Markus Weber über „Die Bauernhochschule Goslar im Kontext“

Markus Weber über „Die Bauernhochschule Goslar im Kontext“

Spurensuche Harzregion e.V. &
Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege:

Die Bauernhochschule Goslar im Kontext

Der neue Sonderband in der Reihe „Spuren Harzer Zeitgeschichte“ widmet sich verschiedenen Aspekten der ehemaligen Bauernhochschule während des Nationalsozialismus in Goslar. Das ungewöhnliche Format – Din A4 quer – gibt viel Raum für illustrierendes und informierendes Bildmaterial, sodass sich das Thema nicht nur auf der Textebene anschaulich erschließt.

Der zentrale Beitrag von Carsten Grabenhorst widmet sich der Bauernhochschule selbst, ihrer Geschichte und Bedeutung für den Nationalsozialismus. Grabenhorst verdeutlicht, warum die heute noch weitgehend erhaltenen Gebäude und das Gelände, nahe am Bahnhof gelegen, ein historisch auch über Goslar hinaus bedeutsamer historischer Ort sind.

Entstanden sind Gelände und ein Teil der Gebäude im 19. Jahrhundert auf Initiative des gebildeten Bürgertums, das sich einen Ort für ein reges Vereinsleben schaffen wollte. Treibende Kraft für den Umbau und die Neuausrichtung ab 1933 war Reichsbauernführer Walther Darré, dessen rassistische Vorstellungen, die maßgeblich wurden, ebenso wie seine Biografie dargestellt werden.

Eingebettet wird die Entstehung der Bauernhochschule in die Agrarpolitik, die schon zu Beginn der NS-Herrschaft ideologisch ausgerichtet und per Gesetz abgesichert wurde. Dargelegt wird auch, warum Goslar, das in Konkurrenz zu anderen Städten, vor allem Wolfenbüttel, stand, als Standort ausgewählt wurde. Und schließlich wird die ideologische Ausrichtung anschaulich, von der die Lehrgänge in der Praxis geprägt waren.

In einem weiteren Beitrag des Bandes erläutert Cordula Reulecke, warum die ehemalige Bauernhochschule als Kulturdenkmal zu erhalten ist. Meike Buck verbindet den Goslarer Ort mit den Masseninszenierungen der jährlichen Reichserntedankfeste auf dem Bückeberg bei Hameln.

Der Bückeberg steht auch im Zentrum eines Beitrags von Stefan Winghart, der dafür plädiert, solch „unbequeme Denkmale“ zu erhalten. Zu guter Letzt zeigt Jens Binner das Potential der Bauernhochschule als besonderen Ort für die Erinnerungskultur.

Insgesamt erschließt der neue Band des Vereins Spurensuche Harzregion ein wichtiges Kapitel der Geschichte unserer Region.

Spurensuche Harzregion e.V. & Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege: Die Bauernhochschule Goslar im Kontext. Neue Forschungen zu einem Täterort in der ehemaligen Reichsbauernstadt Goslar. – Spuren Harzer Zeigeschichte, Sonderband 3 Papierflieger Verlag GmbH Clausthal-Zellerfeld 2024, 66 Seiten, ISBN 978-3-98870-004-9, 15,00 Euro.

Vorstellung eines Buches über Rudolf Huch

Rudolf Huch

Vorstellung eines neuen Bandes in der Reihe „Spuren Harzer Zeitgeschichte“ 

Am 20. September 2022 wird der 8. Band der von Spurensuche Harzregion e.V. herausgegebenen Reihe „Spuren Harzer Zeitgeschichte“ vorgestellt. „Rudolf 3Huch – Antisemitismus und das kulturelle Gedächtnis der Stadt Bad Harzburg“ lautet der Titel des von Markus Weber verfassten Bandes. Entgegen gängiger Auffassungen in vielen bisherigen Darstellungen, Huch sei lediglich vom Nationalsozialismus instrumentalisiert worden oder gar Opfer des Nationalsozialismus gewesen, zeigt der Autor, dass Rudolf Huch, nach dem in Bad Harzburg eine Straße benannt ist, sich schon 1932 eindeutig für eine Diktatur unter einem Führer Adolf Hitler ausgesprochen hat.

Ab 1933 wurde Huch Parteimitglied und spielte eine aktive Rolle zur propagandistischen Unterstützung der Diktatur. So verfasste er beispielsweise ein Festspiel zur Hundertjahrfeier Bad Harzburgs, in dem das Dritte Reich als Wiederkehr des mittelalterlichen Reiches gefeiert wurde und unterzeichnete ohne Zwang das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft“, in dem Schriftsteller sich vollständig hinter Hitler stellten. 1934 erschien seine antisemitische Hetzschrift „Israel und Wir“, in der er die Diskriminierung der Juden und die Verfolgung politischer Gegner legitimierte.

Der Rudolf-Huch-Stein an der Weißen Brücke in der Rudolf-Huch-Straße.

Im Gegenzug erhielt Huch die von ihm lebenslang vermisste Anerkennung; er wurde in die  Preußische Akademie für Künste aufgenommen, aus der seine Schwester Ricarda Huch aus  Protest gegen die judenfeindliche Politik ausgetreten war. Zudem erhielt er die Möglichkeit  

zu Radiovorträgen und bis zum Lebensende immer wieder Ehrungen und finanzielle  Unterstützung des NS-Staates. Trotz zwischenzeitlicher Anfeindungen durch lokale NS Parteigenossen hielt Huch an ideologischen Positionen fest, die sich mit der NS-Ideologie  deckten. 

Schon in seinen frühen Schriften zeigten sich latent antisemitische Haltungen, die sich  zunehmend verfestigten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Huch zum Gegner der Weimarer  Republik, die er in verschwörungstheoretischer Weise als „Sieg der jüdischen Zentrale“  diffamierte. 

Nach 1945 war der Umgang mit Huch durch bewusste Verdrängung und Umdeutung  gekennzeichnet. So konnte er posthum zahlreiche Ehrungen durch die Stadtgesellschaft  erfahren. Auf der Grundlage der Erkenntnisse setzt sich der Autor auch mit der Frage  auseinander, wie in Zukunft mit den Hinterlassenschaften im kulturellen Gedächtnis der  Stadt umgegangen werden kann. 

Die Buchvorstellung findet am 20. September 2022 um 19:30 Uhr in Bad Harzburg in der  gemeinnützigen Buchhandlung Bücher-Heimat, Herzog-Wilhelm-Straße 64c, statt. Zahlreiche  Gäste sind herzlich willkommen.