Anne Weber:
Annette, ein Heldinnenepos
Das 2020 mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnete Buch hat einen ganz besonderen Rhythmus, der mich mitgenommen hat in die Geschichte der Anne Beaumanoir. Schon zu Beginn wird klar, dass es keine glatte Heldinnengeschichte ist, sondern eine voller Widersprüche: „Sie glaubt nicht an Gott, aber er an sie. Falls es ihn gibt, so hat er sie gemacht.“
Anne hat sich als junges Mädchen dem kommunistischen Widerstand gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg angeschlossen. Man (frau hoffentlich auch) wird mitgenommen in die Gedankenwelt der widerständigen Frau, in ihr Ringen um das, was sie antreibt und zweifeln lässt in ihrem Handeln. Gegen die Anweisungen der kommunistischen Zentrale rettet sie zwei jüdische Kinder – „ohne Grund oder nur aus dem einen, dass sie ein Mensch ist und sie auch Menschen sind“. Nach dem Krieg könnte das Leben in ruhige Bahnen kommen, Anne wird Ärztin, heiratet, hat Kinder. Doch sie engagiert sich für die Befreiung Algeriens von französischer Kolonialherrschaft. Sie muss schließlich vor Strafverfolgung nach Nordafrika fliehen und ihre Kinder zurücklassen. Immer will Anne streiten für eine bessere Welt, auf der richtigen Seite stehen – aber wo diese ist, ist nicht immer klar. So wird das Bild der Heldin vielfach gebrochen, was dieses Buch lesenswert macht. Dennoch: Am Ende ihres Lebens ist Anne zwar klein und krumm – aber „auch nur von außen; im Innern ist sie gerade.“
Ich habe mir viele schöne und nachdenkenswerte Sätze im Buch markiert.