Weltknuddeltag in Jogginghosen

Weltknuddeltag in Jogginghosen

Weltknuddeltag in Jogginghosen

Der 21. Januar bringt mich alle Jahre wieder zum Grübeln. Auf dieses Datum fällt zum einen der „Internationale Tag der Jogginghose“ (International Sweatpantsday), zum anderen aber auch der „Weltknuddeltag“, auch „Weltkuscheltag“ (National Hug Day) genannt. Und seit Jahren frage ich mich: Besteht da ein Zusammenhang?

Wenn ich die Jogginghose (gern und oft) anziehe, dann zumeist, weil ein bequemes Sofa lockt. Was ein ideales Knuddel-Terrain sein kann. Andererseits sind Jogginghosen als „vom Schnitt her lange, gemäßigt-weite Pumphosen“ (Wikipedia) nicht gerade der Inbegriff erotisch animierender Kleidung – was gegen einen Zusammenhang spricht. Vielleicht sollte ich mir meine Jogginghose selbst designen: „Alles Jersey – Soft and cosy. Jogginghosen, Sweatshirts & Co. nähen – Mit 4 Schnittmusterbogen.“1

Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Sagte Modedesigner und Stil-Ikone Karl Lagerfeld. Was mich erneut in Grübeleien stürzt. Wenn die Kontrolle über das Leben von einer Jogginghose abhängt, wie wirken sich dann Pferdeschanz, Stehkragenhemden, Sonnenbrille und fingerlose Lederhandschuhe aus? Für Lagerfeld vorm Spiegel offenkundig kein Problem: „Was ich sehe, gefällt mir sehr. Ich bin jetzt praktisch wie mein eigener Kleiderbügel.“

Aber wir wollen König Karl gegenüber nicht nachtragend sein. Denn auch für den Hamburger in Paris gilt ein schönes lateinisches Zitat: „De mortuis nihil nisi bene“ (übertragen: „Über die Toten soll man nur gut sprechen“). Zumal Lagerfeld 2014 auf der Paris Fashion Week mit Jogginghosen verblüffte, die er für Chanel entworfen hatte. Würdigen wir den großen Modeschöpfer lieber mit etwas Lektüre: „Karl Lagerfeld – Ein Deutscher in Paris“.1

König auch der grandiosen Zitate

Und vielleicht sollte man es bei der Biografie allein nicht belassen. „Lagerfeld your Life“1 heißt eine Mode- und Lifestyle-Guide, der noch dazu mit einigen seiner besten Zitate aufwartet. Und auf diesem Feld hatte Lagerfeld einiges zu bieten. Hilfreiches, wenn man wie er selbst zur Stil-Ikone werden will.

Kleine Auswahl der besten Zitate Karl Lagerfelds gefällig:?

Voilà:

  • „Eine Frau ohne Stil hat auch in einem Kleid mit Stil keinen Stil.“
  • „Es ist nicht so, dass ich mich gut finde, aber es könnte schlimmer sein.“
  • „Ich bin sehr auf dem Boden geblieben. Nur nicht auf dieser Welt.“
  •  „Man lernt nur aus seinen Fehlern. Erfolg hat noch niemandem geholfen.“

Und mit dem letzten Zitat bin ich schon wieder in Grübeleien versunken. Wenn man aus Fehlern lernt, müsste ich dann nicht sehr viel klüger sein…?


1 Wer sich eines der genannten Bücher kaufen will, sollte sich noch ein wenig gedulden. Schließlich ist Vorfreude die schönste Freude. Und am 2. April öffnet die Bücher-Heimat ihre Pforten. Gutscheine kann man schon jetzt erwerben.

Der Gräber

Frederik P. Winter: Der Gräber

Frederik P. Winter: Der Gräber

Frederik P. Winter:

Der Gräber

Hinein in die spannende Welt im Keller. Das Cover lädt bereits ein in die Welt eines im Dreck wühlenden Ungeheuers , die des Gräbers. Winter schreibt detailliert, ohne sich darin zu verlieren. Die Leser:innen können sich so problemlos ihre eigene Welt schaffen und den Figuren ein Gesicht geben, ohne von zu vielen Informationen überfrachtet zu werden. Etwas, das längst nicht allen Autor:innen dieses Genres gelingt.

