Michel Friedman:
Fremd
„Ich bin in Paris geboren.
Mein erster Ausweis:
von den UN.
Staatenloser Flüchtlingspass. …
An jeder Grenze:
besonders lange Kontrolle.
Lange Befragungen.
Abwehrende Blicke.
Angst der Eltern.
Angst des Kindes.“
Der bekannte Rechtsanwalt, Publizist, Moderator Michel Friedman hat ein sehr persönliches Buch geschrieben, das wohl nicht nur mich überrascht hat. Bisher habe ich ihn eher als überheblich und glatt wahrgenommen – mit diesem Buch erlebe ich ihn von einer ganz anderen, verletzlichen Seite. „Fremd“, der Titel steht für ein Gefühl, nicht dazu zu gehören, und für die Angst vor Anderen von Kindheit an. Angst hatte Friedman auch vor den Reaktionen auf dieses Buch, wie ich einem Interview mit ihm entnehmen konnte.
Das Buch passt in keine Schablone: Roman? Gedichtete Lebensgeschichte? Autobiografisches Gedicht? Friedman findet eine ganz eigene Form, einen eigenen, auch variierenden Stil, um Einblicke in sein Leben und seine Gefühle zu eröffnen. Inhalt und Sprache haben mich gleichermaßen berührt. Das Buch lässt mich mitfühlen, wie Trauer, Angst und Fremdsein prägend geworden sind. Obwohl oder gerade weil es ein so persönliches Buch ist, zeigt es auch, wie in unserer Gesellschaft mit den Fremden und dem Fremden umgegangen wird.
„Ich war ihr Lächeln.
Lächelnde Traurigkeit.
Wie bringe ich euch zum Lächeln?
Wie bringe ich euch zum Lachen?
Wie bringe ich euch zum Glück?
Zum Leben?
Gescheitert. …
Ein Kind sollte das nicht sollen …
Sollte von seinen Eltern
zum Glück getragen werden.“
Eine unbedingte Empfehlung, wenn man bereit ist, ein verstörendes Leben nahe kommen zu lassen.
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Michel Friedman: „Fremd“, Berlin Verlag, 176 Seiten, ISBN 978-3827014610, Preis: 20,00 Euro.