Montag, 3. April: „Po-Karten“

„Geduld, Gelassenheit, eine Tasse Tee“

Zugegeben, der Begriff „Zeitenwende“ wird derzeit arg strapaziert. An diesem Montag, 3. April 2023, nutze ich ihn dennoch. Allerdings ohne jedes Pathos, das sonst gern mitschwingt. Zum ersten Mal in diesem Jahr ist uns heute ein „lichter Tag“ von mehr als 13.00 Stunden Dauer beschieden.

Die Sonne ging heute um 6.50 Uhr auf, dann zog sie (meist eher schlecht sichtbar) ihre Bahn, um erst um 19:53 Uhr den Dienst für heute zu quittieren. Ergibt unter dem Strich einen Arbeitstag von 13:03 Stunden. Was man auch nur durchhält, wenn man Spaß an seinem Job hat.

Wäre dies nicht der Fall, könnte man heute aus gutem Grund davon sprechen, dass die Sonne die „Arschkarte“ gezogen habe. Als ich noch ins Büro musste, empfand ich viele Montage per se als A…-Tage. Heute aber ist ein spezieller dieser Tage: Am 3. April 1971 wurde „ganz in echt“ tatsächlich die erste Rote Karte in einem Spiel der Fußball-Bundesliga gezogen.

Was für die Region doppelt bedeutsam war, denn es geschah im Spiel Eintracht Frankfurt vs. Eintracht Braunschweig. Schon in der 20. Spielminute zeigte Schiedsrichter Wilfried Hilker dem Frankfurter Spieler Friedel Lutz nach einem ein Revanchefoul gegen den Braunschweiger Jaro Deppe die Rote Karte. Was unserer „Aantracht“ auch nicht wirklich half, das Spiel ging 2:5 verloren. 

Jetzt habe ich wieder vergessen, allen Nicht-Fußballfans zu erklären, warum eine Rote Karte den unfeinen Namen „Arschkarte“ trägt. Gelbe Karten (Verwarnung) trägt der Schiedsrichter in der Brusttasche, Rote Karten (Platzverweis) in der Gesäßtasche. Theoretisch wäre also auch „Po-Karte“ richtig. Klingt aber irgendwie nicht dem Ernst der Situation angemessen…

Der Begriff „Arschkarte“, leider aber auch die besagten Karten an sich, haben den Sprung vom Spielfeld in den Alltag geschafft. „Schöner leben ohne Arschkarten!“ will daher zeigen, wie man ihnen aus dem Weg gehen kann. Derweil bleibt festzustellen, dass Fußball offenkundig immer noch mehr ein Männersport ist. Wenn es Begriffe vom grünen Rasen wie „Arschkarte“ in die Bücherregale schaffen, ist gleich das erste Beispiel ein „Männerroman“.

Wenn schon Fußball-Besonderheiten, dann richtig. Am selben Bundesliga-Spieltag brach bei meiner Borussia aus Mönchengladbach im Spiel gegen Werder Bremen das Torgehäuse zusammen. Das Spiel wird abgebrochen und als Sieg für Bremen gewertet. Ohne es kontrolliert zu haben, dürfte sich die Episode in „100x verrückte Bundesliga“ wiederfinden lassen.

So, flink noch ein persönliches Bulletin, weil es Nachfragen gab: Ich bin wieder auf den Beinen, wenn auch etwas wacklig. In diesem Zusammenhang einen Gruß in ein kleines Dorf im norddeutschen Moor, aus dem mich Genesungswünsche erreichten. Die sehr netten und motivierenden Worte haben ebenso wie der Tipp mit „Geduld, Gelassenheit, eine Tasse Tee“ prima geholfen!

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Samstag, 14. Januar: Sprachlügen

Die Zeitenwende mit Klimaterroristen

Nach dem „Wort des Jahres“ (Zeitenwende) haben wir nun auch das „Unwort des Jahres“ (Klimaterroristen). Irgendwie schüttelt es mich an diesem Samstag, 14. Januar 2023, bei beiden Begriffen.

Wahrlich nicht immer bin ich mit der Jury der Philipps Universität Marburg (ext.) bei der Wahl des „Unwort des Jahres“ einer Meinung. Diesmal allerdings geht der Daumen hoch. Ganz hoch. „Klimaterroristen“ ist ein schlimmer Begriff, setzt er doch Klimaaktivisten mit kriminellen und gewalttätigen Terroristen gleich. Solche Wortschöpfungen fallen für mich unter „Sprachlügen“, die im gleichnamigen Buch als „Unworte und Neusprech von ,Atomruine‘ bis ,zeitnah‘“ entlarvt werden.

Durchaus auch kritisch und mit satirischer Schärfe, jedoch ohne solch mörderische Sprachverirrungen, setzt sich der Kabarettist Vince Ebert mit den Themen Klimawandel und Energiewende auseinander. „Lichtblick statt Blackout“ soll zeigen, „warum wir beim Weltverbessern neu denken müssen“.