Auch die Figuren gefallen mir prinzipiell. Sie sind gut vorstellbar und nicht unsympathisch. Aber trotzdem, so richtig konnte ich mich nicht in die Heldin einfinden. Dennoch: Ich fiebere mit ihnen mit, leide und will die Geheimnisse lüften, die Frederik mir und der Protagonistin hinterlassen hat. Sauge jeden Brotkrumen auf, gierig auf mehr. Muss ich da also noch etwas zum Spannungsbogen sagen? Ich denke nicht.

Fazit: Dieser Thriller ist genauso fesselnd, wie ich es mir erhofft hatte und ich konnte das Buch bis zu letzten Sekunde nicht aus der Hand legen. Wenn Sie also durchlesen Nächste, Augenringe und Monster unter dem Bett mögen, dann sind Sie hier genau richtig.

Frederik P. Winter: „Der Gräber“, Harper Collins, 448 Seiten, ISBN 978-3749902286, Preis: 12,00 Euro.


Schlechte Fotos, tolle Fotos und Höhenangst

Blog-Beitragsbild: Cashcow Buchhandlung Bücher-Heimat

Schlechte Fotos, tolle Fotos und Höhenangst

Erneut frohe Kunde kommt an diesem Donnerstag, 20. Januar 2022, aus der Bücher-Heimat: Weitere Unterstützer haben das Startkapital der Mitmach-Buchhandlung mit einem Schlag über die 75.000-Euro-Marke gehoben. Außerdem haben alle 60 Stühle für Veranstaltungen für je 100 Euro Paten gefunden.

Einige Bad Harzburgerinnen und Bad Harzburger, die sich auch gern beteiligt hätten, gingen sozusagen leer aus. Aber da kann Abhilfe geschaffen werden. Das wichtigste Interieur einer Buchhandlung muss ebenfalls bald finanziert werden: die Bücherregale.


Gut weg gekommen ist Bad Harzburg auch bei einem Beitrag des NDR Anfang Januar: „Der Harz stellt sich weiter für die Zukunft auf“. Das ist gut und richtig. Ebenso wie der Satz: „Zu den populärsten Neubauprojekten zählen der Baumwipfelpfad und die Baumschwebebahn am Burgberg in Bad Harzburg.“ Leider erinnerte das Foto eher an einen bemannten Mars-Rover, toppte fast noch die ständig herumgeisternden Bilder von Käfer-geplagten Harzer Wäldern.

Do it yourself auch mit der Kamera

Wer sich an schönen Harzfotos erfreuen will, findet unzählige Bildbände und Reiseführer. Weit schöner und vor allem hautnah allerdings ist die Eigenproduktion in der Natur. Und da sei ein Buch empfohlen, das es vom 2. April an ganz sicher auch in der Bücher-Heimat geben wird. In seinen „Harzer Fototouren“1 nimmt der Bad Harzburger Luca Weber („fotoweberei“) Fotofans an die Hand und führt sie zu den „60 Top-Spots für Landschaftsfotografie im Harz“.

Eine der besten Harzer Foto-Plätze haben für mich einen gravierenden Nachteil: Sie liegen auf irgendwelchen Klippen oder schmalen Höhenpfaden. Da macht sich meine ausgeprägte Höhenangst gar nicht gut. Auch bei der Harzer Wandernadel kenne ich einzelne Punkte nur aus sicherer Entfernung und von den Fotos meiner Frau, die auf jeden Felsen kraxelt…

Insofern ist auch das Thema des heutigen Kalenderblatts ganz und gar nichts für mich. Laut Wikipedia hat sich der US-Amerikaner LaMarcus Adna Thompson die erste realisierte Achterbahn am 20. Januar 1885 patentieren lassen. Aus meiner Sicht eine absolut überflüssige Erfindung…  

„Father of Gravity“ („Vater der Schwerkraft“) wurde Thompson als Pionier des Achterbahn-Baus von Zeitgenossen genannt. Vielleicht hätten mir seine ersten Anlagen sogar noch zugesagt. Die Fahrt des 1887 eröffneten Orient Scenic Railway war mit 10 km/h eher gemächlich. Die Entwicklung bleibt bekanntermaßen nicht stehen, wie auch das Buch „Roller Coaster – Die besten Achterbahnen der Welt“1 zeigt.

