Ein Tag voller potenzieller Missverständnisse
„Ein Tag mit vielen Missverständnissen“ ist ein Zeitungsartikel vom 3. November 2010 überschrieben. Was ich nachvollziehen kann, denn der heutige Donnerstag, 3. November 2022, war nicht allein „Weltmännertag“…
Der „International Men’s World Day“ ging im Jahr 2000 auf eine Kooperation der Andrologie der Universität Wien mit der Gorbatschow-Stiftung zurück. Die Andrologie ist sozusagen das männliche Pendant zur Gynäkologie. Es ging vorrangig also um Gesundheitsfragen.
Offenkundig mit wenig Erfolg, denn schon 2004 wurden zum letzten Mal die „Männer des Jahres“ ausgezeichnet. Ein Jahr später vergaben die gleichen Veranstalter den Women’s World Award, der aber seit 2009 ebenfalls Geschichte ist. Von der schnelllebigen Zeit überholt wurde so auch das Buch „Endlich! Der Männertag ist da!!!“, das „Kurzgeschichten und Sprüche zum Schmunzeln“ ankündigt.
In den USA kommt es für die „Herren der Schöpfung“ ganz dicke, da ist der 3. November kein Weltmännertag, sondern der „Tag der Hausfrau“ (National Housewife’s Day). Dazu passt „Die Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung“. Es geht um „Arbeitsteilung, Rollenbilder und gekippte Machtverhältnisse“. Da bleibt dem vermeintlich so starken Geschlecht nur das Hoffen auf den 19. November. Dann steht seit 1994 der „Internationalen Männertag“ an.
Eine Zeitenwende bescherte den Frauen Mary Phelps Jacob, die sich am 3. November 1914 den Büstenhalter patentieren ließ. Später zahlte ihr die Warner Brothers Corset Company 1500 Dollar für das Patent (Heute knapp 50.000 Dollar). Was sicher ein Schnäppchen wahr, weil damals noch niemand ahnte, was heute Buchtitel verkünden: „Eine wahre Freundin ist wie ein BH“. Verlagswerbung: „Sie unterstützt dich, lässt dich nie hängen und ist ganz nah an deinem Herzen.“
Ein sehr spezielles (zeitgemäßes) Männer-Frauen-Bild vermittelte am 3. November 1956 der erste Werbespot der bundesdeutschen Fernsehgeschichte. Für die Waschmittelmarke Persil warben die populären Schauspieler Beppo Brem und Liesl Karlstadt (siehe Youtube-Video, 0:55 min). „Die Darstellung der Frau in der deutschen Werbung“ nähert sich dem Thema wissenschaftlich.
Ein posthumer Gruß zum 85. Geburtstag geht an den Karikaturisten, Cartoonisten („Titanic“ und „Pardon“), Kinderbuch- und Theater-Autor Friedrich Karl Waechter. Den Durchbruch schaffte er mit dem antiautoritärem „Der Anti-Struwwelpeter“. Herrlich seine Diogenes-Kunstbücher wie „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein“. Im kreativen Umfeld der Neuen Frankfurter Schule, der Waechter angehörte, wurde einer meiner Lieblingssätze (von F.W. Bernstein) geboren: „Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.“
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