Aber zurück zu den „Unwörtern des Jahres 2022“. Da hat es CDU-Chef Friedrich Merz, selbst gerade erst wieder aus der Versenkung hervorgeholt, brillant geschafft, dem 2013er Unwort des Jahres neuen Glanz zu geben. Das Wort Sozialtourismus“ nutzte er im Zusammenhang mit ukrainischen Kriegsflüchtlingen.  Das reichte für Rang 2.

Kaum besser ist der dritte Platz: Die Wortschöpfung „Defensive Architektur“ bezeichnet eine Bauweise, die verhindern soll, dass sich Obdachlose länger an öffentlichen Orten niederlassen können. Wer solche Begriffe nutzt, sollte dingend „Kein Dach über dem Leben“ lesen, die Biographie eines Obdachlosen.

Nun mag mancher sagen, meiner Argumentation fehle es an Logik. Was wahrscheinlich ist, denn zum einen rege ich mich über solche Begriffe auf, zum anderen ist dies heute eigentlich so gar kein Tag für mich: Seit 2019 fällt der „Welttag der Logik“ (World Logic Day) auf den 14. Januar.

Logik und logisches Denken gelten demnach als zentrales Merkmal des „Vernunftwesens Mensch“. Also sollen heute „Rationalität, Verständnis und Intelligenz im Mittelpunkt“ stehen. Immerhin mag ich die Reihe „Logical Rätselbuch“, muss also noch nicht alle Hoffnung fahren lassen, als „Vernunftwesen“ anerkannt zu werden.

Noch ein Touchdown zum Schluss: Am 12. Februar ist es wieder soweit, steigt der Super Bowl, dann mit der Nummer LVII (57) in Glendale, Arizona. Wer sich darauf vorbereiten will liest „Unnützes American Football Wissen“.  Dabei dürfte es auch um einen einsamen Rekord gehen: Am 14. Januar 1973 gelang den Miami Dolphins mit ihrem Sieg im Super Bowl VII als bislang einzigem Team eine ausschließlich aus Siegen bestehende perfekte Saison.

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Montag, 12. Dezember: Starke Worte

Zeitenwende in der Wunderkammer

Die vorletzte Adventswoche bricht an diesem Montag, 12. Dezember 2022, an. Zumindest in einem Punkt sind wir den Japanern voraus: Wir kennen unser „Wort des Jahres“ schon, in Japan wird das Schriftzeichen des Jahres am heutigen „Tag des Kanji“ bekanntgeben.

Seit 1995 veröffentlicht die Kanji Proficiency Society (ext./jap.) im buddhistischen Kiyomizu-dera Tempel die Ergebnisse der landesweiten Abstimmung zum „Kanji des Jahres“ an diesem 12. Dezember. Das ausgewählte Kanji soll einen Bezug zu den jeweiligen Ereignissen des Jahres haben. Wer da mitreden will, studiert am besten die Bände 1 bis 3 von „Die Kanji lernen und behalten“.

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (ext.) ist mit dem „Wort des Jahres“ ja schon vor einigen Tagen tätig geworden: „Zeitenwende“ rangiert ganz vorn, vor „Krieg um Frieden“ und „Gaspreisbremse“. Im vergangenen Jahr 2021, als die vierte Corona-Welle die Diskussionen beherrschte, war „Wellenbrecher“ das „Wort des Jahres“.

Ob es die Begriffe in „Die Wunderkammer der Deutschen Sprache“ geschafft hätten, erscheint mir eher fraglich. Das Buch verspricht, ein Füllhorn an „Schönheiten, Merkwürdigkeiten und wundersamen Hervorbringungen“ der deutschen Sprache über den Leser auszuschütten. Dagegen widmet sich ein „Kleines Kuriositätenkabinett der deutschen Sprache“ aus dem Hause Duden den „kuriosen Eigenarten“ unserer Muttersprache.

Ein renommierter deutscher Schriftsteller ist mir heute unter den Geburtstagskindern des Tages nicht aufgefallen. Da müssen wir uns mit einem „der besten Stilisten der französischen Literatur“ und einem „Klassiker des Romans“ zufriedengeben: Gustav Flaubert würde heute seinen 199. Geburtstag (1821) begehen.  Schon mit seinem Erstlingswerk „Madame Bovary“ sicherte er sich neben Stendhal und Balzac einen Platz im „Dreigestirn der großen realistischen Erzähler Frankreichs“.

Literarisch gesehen eher ein bis zwei Etagen tiefer rangiert ein dennoch großartiger Erzähler: James Lee Burke erblickte heute vor 86 Jahren (1936) das Licht der Welt. Der US-Amerikaner probierte sich in etlichen Jobs aus, begann schon in den 1960er Jahren zu schreiben und schaffte den Durchbruch in den 1980er Jahren mit seinen Kriminalromanen. Vor allem jenen um den Südstaaten-Polizisten Dave Robicheaux: „Mein Name ist Robicheaux“ .

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