Zach Wells, zynisch, Haut dunkel, Professor für Geologie/Paläobiologie an einer Universität in Kalifornien, ist in seinen Grundfesten erschüttert, als er erfährt, dass seine Tochter als Teenager an Demenz sterben wird. Ursache: Ein Gendefekt. Wie er und seine Frau mit dem körperlichen und geistigen Verfall ihrer Tochter umgehen, wird auf der einen Seite in dem Buch beschrieben. Daneben noch ein Kriminalfall: Zacharias Wells erhält bei Lieferung bestellter Kleidung – darin eingenäht – Hilferufe. Die beschäftigen ihn und er geht ihnen nach. Sehr eindringliche Lektüre.
Sehr berührt hat mich das gerade erst im Februar 2022 erschienen Buch „Dschinns“ von Fatma Aydemir. Es ist die Innenansicht einer türkischen Familie. Der Vater kam in den 70-igern nach Deutschland, als Gastarbeiter, wie viele. Nach und nach holte er seine Familie ebenfalls nach. Kinder wurden in Deutschland geboren. Eines von mehreren Geheimnissen in der Familie, der Vater und die Mutter sind Kurden, gehörten also in der Türkei zur ausgegrenzten, verfolgten Bevölkerung.
Sie bauen sich ein bescheidenes Leben in Deutschland auf. Der Vater kauft eine Wohnung in der Türkei, um als Rentner mit seiner Ehefrau (eventuell auch den Kindern?) zurück in die Türkei zu gehen. Als es soweit ist und er die Wohnung bezieht, stirbt er am gleichen Tag. Die Ehefrau und die Kinder sowie andere Verwandte aus der Türkei treffen sich in der Wohnung, um die Beerdigung zu vollziehen. In dem Buch werden nun die einzelnen Familienmitglieder mit ihrer (Lebens)-Geschichte dargestellt; beginnend mit dem Toten. Als letztes kommt die Ehefrau „zu Wort“, die dann ihrer Tochter ein weiteres Geheimnis der Familie preisgibt…
Ich habe Volker Weidermanns „Das Duell“ gelesen und möchte es weiterempfehlen, weil ich es sehr spannend fand, diese Lebensgeschichten in dieser Form beieinander zu finden. Volker Weidermann zeichnet die Lebenslinien von Günter Grass und Marcel Reich-Ranicki von der der Geburt bis zum Tod auf, die persönlichen Entwicklungen und Entscheidungen dieser beiden Protagonisten der deutschen Nachkriegsliteratur. Diese Linien treffen dann 1958 zusammen in der Gruppe 47. Es war zwar das zweite Zusammentreffen, aber erst von diesem Zeitpunkt an nahm man sich gegenseitig wirklich wahr. Und für beide wurde es eine Zeit der Auseinandersetzungen, Romane und Verrisse, Liebeserklärungen und Wut. Gleichzeitig ist die Beschreibung dieser beider Leben eine Spiegelung der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts.“