Und wenn meine Freunde heute auf dem Goslarer Schützenfest kopfüberhängend und laut juchzend durch Loopings rasen, muss ich mir die Zeit beim Nerven schonenden Entenangeln vertreiben.


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Das verlorene Paradies

Abdulzarak Gurnah: „Das verlorene Paradies“

Abdulzarak Gurnah: „Das verlorene Paradies“

Abdulzarak Gurnah:

Das verlorene Paradies

Abdulrazak Gurnah erzählt in seinem Roman, der bereits 1994 auf Deutsch erschienen war und jetzt anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises neu aufgelegt wurde, die Geschichte des Erwachsenenwerdens von Yusuf. Historischer Hintergrund der Geschichte, die an der Küste Ostafrikas spielt, ist die beginnende deutsche Kolonialherrschaft, die erst nach und nach wahrnehmbar wird. Während die Menschen in der alten Welt konkret wahrnehmbar sind, anschaulich gezeichnet werden und alle einen Namen tragen, bleibt die Kolonialherrschaft zunächst abstrakt, die Europäer und Deutschen haben keine Namen. Nur die Gewaltförmigkeit lässt sich erahnen.

Ohne Chance auf eine Rückkehr

Yusuf ist zwölf Jahre alt, als er von seinen Eltern seinem vermeintlichen Onkel Aziz, der ein reicher Karawanenhändler ist, mitgegeben wird in eine fremde Stadt, wo er für den „Onkel“ in seinem Geschäft arbeiten muss. Nach und nach wird Yusuf deutlich, dass Aziz kein Onkel ist, sondern dass er von seinen Eltern verpfändet wurde, um ihre Schulden zu begleichen – letztlich ohne Chance auf eine Rückkehr. Die Welt Ostafrikas ist eine der Vielfalt von Ethnien und Religionen, in der aber die Anderen zumeist als unzivilisiert gesehen und als „Wilde“ bezeichnet werden – übrigens auch die deutschen Kolonialherren.

Der Untergang der bisherigen Welt wird deutlich bei einer langen Handelsreise, die Yusuf ins Landesinnere führt, die auch die Unerbittlichkeit von Natur und Machtverhältnissen vor Augen führt.

Kein Paradies

Gurnah erzählt mit leichter Hand und schildert das Zusammenleben der Menschen, aber lässt auch die Landschaften und die Natur anschaulich und erlebbar werden. Eine Welt mit der ihr eigenen Kultur – besser Kulturen – ging verloren, wurde zerstört – ein Paradies aber war auch diese Welt nicht.

Abdulrazak Gurnah: „Das verlorene Paradies“, Penguin Verlag 2021, 336 Seiten, ISBN 978-3328602583, Preis: 25,00 Euro

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Kleines Auto und große Dichtkunst

Blog Buchhandlung Bücherheimat: Ein Tag für Goggo und Goethe

Kleines Auto und große Dichtkunst

Willkommen am Mittwoch, 19. Januar 2022. Bergfest für diese Woche! Ein Datum, das beim Blick zurück in die Geschichte kleine Autos und große Dichtkunst in den Fokus rückt.

Beim Blättern durch die „Kalenderblätter“ lernt man stets dazu. Bislang hatte ich Goethes „Faust“ mit dem Brocken über die Walpurgisnacht geistig verknüpft. Doch die Region zwischen Harz und Heide spielte insbesondere auf den Brettern, die die Welt bedeuten, eine wichtige Rolle für das bedeutendste und meistzitierte Werk deutscher Dichtkunst.

Heute vor 193 Jahren, am 19. Januar 1829, und damit 21 Jahre nach der Veröffentlichung bot das Hoftheater in Braunschweig eine radikal veränderte Fassung. Goethes Originaltext galt als unspielbar. Dem Rotstift zum Opfer fiel aus Harzer Sicht dummerweise auch die „Walpurgisnacht“.  Die Aufführung wurde gefeiert, daran angelehnte Fassungen wurden am 29. August 1829 zu Goethes 80. Geburtstag, in Leipzig, Dresden und Frankfurt/Main aufgeführt. Nachzulesen in den „Faust-Welten – Goethes Drama auf der Bühne“1.

