Meron Mendel:
Über Israel reden
Meron Mendel, Leiter der Anne-Frank-Bildungsstätte in Frankfurt und Professor für Soziale Arbeit, hat ein Buch zur richtigen Zeit geschrieben. Am 14. Mai steht nicht nur der 75. Gründungstag Israels vor der Tür. Aktuell steht Israel ja auch im Blickpunkt wegen seiner Regierung, die unter Beteiligung rechtsradikaler Kräfte rechtsstaatlich und demokratisch fragwürdige Reformen anstrebt, der eine breite Opposition und anhaltende Demonstrationen entgegen stehen. Auch die Angst vor einer Eskalation der Gewalt zwischen Palästinensern und Israel treibt viele Menschen um. So ist das sachliche und differenzierte, dennoch klar Stellung beziehende Buch von Meron Mendel „Über Israel reden“ ein Beitrag, der die Debatten in Deutschland hoffentlich bereichert.
Mendel schreibt nicht wissenschaftlich distanziert, sondern in einer ersten Annäherung beschreibt er seine eigene Betroffenheit als „Israeli, der inzwischen auch Deutscher ist“ und seit mehr als 20 Jahren hier lebt. Während seines Militärdienstes in Israel und in den besetzten Gebieten nahm er sehr deutlich wahr, dass nicht nur Israel ein nicht zu bestreitendes Existenzrecht hat, sondern auch die Palästinenser schutzbedürftig sind, etwa gegenüber radikal-nationalistischen Siedlern. Niemals jedoch darf Kritik an der Besatzungspolitik oder die notwendige Ablehnung der Beteiligung Rechtsextremer an der gegenwärtigen Regierung zum Deckmäntelchen für Antisemitismus oder die Forderung nach einem „Schlussstrich“ unter die deutsche Geschichte werden. Da lässt Mendel sich weder von rechts noch von links vereinnahmen.
Meron Mendel möchte Räume für einen echten Dialog jenseits von Vorurteilen oder ideologischen Schranken und entgegen verfestigter politischer Lager schaffen. Dazu betrachtet er in mehreren Durchgängen die Probleme deutscher Gespräche über Israel – von der interessegeleiteten Israelpolitik der bundesrepublikanischen Regierungen, über die Auseinandersetzungen mit der BDS-Bewegung, die Israel boykottieren will, und linke Debatten und Solidaritätskampagnen für Palästina bis hin zu Fragen der Erinnerungskultur. Mit klarem Blick entlarvt Mendel Verzerrungen, die ein sachliches Gespräch verhindern.
Ich habe das Buch mit Gewinn gelesen, auch wenn ich nicht allen Wertungen zustimme (mich auch über einen sachlichen, aber für die Grundaussage unerheblichen Fehler geärgert habe) und manche Aussagen – etwa zur Erinnerungskultur – sehr zugespitzt finde. Dem Rezensenten in der Süddeutschen Zeitung kann ich voll und ganz zustimmen: Für Ronen Steinke ist das Buch ein „in großer geistiger Unabhängigkeit geschriebenes Essay eines Autors, der an billigem Applaus und muffigem Zugehörigkeitsgefühl offenbar so fantastisch desinteressiert ist, wie es auf diesem Gebiet leider sehr, sehr selten geworden ist.“
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