

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Clemens J. Setz: „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“, Suhrkamp, 349 Seiten, ISBN 9783518463352, Preis: 12,00 Euro.

Clemens J. Setz: „Der Trost runder Dinge“, Suhrkamp, 314 Seiten, ISBN 9783518470961, Preis: 12,00 Euro.


Lena Scholz über „Ein ganzes halbes Jahr“

Lena Scholz über „Ein ganzes halbes Jahr“

Jojo Moyes:

Ein ganzes halbes Jahr

Eine Liebesgeschichte, die wirklich ganz anders ist als alle, die ich zuvor gelesen habe. Jojo Moyes Schreibstil ist flüssig, mitnehmend und berührt direkt am Herzen.

Louisa und Will. Ein junger, reicher Mann, der seit einem Unfall Tetraplegiker ist und im Rollstuhl sitzt, weil er unterhalb des Halses nichts mehr spürt. Er möchte sich umbringen, weil er dieses Leben so nicht möchte und Louisa eine jungen, unerfahren, nicht selbstbewusste Frau hat ein halbes Jahr ihn umzustimmen. In diesem „ganzen halben Jahr“ entdeckt Louisa an sich Seiten, die ihr Leben für immer verändern werden, aber ob ihre Liebe zu Will reicht, um ihn umzustimmen?

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Jojo Moyes: „Ein ganzes halbes Jahr“, Rowohlt Taschenbuch, 527 Seiten, ISBN 9783499266720, Preis: 12,00 Euro.


Bettina Köhlert über die „Schwesterglocken-Trilogie“

Bettina Köhlert über die „Schwesterglocken-Trilogie“

Lars Mytting: Schwesterglocken-Trilogie

Die Glocke im See
Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund

Teil 3 wird auf der Verlagswebsite noch nicht angekündigt.

Diese beiden Bücher habe ich bewusst sehr  langsam gelesen, vor lauter Sorge, dass sie enden könnten. Zum Glück ist  es eine Trilogie und ein dritter Band dieser  wundervollen  Geschichte steht noch aus.

Lars Mytting schreibt über das Leben  im norwegischen Gudbrandsdal,  beginnend im Jahre 1880. Man kann sich der archaischen Kraft dieser  außerordentlichen Geschichte nicht entziehen. Lars Mytting ist ein außerodentlicher Erzähler. Ich kann diese Bücher  wärmstens empfehlen.

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Lars Mytting: „Die Glocke im See“, Insel-Verlag, 482 Seiten, ISBN 9783458364757, Preis: 12,00 Euro.

Lars Mytting: „Ein Rätsel auf blauschwarzem Grund“, Insel-Verlag, 539 Seiten, ISBN 9783458682516, Preis: 13,00 Euro.


Lena Scholz über „Zugvögel“

Lena Scholz über „Zugvögel“

Charlotte McConaghy:

Zugvögel

Dieser Roman spielt in der Zukunft unseres Planeten, welcher durch den Klimawandel zerstört wurde. Wie auch bei ihrem Roman „Wo die Wölfe sind“, hat die Protagonistin ein besonderes Gefühl für die Natur, Menschen und Stimmungen. Vor allem begeistert die Entwicklung der Geschichte, da die Protagonistin den letzten Küstenseeschwalben auf deren Route um die Welt folgt.

Dazu segelt sie auf einem Fischerboot mit, auf dem die Besatzung vom Fischfang lebt. Es ergeben sich Diskussionen, was von uns Menschen und der Welt wie sie war, geblieben ist. Höchst interessant, spannend und berührt einen auf ganz bestimmte Weise.

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Charlotte McConaghy: „Zugvögel“,  Fischer Taschenbuch, 416 Seiten, ISBN 9783596705207, Preis: 12,00 Euro.