Nach großer Dichtkunst gerät an diesem Tag ein kleines Auto in den Blick: Am 19. Januar 1955 rollte das erste Goggomobil vom Band. Und es ist beileibe nicht allein die Borgward Isabella, die auf Oldtimer-Treffen wie auf der Galopprennbahn alle ins Schwärmen bringt. Auch die „Minimobile“ wie „Isetta & Co.“1 oder eben das Goggomobil haben bis heute viele Fans. Den Namen verpasste dem Wagen   Firmenpatriarch Hans Glas, der seinen Enkel „Goggo“ rief.

Von 1955 bis 1966 wurde das bis zu 4030 DM teure Fahrzeug 284.491 Mal gebaut. Und es gab große Namen für die kleinen Autos: die Limousine Goggomobil T, das Coupé Goggomobil TS (Volksmund: Ferrari des kleinen Mannes) und der Transporter Goggomobil TL. Laut Werbung sollten in der Limousine vier erwachsene Personen Platz finden – was bei einer Innenraumlänge von etwa 1,60 m zwischen Pedalen und Rücksitzlehne reichlich eng geworden sein dürfte…


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Sieben kurze Lektionen über Physik

Carlo Rovelli: Sieben kurze Lektionen über Physik

Carlo Rovelli: Sieben kurze Lektionen über Physik

Carlo Rovelli:

Sieben kurze Lektionen über Physik

Hatten Sie je das Gefühl, Physik könne unterhaltsam und gar spannend sein? Nun ja, wenn Sie Physiker sind, keine Kunst, aber wer ist das schon.

In der Schule erläuterten Physiker den Unterschied von träger und schwerer Masse, obwohl seit Einstein und Nachfolgern klar war, dass die beiden äquivalent sind – es also den Unterschied nicht gibt.

Und im Deutsch-Unterricht grübelten wir mit Faust darüber, „was die Welt im Innersten zusammen hält“, aber Physiker hatten herausgefunden und Militärs angewendet, was das Innerste der Welt zersprengt.

Das Schwierigste an der Physik sind nicht ihre verblüffend bis aller Alltagserfahrung widersprechenden Aussagen über die Welt, die anders ist als wir sie an-sehen. Das Schwierigste ist die Sprache der Physik, ihre ins Mathematische übertragenen Aussagen.   V = b mal t ist nachvollziehbar, aber die Beschreibung des Weges, den ein Körper im freien Fall zurücklegt ist dann schon ein Fall für Raum-Zeit Künstler und ihre Kenntnisse in Tensoren, Matritzen und ähnlichem aus der Höheren Mathematik.

Seit mich vor Jahrzehnten die Neugier gepackt hat, zumindest verstehen zu wollen, worum es geht in der Physik des ganz Großen (Weltall) und des ganz Kleinen (Quantentheorie) habe ich gelernt bescheiden zu sein und auf Menschen zu warten, die mir, dem mathematischen Laien, ihre Fachsprache in Deutsch übersetzen. Einer, der die hervorragend kann, ist Carlo Rovelli. Ich empfehle zwei Bücher von ihm: Das Bändchen „Sieben kurze Lektionen über Physik“ und „Helgoland“.

Carlo Rovelli: „Sieben kurze Lektionen über Physik“, Rowohlt-Verlag, 96 Seiten, ISBN 978-3-498-05804-3, Preis: 10,00 Euro.
Carlo Rovelli: „Helgoland – Wie die Quantentheorie unsere Welt veränderte“, Rowohlt-Verlag, 208 Seiten, ISBN 978-3-498-00220-6, Preis: 22,00 Euro.

Carlo Rovelli: Helgoland – Wie die Quantentheorie unsere Welt veränderte

Carlo Rovelli:

Helgoland – Wie die Quantentheorie unsere Welt veränderte


Mogelpackungen: Wer will betrogen sein?

Buchhandlung Blog: Mogelpackungen, großer Auftritt, wenig Inhalt

Mogelpackungen: Wer will betrogen sein?

