Montag, 11. Dezember: Es geht hoch hinaus

Von den Stollen zu den Zimtsternen

Gestern hatten wir zum zweiten Advent den Christstollen im Blick, heute, am Montag, 11. Dezember 2023, nehmen wir zum Wochenstart den „Tag der Zimtsterne“ im Visier. Liebe und Weihnachten gehen nun mal durch den Magen.

Das tägliche Stöbern nach Rezeptbüchern ist allerdings ein eher begrenztes Vergnügen. Zumal bisweilen kaum zu verhindern ist, dass man zu „Wässern“ beginnt. Also machen wir es uns heute einfach und verweisen noch einmal auf „Weihnachtliches Backen mit den Landfrauen“. Wie schon gestern gesagt: Der Name bürgt für Qualität.

Ansonsten geht es hoch hinaus, wir begehen den „UNO Internationaler Tag der Berge“ (UNO International Mountain Day). Den haben die Vereinten Nationen initiiert, um die Bergwelt als vielfältigen Lebensraum zu bewahren, Bewusstsein für die Probleme der massiv wirkenden Riesen wie schmelzende Gletscher und daraus resultierende Geröll-Lawinen zu schaffen.

Unberührte Landschaften in Europa (sofern es die noch gibt) will ein Bildband „im XXL-Format“ mit dem Titel „Berge“ präsentieren. Durchaus auch zum XL-Preis von 98,00 Euro. Und wer mit den Kleinsten die größten Brocken der Alpen entdecken will, kann damit prima schon im trauten Heim im Wimmelbuch „Ab in die Berge“ starten.

Rundes Jubiläum begeht heute eine Kinoserie, die nicht allein meine Kindheit und Jugend prägte. Ebenso wie die Bücher, die den Verfilmungen zugrunde lagen: Heute vor 60 Jahren (1963) startete „Winnetou“ (DVD) unter der Regie von Harald Reinl nach Karl May, mit Pierre Brice und Lex Barker in den Hauptrollen, in den deutschen Kinos.

Im Urlaub hatte ich mir vor einiger Zeit eher aus nostalgischen Anwandlungen heraus noch einmal Karl Mays „Winnetou“ (Band 1) vorgenommen. Dass der Versuch, das Original erneut zu lesen, kläglich scheiterte, lag keineswegs an fehlender „political correctness“. Es liest sich aber alles halt doch etwas antiquiert (während ich selbst mich zur Antiquität entwickelte:).

Wie ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk für Archäologen dürfte ein Fund gewirkt haben, der heute vor 285 Jahren (1738) zumindest die Wissenschaftswelt bewegte: Bei Ausgrabungen in Herculaneum stieß man auf eine Inschrift über das Theater der antiken Stadt und wusste von diesem Moment an, dass weitere Funde im Lavaboden verborgen sein dürften. Was daraus wurde lässt sich in „Herculaneum in Rekonstruktionen“ nachempfinden. Und eine virtuelle DVD-Tour „Pompeji – Herculaneum“ ist inklusive.

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Sonntag, 19. März: Schwarz und Weiß

Lautsprecherische Stimmungsmache

Es ist Sonntag, 19. März 2023, und ich rege mich auf. Übers Gendern, Wokeness, political correctness, cancel culture. Nun ja, weniger über die Geisteshaltungen selbst als vielmehr über die Verbissenheit, in der sie diskutiert werden und dabei die Welt in Schwarz und Weiß teilen.

Vorab: Ich halte mich für „in hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung“ (Duden-Definition „Wokeness“). Sie sind mir ein Gräuel. Aber ich werde den Teufel tun, meine Jugendliebe Winnetou deswegen aus dem Regal zu verbannen oder – für mich schlimmer noch – eine sprachlich bereinigte Fassung zu lesen.

Und jetzt wird wieder eine Favoritin meines Lebens angegangen, soll umbenannt werden: Gegen die Pizza Hawaii sind Rassismus-Vorwürfen laut geworden. Der Begriff bediene „kolonialistische Stereotype“. Was auch die Bild-Zeitung auf die Palme und das Thema auf Seite 1 brachte. Ein Schulterschluss, der mir zugegeben eher peinlich ist.

