Abdulzarak Gurnah:
Das verlorene Paradies
Abdulrazak Gurnah erzählt in seinem Roman, der bereits 1994 auf Deutsch erschienen war und jetzt anlässlich der Verleihung des Literaturnobelpreises neu aufgelegt wurde, die Geschichte des Erwachsenenwerdens von Yusuf. Historischer Hintergrund der Geschichte, die an der Küste Ostafrikas spielt, ist die beginnende deutsche Kolonialherrschaft, die erst nach und nach wahrnehmbar wird. Während die Menschen in der alten Welt konkret wahrnehmbar sind, anschaulich gezeichnet werden und alle einen Namen tragen, bleibt die Kolonialherrschaft zunächst abstrakt, die Europäer und Deutschen haben keine Namen. Nur die Gewaltförmigkeit lässt sich erahnen.
Ohne Chance auf eine Rückkehr
Yusuf ist zwölf Jahre alt, als er von seinen Eltern seinem vermeintlichen Onkel Aziz, der ein reicher Karawanenhändler ist, mitgegeben wird in eine fremde Stadt, wo er für den „Onkel“ in seinem Geschäft arbeiten muss. Nach und nach wird Yusuf deutlich, dass Aziz kein Onkel ist, sondern dass er von seinen Eltern verpfändet wurde, um ihre Schulden zu begleichen – letztlich ohne Chance auf eine Rückkehr. Die Welt Ostafrikas ist eine der Vielfalt von Ethnien und Religionen, in der aber die Anderen zumeist als unzivilisiert gesehen und als „Wilde“ bezeichnet werden – übrigens auch die deutschen Kolonialherren.
Der Untergang der bisherigen Welt wird deutlich bei einer langen Handelsreise, die Yusuf ins Landesinnere führt, die auch die Unerbittlichkeit von Natur und Machtverhältnissen vor Augen führt.
Kein Paradies
Gurnah erzählt mit leichter Hand und schildert das Zusammenleben der Menschen, aber lässt auch die Landschaften und die Natur anschaulich und erlebbar werden. Eine Welt mit der ihr eigenen Kultur – besser Kulturen – ging verloren, wurde zerstört – ein Paradies aber war auch diese Welt nicht.