„Die Welt will betrogen sein“, stellte der Humanist Sebastian Brant schon 1494 in seinem Werk „Das Narrenschiff“1 fest. Allzu gern würde ich widersprechen, doch gehöre ich beim Einkaufen zu den Kunden, die im Zweifel eher zu (teuren) Markenprodukten greifen. Im Glauben, da könne man nichts falsch machen. Und dann finde ich an diesem Dienstag, 18. Januar 2022, in meiner Mailbox den Newsletter der Verbraucherzentrale, der zur Wahl der „Mogelpackung des Jahres 2021“ aufruft…

Spätestens in diesem Moment dämmert mir Jahr für Jahr, dass Brant mit seiner Einschätzung richtig lag – auch wenn er die Verlockungen moderner Warenwelten vermutlich nicht einmal erahnt hat. Es sind erstaunlicherweise oft die großen und bekannten Marken, die laut Verbraucherzentrale „durch besonders raffinierte Füllmengenänderungen“ und „unnötigen Verpackungsmüll“ die Kund*innen schröpfen, Ressourcen verschwenden und die Umwelt belasten.


Die Menschen sind so einfältig und hängen so sehr vom Eindrucke des Augenblickes ab, dass einer, der sie täuschen will, stets jemanden findet, der sich täuschen lässt.

Niccolò Machiavelli

Fünf Kandidaten hat die Verbraucherzentrale nominiert, bis zum 24. Januar (16 Uhr) können die Verbraucher den schlimmsten unter den schlimmen Fingern im Internet küren. Firmen wie Bahlsen, Homann, Nestlé, Knorr und Griesson haben demnach verdeckte Preiserhöhungen zwischen 25 und 88 Prozent realisiert. Für mich das Schlimmste: Etliche Kandidaten liegen ab und an auch in meinem Einkaufswagen. Und bin ich durch Schaden klug geworden? Naja…

Dabei können nur die Kund*innen durch bewusstes Einkaufen ein Umdenken erzwingen. Um versteckte Preiserhöhungen transparent zu machen, pflegt die Verbraucherzentrale im Internet eine Mogelpackungsliste. Der Link gehört auf den Startbildschirm jedes Handys!

Ansonsten gilt, was Brant schon vor mehr als 500 Jahren ebenso wie Goethe viel später trefflich zu benennen wusste: „Man wird nie betrogen, man betrügt sich selbst.“ Wer da gegensteuern will, kann sich über die Lektüre zahlreicher Bücher wappnen. „ACHTUNG MOGELPACKUNG!“1 heißt eines, das „Wissen für Verbraucher“ verspricht. Um „Verbraucherfallen, Mogelpackungen und Täuschung im Supermarkt“ geht es in einem weiteren Buch, dessen Titel das Thema drastisch auf den Punkt bringt: „Lass dich nicht verarschen!“1


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Pizza & Pasta für einen Asketen

Buchhandlung Blog: Pizza und Pasta zum „Internationale Tag der italienischen Küche“

Pizza & Pasta für einen Asketen

Noch keine Idee fürs Mittagessen? Heute ist der Tag für Pizza, Pasta & Co., denn der 17. Januar ist der „Internationale Tag der italienischen Küche“ („International Day of italian cuisines“, kurz IDIC).

„Italian cuisine“ geht bei mir immer – außer Pizza. Aufgrund meiner Aversion gegen Pizza und auch gegen Pommes war ich schon zu Schulzeiten als kulinarischen Sonderling abgestempelt. Die regelmäßige Currywurst aus dem „Bratwurstglöckle“ in Göttingen musste meinen ramponierten Ruf retten. Bücher zur italienischen Küche empfehlen ist allein aufgrund der unübersehbaren Menge schwer. „Die echte italienische Küche“1 bietet laut Klappentext „Typische Rezepte und kulinarische Impressionen aus allen Regionen“ – und war das erste in der Liste.

Den 17. Januar als Internationalen Tag der italienischen Küche hat sich die Initiative itchefs-GVCI (Virtual Group of Italian Chefs) ausgeguckt. Zum einen markiert der 17. Januar den Beginn des italienischen Karnevals, in dem ausgiebiges Essen und Trinken fast Pflicht sind. Zum anderen ist heute der Ehrentag des Heiligen Antonius des Großen.

Der war, so ist es im Großen Lesebuch der Heiligenlegenden1 nachzulesen, ein ägyptischer Mönch, Einsiedler und – Asket. Pizza und Penne wären kaum sein Ding gewesen. Wobei Antonius auch als Schutzpatron der Bauern, der Schweinehirten und Metzger gilt. Das würde wieder zum Schlemmertag passen und brachte dem Heiligen regional so neckische Namen wie „Sautoni“ und „Swinetünnes“ ein.

