Ebba D. Drolshagen:
Zwei Rechts, zwei Links
Geschichten vom Stricken
Dieses Buch hat meine Sicht auf eines meiner anderen Hobbys – neben dem Lesen – in vielfacher Hinsicht verändert.
Ebba D. Drolshagen reist mit uns zunächst auf der Suche nach den Anfängen der Strickgeschichte in die Vergangenheit, nur um festzustellen, dass wir nicht wirklich wissen, wann, wo und wie diese Handarbeitstechnik entstanden ist. Vermutlich stammt sie aus dem arabischen Raum – arbeiten wir deshalb von rechts nach links? – und kam mit den Mauren und Arabern im 8. Jahrhundert nach Spanien.
Sicher ist nur, dass im 13. Jahrhundert in Europa Handstricker-Gilden entstanden, die unglaublich feine und kunstvolle Arbeiten herstellten. Dort arbeiteten nur Männer mit Nadel und Faden und stellten hauptsächlich wunderschöne Seidenstrümpfe her. Kaum zu glauben, dass später von „Armutsstrickerei“ und „Heimarbeit“ die Rede ist. Und ab wann durften eigentlich Frauen stricken?
Wir lesen hier natürlich auch über verschiedene Stricktechniken und Materialien, über die Farben, Muster und, last but not least, die Wertschätzung für die Stücke und ihre Stricker*innen. Eigentlich ziehen wir nur eine Wollschlinge durch eine andere und das immer und immer wieder, aber was daraus entsteht, ist wunderbar.
Zum Beispiel der bekannte Norwegerstern, der in seiner Heimat den schönen Namen „Achtblattrose“ trägt, oder die vielfältigen Muster auf einem Shetlandpulli. Aber auch ein schlichter Schal ist etwas Besonderes, ein Unikat, mit den eigenen Händen hergestellt.
In meiner Jugend war Stricken verpönt, später strickten nur „Ökos“ und dazu wollten wir (noch nicht) gehören. Inzwischen kann Ebba D. Drolshagen von vielen Topdesigner*innen berichten, die diesem Handwerk einen ganz neuen Schub gegeben haben. Sie stellt auch große Plattformen im Internet vor, auf denen schier unendlich viele Menschen ihre Ideen weltweit miteinander teilen und erklärt, warum Strickanleitungen nicht immer kostenlos sind.
Den Auswirkungen des Strickens auf die physische und psychische Gesundheit, die Therapie von Strafgefangenen, Magersüchtigen und „wichtigen Herren mit Managerkrankheit…“, widmet die Autorin tatsächlich ein eigenes Kapitel.
Auch das Thema „Fehler“ hat seinen Platz in diesem Buch. Eine große Designerin regte an, sich von der Idee des Fehlers zu verabschieden und stattdessen von design features zu sprechen. Und das ist nicht die einzige Stelle zum Schmunzeln.
Dieses lehrreiche und unterhaltsame Buch hat mir mehr „Strick-Selbstbewusstsein“ gegeben, mir den Wert meiner Arbeit vor Augen geführt und meine Phantasie und meinen Mut beflügelt, mich an immer anspruchsvollere Handwerksstücke zu wagen.
Für Stricker*innen und alle, die es noch werden wollen, ein absolut empfehlenswertes Buch.