Das Fatale daran: Ich hätte mir die Aufregung sparen können. Der Post, der alles auslöste, ist alt. Die „global agierende“ Gruppierung, die ihn verfasste, zählt rund 1000 Anhänger. Weltweit! Die Bild hat das Thema zum Thema gemacht. Und genau die Stimmungsmache beider Seiten bringt mich in Rage.

Zum Glück gibt es auf der Suche nach „Pizza Hawaii“ sehr viel mehr Rezepte als vor künstlicher Aufgeregtheit strotzende Artikel. “How to Make Italian Pizza” liegt auch noch auf Englisch vor –kulturelle Aneignung? Andererseits habe ich keine hohe Meinung von der britischen Küche und denke, etwas Aneignung könnte ihr guttun. In Deutschland wird derweil „Clemens Wilmenrod“ in Buchform gehuldigt, Erfinder des Toast Hawaii, der damit eher das Fernweh bedienen wollte.

Sucht man Bücher über „Cancel Culture“ fällt als erstes auf, dass es überwiegend Werke sind, die oft lautsprecherisch dagegen zu Felde ziehen. Ganz ähnlich die Situation beim „Gendern“. Zumeist fallen die Autoren aufgeregt über das Thema her. Aber immerhin gibt es „Richtig gendern für Dummies“.

Gleich eine „Widerrede gegen Gendern, Woke, Cancel Culture und anderes Gedöns“ hat die deutsche Vienamesin Mai Linh Tran geschrieben: „Ich bin nicht woke“ soll „übertriebene Political Correctness“ als einen „Irrweg“ brandmarken, der „in der breiten Meinungsvielfalt einer lebendigen Demokratie nichts zu suchen“ habe. Wenn sie dem Grundgedanken die Bedeutung zugesteht, die er mit Blick auf die Geschichte verdient, wäre ich bei ihr.

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Samstag, 25. Februar: Ein scharfer Tag

Schwertschlucker und Schachtelsätze

Wenn wir bei Gaumenkitzel (Hawaii-Toasts & Cocktails) in Kombination mit Aktionstagen bleiben, wird es an diesem Samstag, 25. Februar 2023, gefährlich. Wir begehen den „Welttag der Schwertschlucker“ (World Sword Swallower‘s Day). Wobei mich persönlich noch mehr der „Welttag der Schachtelsätze“ schreckt.

Die Unterordnung von Nebensätzen unter Hauptsätze wird Hypotaxe genannt. Was sich vom Griechischen hypo = unter und táxis = Ordung ableitet. Allerdings verlieren die Schachtelsätze nicht zuletzt durch das Internet an Bedeutung. Da hätte ein Thomas Mann, der als Großmeister des Relativsatzes gilt, schwer dran zu kauen gehabt. Wer sich vor Augen führen will, worum es geht, muss bloß zu den „Buddenbrooks“ greifen – was sich auch als pures Lesevergnügen weiter lohnt.

Jahrhundertsportler? Reicht eigentlich nicht. Jahrtausendsportler: Heute vor 59 Jahren (1964) avancierte Cassius Clay, der im selben Jahr den Namen Muhammad Ali annahm, mit einem Sieg erstmals zum Schwergewichtsweltmeister im Boxen. Jede auf ihre Art bildgewaltig kommen zwei Biografien daher. „Muhammad Ali“ als Comic beispielsweise. Und mit gleichem Titel, aber was wäre auch aussagekräftiger als dieser Name: „Muhammad Ali“ (Bildanthologie).

Heute vor 181 Jahren (1842) kam ein Schriftsteller auf die Welt, der über eine begnadete Fantasie verfügte – und heute mit „Aneignung“ und „inkorrekten Begriffen“ ganz sicher sein Tun hätte: Karl May erreichte mit Abenteuerromanen wie „Winnetou I“  eine Gesamtauflage von rund 200 Millionen Exemplaren. Am spannendsten aber ist womöglich seine Biografie: „Winnetous Blutsbruder“.

Der absurde Wirbel um den Ravensburger „jungen Winnetou“ sorgte dafür, dass das Original wiederentdeckt wurde. Und ähnlich wird es wohl bald um Roald Dahl geben, dessen Werke wie „Charlie und die Schokoladenfabrik“ in Großbritannien auf „political correctness“ getrimmt wurden. Zum Glück bleibt die deutsche Neuübersetzung nah am Original.

