Markus Weber über „Deutschlandtour“

Hasnain Kazim:

Deutschlandtour

Buchcover Deutschkandtour

Hasnain Kazim wurde in Oldenburg geboren und ist aufgewachsen in Hollern-Twielenfleth im Alten Land, ein Dorf, das er als seine Heimat bezeichnet, auch wenn er im Laufe seines Lebens an zahlreichen anderen Orten und in anderen Ländern gelebt hat.

Als leidenschaftlicher Radler hat er sich für ein Jahr aufgemacht, um entlang großer deutscher Flussläufe zu radeln, Land und Leute auf sich wirken zu lassen und mit unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch zu kommen. Er macht das nicht zuletzt, weil er – wie ich finde zurecht – die Gesprächssituation in unserem Land bedroht sieht und davon überzeugt ist, dass Menschen unterschiedlicher Meinungen sich weigern, einander zuzuhören.

Man merkt, dass der Autor sich für die Menschen interessiert, für deren Sorgen und Einstellungen. Er hört zu und diskutiert, streitet gelegentlich, wo es ihm nötig erscheint. Nicht immer gelingt das Gespräch. Aber es gelingt ihm sehr viele Perspektiven auf Deutschland zu sammeln und ein Mosaik deutscher Befindlichkeiten in den verschiedenen Regionen zusammenzustellen.

Zahlreiche Fotos in der Buchmitte illustrieren seine Eindrücke. So ist gerade die Unterschiedlichkeit kennzeichnend und wertvoll für Deutschland, die nicht auf die Gegensätze Ost-West reduziert werden darf, wie das gerade derzeit geschieht. Nach jeder Route zieht er Bilanz und überlegt, was er gelernt hat und welche Fragen aufgeworfen wurden.

Immer wieder kommt auch seine Identität als Deutscher mit migrantischen Wurzeln ins Spiel, die von verschiedenen Seiten infrage gestellt wird. Auch da hört er genau hin: Die Frage „Woher kommst du?“ kann ausgrenzend gestellt sein mit dem Unterton: „Du gehörst hier nicht hin!“, aber auch interessiert an der Familiengeschichte und am Gespräch.

Viele der Themen, die aktuell in der deutschen Politik und Gesellschaft debattiert werden, kommen zur Sprache, wobei Kazim zuhört, aber auch mit seiner Meinung, die er häufig abwägend und sachlich einbringt, nicht hinterm Berg hält. Eine klare Grenze zieht er immer da, wo demokratische Spielregeln verletzt werden, rechtsextremistische und rassistische Positionen bezogen werden und Gewalt ins Spiel kommt.

Auch wenn ich nicht allem zustimme, finde ich diese Art des Umgangs mit Meinungsverschiedenheiten vorbildlich. Und ich würde mir wünschen, dass sein Buch zu einer besseren Gesprächsatmosphäre beitragen kann und viele Leser*innen findet.

So ganz nebenbei gibt es Tipps, welche – vor allem weniger bekannten – Städtchen einen Besuch lohnen und welche Abschnitte entlang der Flüsse für Rad-Touren besonders schön sind. Auch das ist ein nicht zu verachtender Gewinn. Nur schade, dass er nicht entlang der Oker, Aller und Weser geradelt ist. Da hätte ich gerne etwas über seine Entdeckungen und Gespräche erfahren.

Hasnain Kazim: Deutschlandtour. Auf der Suche nach dem, was unser Land zusammenhält. Ein politischer Reisebericht, Penguin Verlag 2024, 352 Seiten, ISBN 978-3328601777, Preis: 25,00 Euro.

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