Ein echtes Problem habe ich mit dem Heiligen jedoch nur mit Blick auf meine geliebten Bauernregeln. So sehr der Mönch zwischen Asket und Metzger-Heiligem pendelt, so indifferent sind die Wetterregeln an seinem Tag.

Kleine Auswahl gefällig: „Wenn zu Antoni die Luft ist klar, gibt’s ein trockenes Jahr.“ Danach sollte das Jahr nass werden, denn Schneeregen ist für heute angesagt. Bei 2 bis 4 Grad Tagestemperatur erledigt sich auch die zweite Regel: „Große Kälte am Antoniustag manchmal nicht lange halten mag.“

„Am Schnee nicht spart Sankt Anton mit dem weißen Bart.“ Zumindest den Wetterportalen nach wird es eher ein Schneeregen-Mischmasch. Womit die vierte Bauernregel alle Optionen offen hält: „Der Antonius mit dem weißen Bart, wenn’s da nicht regnet, er mit dem Schnee nicht spart.“


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Gendern, eine Dame und ein Macho

Gendern, eine Dame und ein Macho

Gendern, eine Dame und ein Macho

Eins, zwei, drei im Sauseschritt läuft die Zeit – und das Team der Bücher-Heimat mit vielen Freiwilligen im Rücken hält das Tempo. Es sind (Stand heute, Sonntag, 16. Januar, 10 Uhr) nur noch 75 Tage, dann wird die Mitmach-Buchhandlung in der Herzog-Wilhelm-Straße am 2. April 2022 ihre Pforten öffnen.

Abonnenten des kostenlosen Bücher-Heimat-Newsletters können die nächsten Zeilen überspringen, sie erhalten die Infos ausführlicher ebenfalls heute. Aber es gibt Dinge, die kann man gar nicht oft genug schreiben: Alles sieht danach aus, dass das Projekt, getragen von vielen Bad Harzburger*innen, pünktlich über die Zielgerade geht. Zumal die Hilfswelle nicht abebbt. Mit dem Erlös der GZ-Glücksschweinchen liegt der Unterstützer-Kontostand bei 46.250 Euro! Wer seinen Beitrag leisten will, überweist auf IBAN DE61 8006 3508 1000 3541 00 bei der Harzer Volksbank eG in Bad Harzburg.  

Nicht verzichten wollen wir auf den Blick zurück, zumal es um ein höchst strittiges Thema geht: Gendern. Heute vor 50 Jahren, am 16. Januar 1972 verfügte das Bundesinnenministerium, dass der Gebrauch der Bezeichnung „Fräulein“ in Bundesbehörden zu unterlassen sei. Für jede weibliche Erwachsene ist seither die Anrede „Frau“ zu verwenden.

Was wiederum eine Bad Harzburgerin ganz und gar nicht zufriedenstellen konnte: Gerda Rechenberg, Leiterin der Stadtbücherei, zog auch gegen die „Frau“ zu Felde, wollte analog zu „Herr“ mit „Dame“ angesprochen und angeschrieben werden. Als „Dame Rechenberg“ zog sie vergebens von Gericht zu Gericht und gelangte zu bundesweiter Medien-Bekanntheit. Und dies, so die „Zeit“ in einem Bericht Unsere liebe Dame“ 1980, obwohl ihr „keine feministischen Hilfstruppen (…) Geleitschutz“ gaben. Zu der Frage, wie „Richtig gendern“1 geht, hat sogar der Duden ein Werk herausgegeben.

