Michael Fenkl über „Eberhard von Bodenhausen“

Hans-Reinhard Meißner:

Eberhard von Bodenhausen

Rezensent: Michael Fenkl

Zunächst: Das ist keine Lektüre für Zwischendurch. zum Vorübergehen. Vielmehr bedarf es ausreichender Geduld, sich dem Protagonisten und seiner Zeit zu nähern.

Wer war dieser Eberhard von Bodenhausen?

Ein Adliger von vielen, ein Gutsbesitzer auf Degenershausen, am Rande des Harzes unweit der Burg Falkenstein oder doch mehr, nämlich ein Freund der Kunst und der Kunstförderung, ein Bankier und ein Industrieller (Direktor) bei KRUPP und, so wird vielfältig kolportiert, auch noch ein möglicher Reichskanzler in den Wirren der Jahre 1917/1918?

Er ist, er will, alles sein, alles können müssen; letztlich ein rastlos Suchender, ein vom Leben Getriebener. Wer sich als Leser auf diese Rastlosigkeit einlässt, der fühlt mit dem Protagonisten mit, der erlebt quasi selbst die Höhen und Tiefen im Leben des Eberhard von Bodenhausen.

Hier setzt nun das mühevolle Verdienst des Autors an, diese Persönlichkeit, so etwas gab es damals wirklich noch, in ihrer kaum zu beschreibenden Vielfältigkeit für eine Moment der Vergessenheit zu entreißen. Diese Vielfältigkeit hat aber auch Konstante, die Freude an der Kunst und die Förderung der Künste, der Künstler. So verbindet sich eine jahrelange Freundschaft Bodenhausens mit Henry van de Velde, mit Harry Graf Kessler und keinesfalls zu vergessen mit Hugo von Hofmannsthal.

All das drückt aber auch den persönlichen Zwiespalt in Bodenhausens Leben aus, den Zwiespalt zwischen dem Herz, das der Kunst zuneigt und dem Verstand, der die Notwendigkeit einer Erwerbstätigkeit als unabdingbar anerkennen muss. Letzteres nicht nur zur Versorgung seiner Familie sondern auch zu seiner Selbstdarstellung als Angehöriger des Adels.

Diese Erwerbstätigkeit ist es dann aber auch, die Bodenhausen gesundheitlich sehr belastet, so dass eine eventuelle Berufung zum Reichskanzler unter den bekannten Umständen der Herrschaft der sogenannten 3. OHL (Hindenburg/Ludendorff) für ihn wohl kaum erfolgreich hätte verlaufen können; die Zeit kaiserlicher Reichskanzler war abgelaufen, die Republik unter Ebert hatte nun das Sagen. Diese Zeitenwende ist Bodenhausen erspart geblieben, er starb am 6. Mai 1918 und wurde im Park Degenershausen beigesetzt.

Wenn man sich, wie eingangs erwähnt, auf den Protagonisten einlassen kann, dann wird die Lektüre dieses Buches zu einem Erlebnis; dem Autor gelingt es, den Leser so zu fesseln, dass das Gelesene noch lange nachwirkt, auch nachdem man dieses Buch beiseite gelegt hat.

Wenn dann im kommenden Frühling wieder die Natur erwacht, so kann es in Erinnerung an das Gelesene ein Bedürfnis sein, dem Landschaftspark Degenershausen einen Besuch abzustatten, dort den genius loci aufzunehmen.                                                                                  

Hans-Reinhard Meißner „Eberhard von Bodenhausen“, Sax – Verlag 2024, 352 Seiten, ISBN 9783867293129, Preis: 24,80 Euro.

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