Heike Zumbruch über „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“


Becky Chambers:

Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten

Als begeisterter Leser von intelligenter Science-Fiction-Literatur war ich sofort angetan, als Sonja Weber dieses Buch bei einer Veranstaltung in der Bücher-Heimat (als letztes) vorstellte.

Becky Chambers hat mit einer unglaublichen Fantasie ein Universum erschaffen, in dem es vor intelligenten Spezies nur so wimmelt. Jede von einem anderen Himmelkörper, jede mit einer eigenen Physis, einer eigenen Gesellschaftsstruktur, einer eigenen Sprache – die mal tonlos mit Hautverfärbungen funktioniert, mal mit gurrenden, glucksenden Lauten, mal unterstützt durch Gesten – und einem eigenen Namen: Marsianer, Solaner, Exodaner, Harmagianer, Äluoner, Aandrisks, Sianat, und viele mehr.

Die Handlung ist angesiedelt in einer Zeit, die weit in der Zukunft liegt; 200 Jahre zuvor hatten die letzten Menschen die sterbende Erde Richtung Mars verlassen.

Ort der Handlung ist ein Raumschiff, das durchs All fliegt, um Tunnel zu bohren. Tunnel? Ja, lassen Sie sich überraschen. Die Crew ist bunt zusammengewürfelt und natürlich kommt es zu Reibereien, doch wenn es drauf ankommt, stehen alle zusammen. Aber: Warum liegen Teppiche auf den Treppenstufen in einem Raumschiff?

Natürlich ist auch die Technik weit fortgeschritten, von Imunobots bis zu einer empfindungsfähigen KI, speziellem Treibstoff und Bodykits, implantierten Ausweischips, künstlicher Gravitation, keimtötenden Blitzen …

Aber dabei belässt es Becky Chambers nicht, sie entwirft auch eine interstellare Gesellschaft, die eine gemeinsame Regierung für alle friedlichen Spezies gebildet hat – die Galaktische Union, die GU, die allen Mitgliedern Sicherheit und Schutz garantiert, aber auch strenge Gesetze und Regeln erlassen hat, mit teils drastischen Strafen bei Verstößen.

Zudem entwickelt die Autorin eine Theorie über die evolutionären Gesetze, die zur Entwicklung intelligenten Lebens auf einem Planeten oder Mond führen. Ähnlich wie physikalische Gesetze, die auch überall im Universum gelten.

Die wissenswerten Details über Geschichte, Gesellschaften, Wissenschaft und Technik werden wie nebenbei in Gesprächen der handelnden Personen wiedergegeben. Ebenso gesellschaftliche Ethik und Tabus. Durchaus auch kontrovers und nicht unkritisch der Entwicklung gegenüber.

Das Buch liest sich leicht und flüssig, mit vielen spannenden Sequenzen, die mir teils die Nachtruhe geraubt haben, denn wer kann ein Buch schon weglegen, wenn Weltraumpiraten am Werk sind? Zum Glück habe ich mir auch gleich Teil 2 und 3 (von 4) gekauft, so dass ich sofort weiterlesen konnte, nachdem ich die letzte der gut 500 Seiten verschlungen habe.

Nicht zuletzt wegen des optimistischen Ansatzes: Absolut empfehlenswert!

Becky Chambers: „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“, Fischer Tor, 544 Seiten, ISBN 9783596035687, Preis: 14,00 Euro.


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