Die Hitze wabert auf dem Asphalt, der MSV Duisburg steigt in die erste Bundesliga auf und Manuel Neuer steht bei Schalke im Kasten. Das hätte die sechzehnjährige Kim bis vor Kurzem eigentlich gar nicht interessiert, aber nachdem sie beinahe ihren kleinen Stiefbruder schwer verletzt hätte, muss sie die Sommerferien statt mit Mutter und Stiefvater in Miami bei ihrem leiblichen Vater in Duisburg verbringen.
Für Kim wird das der Sommer der Wahrheiten. Wahrheiten über sich, über ihre Geburt, über ihren Vater und ihre Mutter. Jan Weiler lässt in dem ihm eigenen leichten, witzigen und trotzdem tiefgründigen Stil seine Protagonistin rückblickend erzählen. Während man als LeserIn mit Kim und ihrem Vater Markisen in fragwürdigem Design an Haustüren verkauft, an Würstchenbuden zu Mittag isst und auf einem Schrottplatz am Rhein-Herne-Kanal mit der ersten Liebe in der Sonne liegt, steuert die Geschichte fast unbemerkt aber unaufhaltsam auf ein Ende zu, das für alle Beteiligten so einiges ändert.
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Arezu Weitholz, Journalistin, Illustratorin und Songtexterin schreibt neben Büchern auch Lieder (u.a. für Grönemeyer und Lindenberg) und ihr poetischer, zielgenauer und sehr präziser Blick auf Zusammenhänge und die Abgründe des menschlichen Daseins macht ihr Buch so lesenswert und besonders.
Die Ich-Erzählerin, Fotografin, vierzig, allein und immer auf dem Weg weg von sich, ist für einen Auftrag auf einem Schiff unterwegs in die Arktis. Während am Bullauge ihrer Kabine der Himmel von blau zu grau wechselt, das Meer vor dem Bug über Nacht ergraut, am Oberdeck Fjordwände und beim Essen ihr erster Eisberg am Schiff vorbeiziehen, kommt sie dem tauenden Permafrost, dem uralten Eis, den ältesten Steinen der Welt, einem weitgehend unberührten Ort, sozusagen dem „letzten weißen Wal“ Stück für Stück näher. Aber auch den Menschen, die mit ihr reisen schaut sie in die die Seelen. Durch die Augen und die Linse einer Fotografin lässt Weitholz uns beim Lesen am Schicksal einer Landschaft und der Menschen auf dem Schiff teilhaben.
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Ein über die Region hinaus bekannter Name, dazu ein Thema, das den Harzern auch aktuell unter den Nägeln brennt – bei der ersten Lesung in der BÜCHER-HEIMAT blieb kein Platz unbesetzt. Carl-Ludwig Reuss, Urenkel des Goslarer Ehrenbürgers und Stadtförsters Carl Reuss (1844 – 1918), las aus dem Buch „Carl & Anna – Eine Harzer Forst- und Familiengeschichte“. Als Wegbereiter sowohl in forstlichen wie auch in touristischen Belangen ging Reuss in die Harzer Geschichte ein. Die Auswirkungen der industriellen Emissionen auf die Vegetation und das Waldsterben hat Carl Reuss bereits als junger Förster kritisch betrachtet. Und als Initiator und Mitbegründer des Harzklubs sorgte er mit Wanderwegebau und seinem Credo „Der Wald ist für alle da“ dafür, dass sich der Tourismus als Wirtschaftsfaktor in Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge etablierte.
Durch die Bank lobten die Besucher der Lesung nicht allein den Vortrag als solchen, sondern auch die besondere Atmosphäre der BÜCHER-HEIMAT. Und die wird den Reigen ihrer Veranstaltungen schon bald fortsetzen. Die nächste Lesung steht am Freitag, 27. Mai, um 20.00 Uhr an. Dann liest Carola Bethge aus ihrem Buch „Im Schatten des Kameldornbaums“, der Eintritt in die gemeinnützige Mitmach-Buchhandlung ist auch hier wieder frei.
Für alle, die gern unterwegs sind, egal ob physisch oder nur in Gedanken, empfehle ich den Atlas Obscura“. Joshua Foer und Dylan Thuras – Chefredakteur und Kreativdirektor und Gründer von AtlasObscura.com (Online-Magazin und Reiseunternehmen) – sowie Autorin Ella Morton sind Menschen, denen der eigene Garten auf jeden Fall nicht reicht, nicht einmal der eigene Kontinent.