Spannend zu erfahren wäre sicher, was Gerda Rechenberg zur aktuellen Gender-Debatte sagen würde. In der wird sie immer gern mal zitiert, erst 2018 wieder in dem NZZ-Artikel „Gendern in aller Herrlichkeit“. Dort heißt es: „Wie einfach war die Welt noch 1980, als die Bibliothekarin Gerda Rechenberg vor Gericht trat, um ihre Arbeitgeberin, die Stadt Harzburg, dazu verurteilen zu lassen, in Korrespondenz und Gespräch die Anrede «Frau» durch «Dame» zu ersetzen. Dame Rechenberg blieb erfolglos. Die Richter fanden, eine Änderung des Sprachgebrauchs könne nicht gerichtlich erwirkt werden. Ob das in unseren Zeiten immer noch so klar ist, ist zu bezweifeln.“

Ganz sicher dürften solche Überlegungen einen Mann nicht belastet haben, dessen unvergleichliche Leinwandkarriere heute vor 60 Jahren ihren Anfang nahm – und in einem Wandkalender 2022 gefeiert wird 1: Am 16. Januar 1962 begannen auf Jamaika die Dreharbeiten zum ersten James-Bond-Film: 007 jagt Dr. No. Und als Ursula Andress aus dem karibischen Meer stieg, verschwendete der Über-Macho erkennbar keinen Gedanken an die korrekte Anrede. Der Name „Honey“ tat es ja schließlich auch…

Für alle, die sich gern an James und Honey unter dem Mango-Tree erinnern möchten, hier ein Youtube-Video der berühmten Szene (1:30 min):


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Kurze Geschichte des Antisemitismus

Peter Schäfer: Kurze Geschichte des Antisemitismus

Peter Schäfer: Kurze Geschichte des Antisemitismus

Peter Schäfer:

Kurze Geschichte des Antisemitismus

Zum Thema Antisemitismus gibt es eine schier unüberschaubare Anzahl an Publikationen. Der ehemalige Direktor des Jüdischen Museums Berlin hat hier einen hervorragenden Überblick über die Geschichte des Antisemitismus von der Antike bis heute vorgelegt, der schon nach kurzer Zeit zum Standardwerk geworden ist. Die gesamte Darstellung ist kenntnisreich und immer an den Quellen orientiert.

Prägende Themen und Muster

Zu Beginn begründet Schäfer, warum er für die ganze Geschichte den Begriff Antisemitismus benutzt, obwohl dieser erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der rassistischen Variante entstanden ist. Für ihn sind die zu Beginn entstandenen Themen und Muster so prägend, dass er die Zusammenhänge betonen will und nur bei besonderen Ereignissen andere Begriffe – wie etwa Antijudaismus – verwendet. Auch wenn man diese Begriffsverwendung skeptisch sieht, ist sein Ansatz eine sinnvolle und fruchtbare Arbeitsgrundlage.

Schäfer beginnt seine Darstellung mit der vorchristlichen griechisch-römischen Antike, für er nachweist, dass die für Juden identitätsstiftenden Merkmale und Bräuche als menschenfeindlich diffamiert wurden und der Hass auf die Juden schließlich in Alexandria schon zu ersten Pogromen führte. Er zeigt, dass im Laufe der Geschichte bestimmte antisemitische Chiffren und Muster immer wieder aktualisiert und ergänzt werden konnten, um so jeweils neu ihre Wirksamkeit entfalten zu können. Am wirksamsten waren für ihn dabei die mit dem Christentum entstandenen Feindbilder.

Verdrängtes neigt zur Wiederkehr

In übersichtlichen Kapiteln führt Schäfer seine „Kleine Geschichte“ bis in die Gegenwart fort und thematisiert auch gegenwärtig diskutierte Problemfelder wie islamischen Antisemitismus oder die Debatte um Israelkritik und Antisemitismus kenntnisreich und überzeugend differenziert. Dabei bleibt der Text immer gut lesbar. So konnte ich viel Neues erfahren oder bekannte Sachverhalte besser einordnen – eine sehr lohnende Lektüre!

Nicht zuletzt um aktuelle Entwicklungen und Diskussionen einordnen zu können, ist Schäfers Werk von hohem Wert. Auch wenn eine Erkenntnis aus der Geschichte zu sein scheint, dass Antisemitismus „nie ein für alle Mal überwunden sein wird“, helfen vor allem die bewusste Auseinandersetzung gegen Antisemitismus und dessen Aufarbeitung, denn Verdrängtes neigt zur Wiederkehr.

Peter Schäfer: Kurze Geschichte des Antisemitismus, C.H. Beck 2020, 335 Seiten, ISBN 978-3406755781, Preis: 26,95 Euro. | Ende April 2022 wird eine günstigere Taschenbuchausgabe im Piper-Verlag erscheinen.