Lena Scholz über „Der Sommer, als ich schön wurde“

Lena Scholz über „Der Sommer, als ich schön wurde“

Jenny Han:

Der Sommer, als ich schön wurde

Diese dreibändige Reihe von Jenny Han begeistert zu Recht unzählige Leser. Die Autorin nimmt einen mit in eine andere Zeit, als das Leben noch leichter war, als wir jünger, freier und glücklicher waren. Scheinbar – bis wir älter werden. Die Protagonisten sind drei Jugendliche (ein Mädchen und zwei Jungs, die Geschwister sind). Zusammen begleiten wir sie über Jahre ihrer Entwicklung und wie letztendlich jeder sein Glück findet. Von Erfahrungen, die wir als Jugendliche alle machen, von Glück, Freiheit und der unbändigen Kraft der ersten großen Liebe, die man nie vergisst.

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Jenny Han: „Der Sommer, als ich schön wurde“, dtv Verlagsgesellschaft, 315 Seiten, ISBN 9783423086769, Preis: 10,95 Euro.


Lena Scholz über „Unterleuten“

Lena Scholz über „Unterleuten“

Juli Zeh:

Unterleuten

Auf ehrliche, teils versteckte Weise erzählt Juli Zeh über ein kleines Dorf im Osten Deutschlands. Indem alles noch seinen eigenen Regeln folgt, die nicht jeder versteht, doch die für die Menschen dort wichtig sind, um mit der Welt so umzugehen, dass sie noch einen Sinn in ihrem Sein finden.

Juli Zeh schafft es, diese Menschen so zu charakterisieren, dass der Leser den Gedanken bekommt, dass trotz der Entfernungen in Lebensweisen, Denken und Handeln, wir alle auf eine bestimmte Weise verbunden sind. Eine Weise, die wir womöglich vergessen oder verdrängt haben, doch die immer da sein wird und uns miteinander verbindet, egal wer wir sind.

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Juli Zeh: „Unterleuten“, btb Taschenbuch, 643 Seiten, ISBN 9783442715732, Preis: 12,00 Euro.


Lena Scholz über „Das Buch eines Sommers“

Lena Scholz über „Das Buch eines Sommers“

Bas Kast:

Das Buch eines Sommers

Ein sehr süßes, einfühlsames und leichtes Buch, welches die Fragen des Lebens anspricht und auf charmante Weise den Leser mitnimmt. Protagonist ist ein Familienvater, welcher nach dem Tod seines Lieblingsonkels (der Schriftsteller war), in ein Loch fällt.

Sein Pharmaunternehmen entwickelt Medikamente gegen das Altern, doch mit der Zeit, die er im Anwesen seines Onkels verbringt, wird ihm bewusst, dass es weder auf das Altern, den Erfolg oder Geld ankommt, sondern einzig und allein auf die Zeit, die man mit seinen Liebsten verbringt. Genauso wie die Möglichkeit, seinen Träumen immer eine Chance zu geben.

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Bas Kast: „Das Buch eines Sommers“, Diogenes Verlag, 240 Seiten, ISBN 9783257246353, Preis: 13,00 Euro.


Markus Weber über „Thea Sternheim“

Markus Weber über „Thea Sternheim“

Dorothea Zwirner:

Thea Sternheim

Chronistin der Moderne

Biografie

Die Kunsthistorikerin Dorothea Zwirner zeichnet das Leben einer ungewöhnlichen und faszinierenden Frau nach: Thea Sternheim (1883 – 1971) erlebte nicht nur viele Jahre des 20. Jahrhundert, sondern notierte auch ihre Gedanken und Gefühle in Tagebüchern und bietet uns heute eine besondere Perspektive auf dieses gewaltvolle Jahrhundert. Dorothea Zwirner lässt das Leben Thea Sternheims anschaulich werden.

Mir war Thea Sternheim zum ersten Mal begegnet, weil sie zusammen mit ihrem damaligen Mann, dem berühmten Schriftsteller Carl Sternheim, zu Beginn des Ersten Weltkriegs für einige Monate in Harzburger Hotels wohnte, weil der Krieg sie dazu zwang, ihren Wohnsitz in Belgien zu verlassen. Auch da ist sie mir als genaue Beobachterin der Atmosphäre im Kurort aufgefallen.

