Werner Beckmann über „Reim und Zeit“

Werner Beckmann über „Reim und Zeit“

Robert Gernhardt:

Reim und Zeit

Meine Schulzeit liegt knapp 50 Jahre zurück. Und vor ebenso langer Zeit habe ich den Reclam-Heften Lebewohl gesagt – wohl wissend, dass ich ihnen und „Königs Erläuterungen“ durchaus den glücklichen Zieleinlauf beim Abitur verdankte. Nun habe ich mir nach einem halben Jahrhundert mal wieder eines der gelben Hefte aus der Reclam Universal-Bibliothek gegönnt.

Naja, der Begriff „Hefte“ passt in diesem Fall nicht so ganz, denn die schier unendliche Spielwiese, auf der Robert Gernhardts Gedichte blühen und gedeihen durften, bringt den Sammelband „Reim und Zeit“ auf stolze 222 Seiten. Darin, so der Verlag, finden sich „satirische Verse“ beispielsweise auch über Liebe, Alkohol und Fußball. Und über den Reim an sich.

Lyrik liegt mir, schon zu Schulzeiten fand ich Balladen und vielfach auch Gedichte großartig. Meine Favoriten waren seinerzeit allerdings eher Rilke und Lenau, flankiert von den großen Klassikern von Goethe bis Schiller.

Robert Gernhardt (1957 – 2006) entdeckte ich erst während des Studiums, vor allem auch über das Satiremagazin „Titanic“. Kein zweiter Autor stand dabei so fantastisch in der Tradition Wilhelm Buschs. Auch nicht Gernhardts Mitstreiter in der „Neuen Frankfurter Schule“.

Mondgedicht
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fertig ist das Mondgedicht

Heute gilt Robert Gernhardt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Dichter deutscher Sprache, hat sich seine Lyrik doch beständig gewandelt und weiterentwickelt. Für meine Person räume ich aber gern ein, dass es bis heute die Nonsens-Verse und satirischen Zeilen sind, die mich zum Fan machten.

Mit „Reim und Zeit“ folge ich dem Dichter jedoch einmal mehr durch die Jahrzehnte. Denn nicht immer steht mir der Sinn nach voluminösen Romanen. Und auch dafür liefert Gernhardt in wohlgesetzten Worten eine Erklärung, die ich sofort unterschreiben könnte:

Ein Gedicht ist rasch gemacht
Schnell auch reimt ein Lied sich.
Aber so ein Zeitroman –
Mein lieber Mann, das zieht sich!

Robert Gernhardt: „Reim und Zeit. Gedichte“, 222 Seiten, ISBN 9783150146989, Preis: 9,00 Euro.