Nach der Pandemie um halb sieben

Nach der Pandemie um halb sieben…!

„Nach dem Krieg um halb sechs…“ Nach zwei Jahren Pandemie gehen einem die Gefühlswelten des braven Soldaten Schwejk auf, der den Krieg ad absurdum führt. So schafft er es, den Ersten Weltkrieg zu überleben. Und er kann seine Zusage einhalten, sich „nach dem Krieg um halb sechs“ mit seinen Freunden im Wirtshaus „Zum Kelch“ in Prag wieder zu treffen. Also dann: Nach der Pandemie um halb sieben…!

Wie ich an diesem Sonntag, 23. Januar 2022 ausgerechnet auf Schwejk komme? Nun, abgesehen davon, dass ich des Hašek-Romans und die Verfilmung mit Heinz Rühmann sehr mag, fand ich „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“1 im Kalenderblatt für diesen Tag: Heute vor 94 Jahren (1928) erlebte das Publikum der Piscator-Bühne in Berlin die Uraufführung des antimilitaristischen Schelmenromans. Wobei Buch und Film(e) sehr unterschiedlich bewertet wurden. Die Kinoadaption rettet laut Kritik allein „Heinz Rühmann in einer Glanzrolle“ (Foto oben: Universum).

Der Roman gehört eindeutig zur (wie auch immer definierten) Weltliteratur. Eine der besten Definitionen und ein daraus entstandener großartiger Kanon ist „Die ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher“. Zu haben ist die 1980 erschienene Buchausgabe der Essays im Suhrkamp Verlag, herausgegeben von Fritz J. Raddatz, leider wohl nur noch antiquarisch. Aber die Bücher-Heimat wird sicher gern bei der Suche behilflich sein. Ansonsten: Wem die Liste allein reicht, der wirft einen Blick in Wikipedia.

Der Blick auf die Zeit-Liste kann einen aber auch unter Druck setzen. Zumindest, wenn man den Ehrgeiz hegt, die literarische Hundertschaft komplett durchzulesen. Im Grunde gehöre ich auch zu diesen Ehrgeizlingen, muss mir aber eingestehen, dass ich den hehren Plan nicht werde in die Tat umsetzen können. Da gibt es einige Werke wie „Ulysses“ von James Joyce, an denen bin ich mit mehreren Anläufen schlicht gescheitert. Und selbst ohne diese Brocken habe ich noch gut zu lesen.

Nicht in den Kanon geschafft hat es Sir Derek Walcott. Immerhin ist der Mann von der Karibikinsel St. Lucia Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 1992 – womit er für die Zeit-Auswahl etwas zu spät kam. Der Lyriker steht nach einem „Erstkontakt“ aber auf meiner privaten Liste. „White Egrets“ („Weiße Reiher“)1 heißt der Gedichtband, der Walcott mit dem T. S. Eliot Prize die höchste Auszeichnung für Lyriker in Großbritannien bescherte. Seine Gedichte, so die Kritik, sind „ein Lobgesang auf Schönheit, Liebe, Kunst und – vielleicht am überraschendsten – das Altwerden“.

Vielleicht ist es gerade dieser letzte Aspekt, der mich als Jungrentner so anspricht…


1 Wer sich eines der genannten Bücher kaufen will, sollte sich noch ein wenig gedulden. Schließlich ist Vorfreude die schönste Freude. Und am 2. April öffnet die Bücher-Heimat ihre Pforten. Gutscheine kann man schon jetzt erwerben.

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