Sie reisen zu den verborgenen Wundern dieser Welt und schreiben darüber. Wer sich also nicht physisch in den Giftgarten von Alnwick (erschaffen 2005 von der Herzogin von Northumberland) oder ins Schnarch-Museum im Niedersächsischen Alfeld traut, kann im Atlas Obscura darüber lesen. Wer wissen möchte, warum aus der Quiet Zone in West Virginia jegliche elektromagnetische Strahlung auf Radiofrequenz verbannt wurde oder warum die Sahara eine der wichtigsten Buchbestände Arabiens bedroht, findet in diesem großartigen Werk Antworten. Wem der Weg zum Bierflaschentempel von Khun Han oder zu den Steinkugeln in San José zu weit ist, der kann im Atlas Obscura mit den Augen auf den Zeilen Reisen, ohne sich großartig von seinem Lieblingsplatz zu entfernen.
Die wunderbare und erstaunliche Welt, die im Atlas Obscura steckt, nämlich unsere einzigartige und großartige Welt, lohnt es zu entdecken und damit zu bewahren. Inzwischen gibt es deshalb vom Atlas Obscura sowohl eine Ausgabe für Kinder als auch jährlich einen Abreißkalender für jeden Tag.
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Ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, was für gute Gespräche beim Gehen zustande kommen. Warum ist das so? Denken wir anders, wenn wir uns bewegen? Erklärungen dazu gibt es in vielen Büchern, ich empfehle Christian Ankowitsch “Warum Einstein niemals Socken trug”.
Neben vielen anderen Aspekten des Alltags hat der Journalist und Autor auch den Einfluss von körperlicher Aktivität auf unser Gehirn ins Visier genommen und sich auf eine spannende Suche nach Antworten begeben. Ausgesprochen kurzweilig und sehr humorvoll erfahren wir, warum Zappeln, Joggen, Hüpfen und Tanzen uns glücklicher und klüger machen, warum Zeichnen unsere Aufmerksamkeit während einer wichtigen Besprechung steigert und man uns besser versteht, wenn wir Gestikulieren. Außerdem, wie wir mit einem Lächeln die Welt verändern können, dass der Buchstabe “e” gut für die Stimmung ist und überhaupt alles mit allem zusammenhängt.
Fazit, aktive Tätigkeiten fördern die Konzentration und bringen uns auf gute Gedanken. Schon kleine Änderungen im Verhalten können viel bewirken.
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Die Novelle „Die Badende von Moritzburg“ versetzt einen mit leichter Feder ins Jahr 1910. Die junge Clara Schimmelpfenninck befindet sich im Dresdner Lahmann-Sanatorium. Hysterische Atemnot hatte man gemutmaßt, nur scheint diese doch eher schlagfertige Dame wohl mehr an ihrem Alltag zu zweifeln und ein Leben in Frage zu stellen, das ihr gleich einem Korsett im wahrsten Sinne des Wortes den Atem nimmt.
Den Geschmack der Freiheit und eines völlig unkonventionellen Lebens lernt sie kennen, als sie während eines Ausfluges auf den Maler Ernst Ludwig Kirchner trifft. Den nackten Maler wohlgemerkt, der mit – ebenfalls unbekleideten – befreundeten Künstlerinnen und Künstlern in einem See badet. Ohne es anfangs zu ahnen, wird Clara jedenfalls für eine kurze, intensive und leidenschaftliche Zeit Teil der von Kirchner mitbegründeten Künstlerkolonie „Die Brücke“. Eine Begegnung, die das Leben der jungen Frau ändern und ihrem Denken Flügel verleihen wird.
Ralf Günther schafft es, dass man als Leserin und Leser atmosphärisch ebenso in diesen flirrend heißen Sommertag gesogen wird, wie seine Protagonistin.
Den Umschlag des Buches ziert das Gemälde Kirchners (1880-1938) „Drei badende Frauen“, das 1911/12 entstand. 1937 erklärten die Nationalsozialisten seine Bilder für entartet und ließen viele davon vernichten.
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Krimis gibt es wie Sand am Meer. Von Thriller bis Cosy Crime findet sich alles, was das Krimi-Herz begehrt. Auch die Protagonisten sind vielfältig. Ob nun Polizeiinspektoren, Special Agents, Geheimagenten, Privatermittler, der Gärtner oder die Ladys aus dem Book-Club, sie alle führen uns gern in kriminelle Versuchung. Allerdings finde ich inzwischen, dass da schon etwas ganz besonderes um die Ecke kommen muss, denn als Vielleserin langweile ich mich schnell, wenn ich das Gefühl habe, dass mir eine Geschichte nicht wirklich etwas Neues zu bieten. Gerade bei Kriminalromanen oder Thrillern benötige ich über einen interessanten Fall hinaus ein originelles Setting und handelnde Personen, die etwas Besonderes auszeichnet.