In und an Thea Sternheims Leben werden viele Aufbrüche, Widersprüche und Spannungen der Moderne erkennbar. Als Katholikin aus begütertem Fabrikantenhaushalt heiratet sie gegen Widerstände der Familie einen Juden. Gegen grassierenden nationalen Taumel ist und bleibt sie Europäerin und lebt viele Jahre in Frankreich, Belgien und der Schweiz. Während viele Zeitgenossen den modernen Aufbrüchen noch skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen, sammelt sie moderne Kunst und hält Kontakte zu berühmten Schriftstellern und Künstlern. Schon 1932 siedelt sie nach Paris um, weil sie das Unheil des Nationalsozialismus ahnt und wird dann doch vom Krieg eingeholt. Bis zum Lebensende ringt sie mit den Herausforderungen, von denen auch die persönliche Familiengeschichte reichlich stellt.

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Dorothea Zwirner: Thea Sternheim. Chronistin der Moderne. Biografie, Wallstein Verlag 2021, 413 Seiten, ISBN 978-3835350601, Preis: 28,00 Euro

Petra Nietsch über „Der Salzpfad“

Petra Nietsch über „Der Salzpfad“

Raynor Winn:

Der Salzpfad

The Saltpath

Ray und ihr Mann verlieren auf Grund falscher Entscheidungen Haus und Hof und somit ihre gesamte Existenz. Und dann wird bei Moss auch noch eine unheilbare Nervenkrankheit diagnostiziert, die nach und nach seine motorischen und geistigen Fähigkeiten einschränken werden. In dieser scheinbar aussichtslosen Situation beschließen die beiden auf dem 630 Meilen langen South West Coast Path zu wandern.

Nahezu mittellos und nur mit Rucksack und Zelt starten die beiden in eine ungewisse Reise. Diese wahre Geschichte erzählt von Verzweiflung und Hoffnung, von Ablehnung und Ermunterung, von Entbehrungen und außergewöhnlichen Erlebnissen. All diese Erfahrungen führen am Ende dazu, dass sich für Ray und Moss der Blick auf das eigene Leben verändert und sie wieder voller Zuversicht nach vorne schauen können.

Durch die ausführliche Beschreibung des Weges entlang der englischen Küste mit all seinen Naturschönheiten, erfüllt dies Buch nebenbei auch die Funktion eines Reiseführers, vielleicht ein Grund dafür, warum es im DuMont-Verlag erschienen ist.

Allein schon der wundervoll illustrierte Buchdeckel fordert auf, dieses Buch zu lesen.

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Raynor Winn: „Der Salzpfad“, Dumont Reise Vlg GmbH + C, 336 Seiten, ISBN 9783770166886, Preis: 16,95 Euro.


Monika Runge über „Willemsens Jahreszeiten“

Monika Runge über „Willemsens Jahreszeiten“

Roger Willemsen:

„Willemsens Jahreszeiten“

Ich könnte immer noch heulen, wenn ich daran denke, was für eine intellektuelle Kraft da 2016 verloren gegangen ist, denn Willemsen starb in dem Jahr. Der Buchtitel ist abgeleitet von seiner ebenso benannten Kolumne aus den Jahren 2010 bis 2015 in der „Zeit“, die nun gesammelt in dem Buch erschienen. Er spießt gnadenlos das auf, was durch Medien verbreitet wurde. Es ist interessant, noch mal in die Jahre ab 2010 mit seinem Blick einzutauchen und Namen wie Westerwelle, Rösler oder Guttenberg zu lesen.

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Roger Willemsen: „Willemsens Jahreszeiten“, Fischer Taschenbuch, 188 Seiten, ISBN 9783596700981, Preis: 10,00 Euro.