Kleines Auto und große Dichtkunst
Willkommen am Mittwoch, 19. Januar 2022. Bergfest für diese Woche! Ein Datum, das beim Blick zurück in die Geschichte kleine Autos und große Dichtkunst in den Fokus rückt.
Beim Blättern durch die „Kalenderblätter“ lernt man stets dazu. Bislang hatte ich Goethes „Faust“ mit dem Brocken über die Walpurgisnacht geistig verknüpft. Doch die Region zwischen Harz und Heide spielte insbesondere auf den Brettern, die die Welt bedeuten, eine wichtige Rolle für das bedeutendste und meistzitierte Werk deutscher Dichtkunst.
Heute vor 193 Jahren, am 19. Januar 1829, und damit 21 Jahre nach der Veröffentlichung bot das Hoftheater in Braunschweig eine radikal veränderte Fassung. Goethes Originaltext galt als unspielbar. Dem Rotstift zum Opfer fiel aus Harzer Sicht dummerweise auch die „Walpurgisnacht“. Die Aufführung wurde gefeiert, daran angelehnte Fassungen wurden am 29. August 1829 zu Goethes 80. Geburtstag, in Leipzig, Dresden und Frankfurt/Main aufgeführt. Nachzulesen in den „Faust-Welten – Goethes Drama auf der Bühne“1.
Nach großer Dichtkunst gerät an diesem Tag ein kleines Auto in den Blick: Am 19. Januar 1955 rollte das erste Goggomobil vom Band. Und es ist beileibe nicht allein die Borgward Isabella, die auf Oldtimer-Treffen wie auf der Galopprennbahn alle ins Schwärmen bringt. Auch die „Minimobile“ wie „Isetta & Co.“1 oder eben das Goggomobil haben bis heute viele Fans. Den Namen verpasste dem Wagen Firmenpatriarch Hans Glas, der seinen Enkel „Goggo“ rief.
Von 1955 bis 1966 wurde das bis zu 4030 DM teure Fahrzeug 284.491 Mal gebaut. Und es gab große Namen für die kleinen Autos: die Limousine Goggomobil T, das Coupé Goggomobil TS (Volksmund: Ferrari des kleinen Mannes) und der Transporter Goggomobil TL. Laut Werbung sollten in der Limousine vier erwachsene Personen Platz finden – was bei einer Innenraumlänge von etwa 1,60 m zwischen Pedalen und Rücksitzlehne reichlich eng geworden sein dürfte…
1 Wer sich eines der genannten Bücher kaufen will, sollte sich noch ein wenig gedulden. Schließlich ist Vorfreude die schönste Freude. Und am 2. April öffnet die Bücher-Heimat ihre Pforten. Gutscheine kann man schon jetzt erwerben.