Dabei reicht es mir inzwischen nicht mehr, dass die Story dort spielt, wohin ich in den Urlaub fahre oder wo ich wohne. Etwas mehr darf es schon sein. Sehr gut unterhalten gefühlt habe ich mich zuletzt bei den ersten Bänden von Gil Ribeiros „Lost in Fuseta“. Die Idee des Personalaustausches über Länder- und Kulturgrenzen hinweg hat dieser Reihe das gewisse Etwas verliehen. Dazu kommt der teilbegabte und verhaltensoriginelle, aber durchaus sympathische Inspektor Lost, den seine Kollegen in Deutschland erfolgreich ins sonnige Portugal losgeworden sind.
Das gewisse Etwas
Ähnlich verhält es sich nun bei den Büchern von Henrik Siebold. Seine Krimireihe um den Japaner Ken Takeda spielt in Hamburg. Dort lebt der Autor momentan, allerdings war Tokio ebenfalls über Jahre seine Wohn- und Wirkungsstätte, wo er für eine japanische Tageszeitung tätig war. Er kennt sich aus mit den kulturellen Unterschieden zwischen Deutschland und Japan und seine Idee, einen Inspektor aus Tokio für ein Jahr nach Hamburg zu versetzen hat nicht nur Charme, sondern birgt eben dieses gewisse Etwas. Frisch in Hamburg eingetroffen, muss Takeda nicht nur seine neue Kollegin Claudia Harms davon überzeugen, dass er auch in Deutschland zu guter Ermittlungsarbeit fähig ist, er bekommt es gleich mit einem Doppelmord zu tun. Oder war es vielleicht doch Selbstmord?
Verzwickter Fall
Harms und Takeda stehen vor einem verzwickten Fall und müssen entscheiden, ob und wieso das Buchhändlerehepaar aus Altona ermordet wurde. Dabei wird man als Leser*in zusammen mit den Protagonisten auf diverse Spuren gelockt und was vor drei Seiten noch logisch war, wird auf einmal durch einen neuen Beweis nicht mehr haltbar. Kurzweilig und spannend ist aber nicht nur der Fall, Takeda als Person macht zusammen mit Matcha-Tee und Kampfsport, aber auch mit seinem Saxophon das aus, was die Reihe von vielen anderen Kriminalromanen abhebt. Sozusagen das Salz in der Suppe oder der Korn zum Bier, um beim Hamburger Lütt un Lütt zu bleiben.
Dieses Buch zieht einen vom ersten Moment an soghaft in den Rausch der Ereignisse. Ein Paar ist unterwegs durch die nächtliche Marokkanische Wüste. Begleitet von ihren jeweils eigenen Dämonen und unzufrieden mit dem Lebenswandel des Anderen, sind sie auf dem Weg zu einer glamourösen Party. Was suchen sie? Was werden sie finden? Als Leser*in kann man sich dem schicksalshaften Geschehen bald nicht mehr entziehen, steht erstaunt neben den Protagonisten, ist selbst zutiefst in die Sache verstrickt und sieht das Ende doch nicht kommen. Neben dem spannenden Handlungsstrang besticht Osborne mit seiner Sprache und der allgegenwärtigen Frage, wie und ob das eigene Handeln das Schicksal bestimmt. Das exotische Setting verstärkt die Intension auf ganz subtile Art. Ein süßer Pfefferminztee und ein paar Datteln machen die Lektüre perfekt.
Sonja Weber ist gelernte Buchhändlerin und in diesem Beruf seit dreißig Jahren tätig. Literarisch darf es bei ihr jedes Genre sein, von Sachbuch, Krimi und Roman über Biografie, Science-Fiction oder Jugend- und Kinderbücher, wird alles ausprobiert. Vor allem Büchern rechts und links der Bestsellerlisten gilt oft ihr Augenmerk. Neben der Tätigkeit im Buchhandel ist Sonja Weber freiberuflich als Autorin und Referentin für Lokalhistorisches und Literarisches tätig und engagiert sich ehrenamtlich bei der Organisation der Jugendbuchwoche in Bad Harzburg. Bücher sind für die leidenschaftliche Leserin Abenteuerreisen, unersetzbare Wissenshorte und auf jeden Fall ein Lebenselixier.
Arnd Zeiglers wunderbares Fußballbuch Arnd Zeigler, Stadionsprecher im Bremer Weserstadion, ist bekannt durch die TV- und Radiosendung. Sein Buch „Zeiglers Weiterlesen
Arezu Weitholz‘ poetischer, zielgenauer und sehr präziser Blick auf Zusammenhänge und die Abgründe des menschlichen Daseins macht ihr Buch so lesenswert und besonders. Weiterlesen