Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Wir sind am Dienstag, 12. Juli 2022, angekommen. Es ist der 193. Tag des Jahres, 172 liegen noch vor uns. Falls sich wer wundert, dass in den letzten Tagen keiner der mehr oder minder abstrusen Aktionstage auftauchte: Außer in den USA herrscht da derzeit offenkundig Sommerflaute. Und selbst dort ist heute außer dem National Eat Your Jell-O Day (Wackelpudding-Tag) kaum was Erzählenswertes zu holen. Und Wackelpudding mag ich nicht mal.
„Ekelerregend und menschenunwürdig“, „widerlich“, „beschämend scheußlich“, „geschmacklos und primitiv“ und „eine starke Herabsetzung des ‚homo sapiens‘“, so wüteten Leserbriefschreiber 1953 über Wochen. Das Ziel der Angriffe sollte froh gewesen sein, dass es noch keine „Sozialen“ Medien gab, der Shitstorm wäre wohl noch gewaltiger gewesen.
Dabei handelt es sich um einen Säulenheiligen deutschen Humors: Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot. Der hatte sich erdreistet, in seinen Zeichnungen „Auf den Hund gekommen“ einen Rollentausch von Mensch und Hund vorzunehmen. Zwei Jahre hielt der „Stern“ den wütenden Protesten stand, dann stellte er am 12. Juli 1953 die Loriot-Serie ein.
Die Wutbürger-Zitate werden übrigens in Loriots autobiografischem Werk „Möpse und Menschen“ zitiert. Und dem Humoristen blieb zum Broterwerb immerhin noch die ab Juni 1953 wöchentlich in der Kinderbeilage „Sternchen“ erscheinende Serie „Reinhold das Nashorn“. Alles urkomisch und großartig. Am besten greift man gleich zu „Loriots Gesammelten Werken“.
Ein grausiger Zwischenfall am 12. Juli 1916 bescherte uns einen Blockbuster als Roman und dann vor allem auch als Steven-Spielberg-Film: Im Matawan Creek in New Jersey kam es zu drei Haiangriffen an einem Tag. Zwei Menschen kamen ums Leben, einer wurde schwer verletzt. Und der Schriftsteller Peter Benchley griff fast 60 Jahre später (1974) zur Feder: „Der weiße Hai“ (englisch).
Nur gut, dass Thor Heyerdahl schon vier Jahre zuvor auf die Idee kam, mit seinem Papyrus-Boot „Ra II“ den Atlantik überqueren zu vollen. So raubten ihm angsterfüllte Hai-Träume (wie mir nach dem Kino-Besuch) zumindest nicht den Schlaf und nach 57 Tagen erreichte er Barbados. Als Buch habe ich allerdings nur Heyerdahls „Kon-Tiki“ entdeckt, in dem er seine Pazifik-Tour beschreibt.
Die Recherchen für unser „bebüchertes Kalenderblatt“ förderten zudem vielleicht noch ein gutes Omen für das EM-Spiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft heute gegen Spanien zutage: Am 12. Juli 1991 wurden die deutschen Fußball-Frauen in Dänemark durch ein 3:1 gegen Norwegen Europameister.
Das Schlosswort überlassen wir heute Loriot – in der Hoffnung, dass wir ohne Shitstorm wegkommen: „Immer häufiger sehen wir Hunde uns vor die Frage gestellt: Sollen wir uns einen Menschen halten oder nicht? Mögen unsere zweibeinigen Hausgenossen oft Quelle reiner Freude und Heiterkeit sein, so hat die Frage ihrer Haltung doch auch ihre ernsten Seiten: Der Mensch hat – allen Behauptungen zum Trotz – eine Seele. Er erhebt Anspruch darauf, ernst genommen zu werden.“
— Das will ich lesen! Alle Links im Text führen direkt zum Shop —