Am selben Tag wie Karl May feiert mit dem deutschsprachigen Engländer B. Traven ein weiterer Autor Geburtstag, der grandiose Abenteuerromane schrieb. „Der Schatz der Sierra Madre“ wurde von John Huston mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle erfolgreich verfilmt (DVD).

Anmerkungen zum „Welttag der Schwertschlucker“ will ich natürlich nicht verschlucken (Wortwitz!). Die Kunst geht sowohl auf das antike Griechenland wie auch auf das südliche Indien zurück. Der Schwertschlucker führt das Schwert durch den Mund in die Speiseröhre bis zum Magen ein, schlucken sollte er dabei aber besser nicht. Die eigentliche Kunst besteht darin, den Brechreiz zu unterdrücken.

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Freitag, 7. Oktober: Muffliger Morgen

Ein ungesehener Film und ein Ex-Staat

Draußen ist es noch dunkel. Mit dem „Aktionstag“ an diesem Freitag, 7. Oktober 2022, der auch noch in Deutschland kreiert wurde, kann ich so ganz und gar nichts anfangen.

Den bundesweiten Tag des Morgenmuffels hat ein (sie ahnen es!) Morgenmuffel initiiert. Dies geschah erst im Jahr 2015. Als „Morgenlerche“ drängt es mich zur lästernden Mutmaßung, dass der namentlich nicht genannte Schöpfer zuvor wohl alle Chancen verschlafen oder vergrantelt hat. „Klar kann ich aktiv und motiviert in den Tag starten. Nur halt nicht morgens“. Wer das brüllend komisch finden, sollte zu dem „humorvollen Geschenk mit lustigen Sprüchen für Kollegen, Morgenmuffel und andere liebe Menschen“ greifen. Das Niveau wird gehalten: „Wer einatmet muss ausatmen, wer einschläft muss ausschlafen“.

Eine Geburtsparty ist seit 32 Jahren vorüber: Heute stünde der 73. Tag der Republik an – wenn die am 7. Oktober 1949 gegründete Deutsche Demokratische Republik noch bestünde. Wie die Staatsführung sich mit all ihrer Macht in die Zukunft retten wollte, schildert „Staatsmacht am Ende“ und beleuchtet den „Militär- und Sicherheitsapparat der DDR in Krise und Umbruch 1985 bis 1990“.

Manche haben den Wagen verlacht, die meisten waren bis über beide Kotflügel verliebt: Am 7. Oktober 1948 präsentierte Pierre-Jules Boulanger, Vorstandsvorsitzender von Citroën, das von Designer Flaminio Bertoni geschaffene Modell Citroën 2CV. Die „Ente“ ist eines der erfolgreichsten Automodelle aller Zeiten, ihr Abgesang erklang erst 1990. Und bundesdeutsche Fans lesen „Citroën 2CV“, denn dabei geht es ausschließlich um „die Ente in Deutschland“.

Zum im Grunde absolut unnützen Wissen zählt sicher, dass am 7. Oktober 1920 der erste Karl-May-(Stumm-)Film uraufgeführt wurde. Der Film „Auf den Trümmern des Paradieses“ (Von Bagdad nach Stambul) gilt als verschollen. Fast möchte man sagen „zum Glück“, denn was würde das für Wokeness-Diskussionen geben…

Mit der Debatte kann ich nichts anfangen. Obwohl ich sehr sicher bin, dass mein Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit und Rassismus lebt. Trotz (oder gerade wegen) Karl May und Jim Knopf. Alle Bücher sind aus ihrer Zeit zu lesen und werden aus der Zeit verstanden, in der man sie liest.  Als ich versuchte, den Karl-May-Zauber wiederzubeleben, bin ich kläglich scheiterte. Seither grübele ich, was mich in jungen Jahren wohl so begeistert haben mag. Ich lebe gegen soziale Ungerechtigkeit und Rassismus an. Was mir sinnvoller erscheint.

Karl May ist der meistgelesene Autor deutscher Sprache. Und er war unfassbar produktiv. Weswegen „Gesammelte Werke“ auch nur als e-Book möglich sind. Immerhin bekommt man damit „über 300 Titel“, inklusive alle Bestseller von Winnetou bis zum Schut. Allein „Winnetou I – III“ bringt es auf schlappe 1920 Seiten…

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